Luxemburg will Cannabis legalisieren. Orientiert sich die Regierung am kanadischen Modell, dann wird die weiche Droge auch für Jugendliche entkriminalisiert. Eine zu große Toleranz könnte allerdings falsche Anreize schaffen. Ein Kommentar.
Oh, wie schön ist Kanada. Im Oktober 2018 ist Cannabis dort vollständig legalisiert worden. Luxemburg hat jetzt ähnliche Pläne. Dies dürften bald konkreter werden, denn Justizminister Felix Braz und Gesundheitsminister Etienne Schneider waren bereits vor Ort, um sich die kanadische Rechts- und Sachlage erklären zu lassen. Noch ist bei der Legalisierung nichts entschieden. Doch löst die Regierung ihr Wahlversprechen ein, könnte das für Teenager gefährliche Folgen haben.
Im Modell-Land Kanada ist Cannabis auch bei Jugendlichen entkriminalisiert. Will heißen: Es ist zwar weiterhin verboten, den Stoff an sie zu verkaufen. Auf den Verkauf an Minderjährige stehen hohe Strafen. Die Jugendlichen selbst werden aber nicht bestraft, wenn sie damit erwischt werden. Bis zu fünf Gramm dürfen Jugendliche zwischen 12 und 17 beziehungsweise 18 Jahren (abhängig von der Region) bei sich tragen, ohne eine Strafverfolgung zu riskieren.
Dabei ist klar, dass viele Teenager kiffen. Auch, wenn es verboten ist. In Kanada waren es im Jahr 2015 21 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren. Im Umkehrschluss ist es jedoch falsch zu denken, dass sie weniger kiffen, wenn Gras erst einmal erlaubt ist. Oder dass es weniger gefährlich für sie wird.
Politik verfolgt eine paradoxe Strategie
Die Idee hinter der Legalisierung ist dabei eigentlich eine gute. Sie ist aber nicht zu Ende gedacht. Eine Legalisierung soll den Schwarzmarkt bekämpfen, sodass Jugendliche ihr Gras nicht mehr einfach auf der Straße kaufen können. Wenn sie schon rauchen, dann lieber „sauberes“ Gras von staatlich kontrollierten Produzenten. Das könnten sich auch Felix Braz und Etienne Schneider für Luxemburg vorstellen – natürlich nur rein theoretisch.
Die Botschaft der Legalisierung an Jugendliche lautet letztlich: Cannabis wird legal, aber lasst es doch bitte bleiben.“
Das Paradoxe dabei ist, dass man offiziell kein Gras an Minderjährige verkaufen darf. Wo sollen sie es dann herbekommen? Oder werden sie es einfach sein lassen? Nur schwer vorstellbar. Hinzu kommt die Idee, dass die Regierung gleichzeitig die Prävention und die Aufklärung über die Risiken des Cannabis-Konsums verstärken will. Die Botschaft der Legalisierung an Jugendliche ist letztlich verwirrend: Cannabis wird legal, aber lasst es doch bitte bleiben.
Der Schwarzmarkt wird indes auch weiterhin für Jugendliche eine Option bleiben. Denn die implizit verfolgte Idee, dass Eltern ihren Kindern vielleicht Gras von sich aus kaufen würden, ist eher fragwürdig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Gras sich auf die Entwicklung des Gehirns bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auswirken kann. Wohl gemerkt: Geht es um das Modell Kanada, sprechen wir von Jugendlichen ab dem 12. Lebensalter.
Risiken bestehen vor allem für Jugendliche
In welcher Form ist dabei ganz individuell. Schizophrenien, Psychosen und Angstzustände sind laut manchen Experten aber nur einige der Risiken, wenn Teenager Cannabis konsumieren. Von der Gefahr, dass aus einem gelegentlichen Rausch eine Abhängigkeit entstehen kann, mal ganz abgesehen.
Manche Experten plädieren demnach dafür, dass Cannabis erst ab 25 Jahren erlaubt sein sollte. Dann, wenn das Gehirn ausgewachsen ist. Der Problematik rund um Gesundheitsrisiken sei man sich bewusst, hieß es auf der Pressekonferenz von Etienne Schneider und Felix Braz im März. Man wolle durch eine Entkriminalisierung auch keine Werbung fürs Kiffen machen. Gleichzeitig versuche man aber, Jugendliche „aus den Händen des kriminellen Schwarzmarktes“ zu bekommen. Und kontrolliert angebautes Gras sei die bessere Alternative zum Stoff von Dealern.
Oder es wird nur das geringere Übel. Wie man es dreht und wendet: Das besagte Paradox der Legalisierung lässt sich nicht vollständig beseitigen. Doch es wäre vielleicht schon ein Fortschritt, wenn man das Alter, ab dem man überhaupt vom Besitz und Konsum von Cannabis ausgeht, höher ansetzt, als bei 12 Jahren. Und auch die entkriminalisierte Menge auf ein absolutes Minimum beschränkt. Alles andere wäre wenig hilfreich bis verantwortungslos.
Der hinkende Vergleich mit dem Alkohol
In der Debatte rund um eine Legalisierung wird auch gerne der Vergleich mit Alkohol gezogen. Cannabis oder Alkohol – ist doch alles das Gleiche. Das ist es aber eben nicht, vor allem nicht bei Jugendlichen. Dass man als Erwachsener Gras genauso gerne als Genussmittel ansieht wie Alkohol, ist durchaus nachzuvollziehen. Beides aber bei Jugendlichen auf eine Stufe zu stellen, ist gefährlich.
Denn gerade die Erfahrung mit Alkohol zeigt, wie wichtig ein vorsichtiger Umgang mit sämtlichen Drogen ist. Und während bei Alkohol die Nebenwirkungen meist sofort zum Vorschein kommen, können sich Psychosen durch Cannabis erst viele Jahre später entwickeln. In Kanada sind dennoch fünf Gramm Cannabis bei Jugendlichen toleriert. Eine beachtliche Menge, wenn man bedenkt, dass man für einen üblichen Joint etwa ein Viertel Gramm Gras braucht. Dann reichen fünf Gramm für 20 Joints.
Wichtiger als eine großzügige Akzeptanz von Cannabis bei Jugendlichen wäre deswegen eine seriöse Aufklärung. Für die wird die Regierung dann sicherlich genügend finanzielle Mittel haben, wenn das nationale Cannabis-Business erst einmal an Fahrt gewonnen hat. Doch die beste Prävention hilft wenig, wenn nicht klar ist, wen man denn vor was schützen möchte. Und wenn gleichzeitig der Anreiz besteht, dass selbst für Siebtklässler ein Paar Gramm Cannabis halb so wild sein sollen.
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