Zwei EU-Abgeordnete warfen der Firma Conztanz vor, Fluggastdaten kommerziell zu nutzen, die sie in Zusammenarbeit mit den Luxemburger Behörden sammele. Die Regierung nimmt den wirtschaftlichen Partner der Polizei in Schutz. Es bleibt aber ein anderes Problem.

„Ist sich die Kommission […] bewusst, dass sich Unternehmen durch die Analyse von PNR-Daten […] erhebliche wirtschaftliche Vorteile verschaffen können?“, fragten die EU-Abgeordneten Sophia in’t Veld und Moritz Körner Ende Juli in einer gemeinsamen Anfrage an die Europäische Kommission. Sie verwiesen dabei explizit auf ein Angebot der Firma Conztanz, die mit den Luxemburger Behörden zusammenarbeitet. Die Kommission antwortet ausweichend.

Auch Luxemburgs Regierung will die Vorwürfe nicht bestätigen. Im Gegenteil: Die Behauptung, dass zur Terrorabwehr verwendete Fluggastdaten kommerziell genutzt würden, entbehre jeder Grundlage, antworten Premierminister Xavier Bettel (DP) und Polizeiminister François Bausch (Déi Gréng) auf eine parlamentarische Anfrage der CSV-Abgeordneten Diane Adehm und Léon Gloden.

„Es handelt sich um ein Missverständnis“, sagt Hélène Dubos, Marketing-Chefin von Conztanz. Stein des Anstoßes war ihr Beitrag „Unleash your PNR data“ auf der Unternehmenswebseite. Sie habe damit die klassischen Buchungsdaten gemeint, die Fluglinien verarbeiten (Passenger Name Record), erklärt sie im Gespräch mit REPORTER. Doch im Sprachgebrauch in Brüssel sind mit PNR-Daten jene Informationen gemeint, die Airlines an die nationalen Behörden zur Verhinderung von Terrorismus und schwerer Kriminalität weitergeben müssen.

Getrennte Geschäftsfelder

Unbestritten ist, dass die für die Polizei gesammelten Daten unter keinen Umständen für kommerzielle Zwecke verwendet werden dürfen. Das betonte der zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos in seiner Antwort an die EU-Abgeordneten. Die Kontrolle der Datennutzung obliege allerdings den nationalen Behörden.

Conztanz nutze die Daten nicht, erklärt Hélène Dubos. Es handele sich um zwei getrennte Geschäftsfelder: Einerseits helfe die Firma Airlines bei der Auswertung der Buchungsdaten, andererseits assistiere sie Behörden, die für Sicherheitsfragen nötigen Informationen von Fluggästen zu sammeln. Im letzteren Fall stelle Conztanz lediglich die Schnittstelle bereit, speichere die Daten allerdings nicht und habe auch keine Einsicht.

Diese Schnittstelle namens „API-PNR Gateway“ entwickelte Conztanz seit 2017 im Auftrag der luxemburgischen Polizei. Diese „innovative Lösung“ erlaube es, die Daten der am Findel tätigen Airlines an die „Unité Information Passagers“ (UIP) weiterzuleiten, betonen die Minister Bettel und Bausch in ihrer Antwort. Um diese Software zu entwickeln und zu vermarkten, gründeten der Staat und Conztanz im Juni die „Agence luxembourgeoise pour la promotion de systèmes d’information dans le domaine de la sécurité“. Das Ziel: Andere Staaten sollen diese Schnittstelle ebenfalls nutzen.

Enge Bindung an ein Privatunternehmen

Es gebe inzwischen Regierungen, die am Angebot der „Agence“ interessiert seien, so Hélène Dubos weiter. Das gemeinsame „Groupement d’intérêt économique“ ist allerdings der Endpunkt einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für innere Sicherheit und Conztanz. Es begann 2017 mit einer Machbarkeitsstudie. 2018 und 2019 kamen weitere Aufträge an Conztanz hinzu. Dabei handelte es sich jeweils um „marchés negociés“, also eingeschränkte Ausschreibungen.

Das Problem: Laut Conztanz gibt es nur eine Handvoll Unternehmen, die das schwierige Feld der Passagierdaten überhaupt beherrschen. Entsprechend beschränkt ist die Konkurrenz. Durch die Gründung der gemeinsamen „Agence“ hat sich der Staat für eine Dauer von zehn Jahren an ein Privatunternehmen gebunden.


Lesen Sie mehr zum Thema