Die CSV setzt bei den Wahlen weniger auf Inhalte als auf die gezielte Bedienung einer gefühlten Wechselstimmung. Dabei zeigt sich, dass manche in der Partei noch immer nicht aus der Zäsur von 2013 gelernt haben. Ein Kommentar.

„Opgepasst! E Kräiz ass séier gemaach.“ Mit einem Appell an die konservativen Reflexe des Volkes ging die CSV 2015 in die Referendumskampagne. Wie man heute weiß, war die Strategie damals erfolgreich. Das dreifache Nein der fast 80 Prozent war nicht unbedingt der Ausdruck einer gleichmäßigen Stimmung im Land, sondern nicht zuletzt die Folge einer durchaus menschlichen Unsicherheit. Wenn man nicht absolut von der Notwendigkeit des Ausländerwahlrechts überzeugt war, stimmte man im Zweifel dagegen. So wie es die CSV mit ihrem damaligen Slogan unterschwellig beabsichtigte.

Auch bei den kommenden Wahlen setzt die CSV gewissermaßen wieder auf unterschwellige Stimmungen. „Opgepasst“, lieber auf Nummer sicher gehen, soll auch im Oktober die Botschaft an die Wähler sein. Dieses Mal geht es jedoch nicht um die Verhinderung einer fundamentalen Reform des Wahlrechts, sondern um die Verhinderung einer Koalition, die für die CSV eine Rückkehr an die Macht nach 2013 erneut unmöglich machen würde. „Opgepasst“, weitere fünf Jahre Dreierkoalition sind schnell passiert.

Das Gespenst ist längst kein Gespenst mehr

Wer jedenfalls meinte, dass das „Gespenst der Gambia-Koalition“ ein einmaliges Phänomen des Sommers von 2013 war, hat sich getäuscht. Die CSV, oder zumindest ein Teil der Partei, versucht auch dieses Mal die gleiche Karte zu spielen, die schon bei den vergangenen Wahlen nicht von Erfolg gekrönt war. Bei den Regierungsparteien bestehe wohl der Wille, bei einer Mehrheit nach den kommenden Wahlen eine Neuauflage der Dreierkoalition anzustreben, sagte CSV-Generalsekretär Laurent Zeimet vergangene Woche vor der Presse. Die Wähler könnten dies nur verhindern und für den „Wechsel“ stimmen, indem sie CSV wählen.

Jetzt merkt man, dass die vergangenen fünf Jahre für eine selbstkritische Reflexion der CSV wohl für manche in der Partei noch zu kurz waren.“

Dahinter verbirgt sich mehr als nur ein flotter Wahlkampfspruch. Das Trauma von 2013 sitzt auch bei der heutigen CSV-Führung noch tief. Erstmals wurde die stolze Volkspartei vor fünf Jahren von vornherein bei der Koalitionsbildung ausgeschlossen und vor vollendete Tatsachen gestellt. All das Jammern und krampfhafte Bemühen eines vermeintlich verletzten „Wählerwillens“ brachte nichts. Die CSV wurde in die Opposition geschickt. Dort wollte sie sich eigentlich regenerieren und so aufstellen, dass ihr das Szenario von 2013 nicht noch einmal vorkommen kann. Jetzt merkt man, dass die vergangenen fünf Jahre für eine selbstkritische Reflexion der CSV wohl für manche in der Partei noch zu kurz waren.

Denn selbst dem eingefleischtesten „Gambia“-Gegner sollte die Absurdität einer Neuauflage der damaligen Strategie auffallen. 2013 konnte man noch argumentieren, dass die Dreierkoalition nicht von allen später daran Beteiligten öffentlich thematisiert, sondern eher heimlich vorbereitet wurde. 2018 macht dieser Gedankengang aber vollends keinen Sinn mehr. Denn seit bald fünf Jahren ist das damals besonders von Ex-Parteichef Michel Wolter und Generalsekretär Laurent Zeimet an die Wand gemalte „Gespenst“ bereits an der Macht. Von einer Verschwörung gegen die CSV kann also schon rein logisch keine Rede sein.

Macht als Selbstzweck statt inhaltliche Profilierung

Es ist vielmehr normal, ja geradezu banal, dass eine Koalition mit einer Mehrheit im Parlament eine Fortführung der gemeinsamen Arbeit zumindest nicht ausschließt. Sollten die drei Parteien am 14. Oktober über mindestens 31 Sitze verfügen, wird eine zweite Auflage von Blau-Rot-Grün bei den Protagonisten der beteiligten Parteien natürlich die erste Option sein. Ein gemeinsames Projekt, das aktuell nicht erkennbar ist, wird sich für den Fall des Falles schnell finden. Das weiß auch die CSV.

‚Jeder, der gegen diese Regierung ist, muss CSV wählen‘, lautet die legitime, aber nicht allzu gewitzte Devise.“

Andererseits ist die dahinter steckende Strategie natürlich eine andere. Es geht der CSV vor allem darum, bei den Wählern die Perspektive von „Gambia II“ vor Augen zu führen. „Jeder, der gegen diese Regierung ist, muss CSV wählen“, lautet die legitime, aber nicht allzu gewitzte Devise. Spitzenkandidat Claude Wiseler kann noch so oft betonen und beteuern, dass es für ihn bei den Wahlen nicht um „Revanche“ geht. Einige seiner Parteimitglieder sehnen sich nach nichts mehr.

Damit stellen die Christsozialen aber eben auch klar, worum es ihnen vorrangig geht. Nicht um Inhalte, Alternativen oder schlüssige Reformkonzepte, sondern vor allem um die Macht als Selbstzweck. Denn die Botschaft könnte theoretisch ja auch lauten: Jeder, der eine andere Politik will, muss CSV wählen. Soweit wird es aber vermutlich nicht kommen.

Dass eine langjährige Regierungspartei nach fünf Jahren in der Opposition wieder zurück an die Schalthebel der Macht will, ist verständlich. Dass manche Wähler aber vorher gerne wissen würden, was diese Partei mit der Macht eigentlich genau anfangen will, ist es allerdings auch. Wie gesagt: „Opgepasst! E Kräiz ass séier gemaach…“