Das Europaparlament fordert eine Aufklärung des Cum-Ex-Skandals. Doch die nationalen Aufsichtsbehörden fühlen sich für den milliardenschweren Steuerschaden aus dubiosen Aktiendeals nicht zuständig. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde will jetzt strengere Regeln durchsetzen.
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) fordert von nationalen Behörden, bei steuergetriebenen Aktiengeschäften genauer hinzuschauen. Das ist das Ergebnis eines Berichts, den die EBA im Auftrag des Europäischen Parlaments erstellt hat.
Die EU-Aufsicht stellte fest, dass in den meisten Mitgliedstaaten die Finanzregulierungsbehörden sich nicht für Cum-Ex-Geschäfte interessieren und nicht an deren Aufklärung arbeiten. Dabei geht es oftmals um Steuerbetrug in wesentlichem Ausmaß. Damit seien diese Transaktionen ein Geldwäscherisiko und eine Gefahr für die Stabilität beteiligter Banken, betont der EBA-Bericht.
Mindestens 55 Milliarden Euro an Steuergeldern erbeuteten Banken, Fonds und umtriebige Aktienhändler europaweit. Das war das Ergebnis der Recherche „Cum-Ex-Files“ von 19 Medien im Oktober 2018. Einen Monat später beauftragte das Europaparlament die EBA mit einer Untersuchung.
Aus dem Bericht geht hervor, dass im Dezember 2018 die nationalen Aufsichtsbehörden Cum-Ex-Fälle als Aufgabe der Steuerverwaltungen sahen. Lediglich zwei nationale Behörden stufen die dubiosen Aktiendeals als Geldwäscherisiko ein. Dabei sind Cum-Ex-Geschäfte auch nach Auffassung der Luxemburger Behörden meist Steuerbetrug. Doch es gibt es auch Varianten von Aktiengeschäften, die in die Kategorie der – legalen – Steuervermeidung fallen. In Luxemburg sind mehrere Finanzunternehmen in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt (lesen Sie mehr in unserem Cum-Ex-Dossier).
Die EBA beklagt in ihrem Bericht, dass sich die nationalen Finanzaufsichtsbehörden nicht mit den Anti-Geldwäsche-Einheiten und Steuerbehörden austauschen, um diese Unterschiede zu verstehen. Die EU-Behörde will neue Richtlinien ausarbeiten, die eine engere Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden einfordern. Bei der Überprüfung von Führungspersonen in Banken soll ihre Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften beachtet werden. Die EU-Behörde wird außerdem eine formale Untersuchung einleiten, ohne allerdings einen Zeitplan zu nennen.
Doch aus dem Europäischen Parlament gibt es heftige Kritik am EBA-Bericht: „Eineinhalb Jahre nach dem Cum-Ex-Untersuchungsauftrag des Europaparlaments liefert der europäische Bankenaufseher nur Halbgares. Der größte Steuerskandal Europas mit grenzüberschreitender Dimension bleibt in großen Teilen unaufgeklärt“, klagt der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold. Bereits ein Zwischenbericht der EU-Finanzmarktaufsicht ESMA hatte im Juli 2019 wenig Erkenntnisse gebracht. Doch der Druck auf die nationalen Behörden wächst.