Am Mittwoch sollten die Abgeordneten eigentlich einen Text verabschieden, der die Direktorenposten in verschiedenen Lyzeen für Personen aus dem Privatsektor öffnen sollte. Innerhalb von wenigen Tagen bildete sich eine einheitliche Front gegen den Gesetzestext. Am Montag ruderte Claude Meisch zurück.

Nur selten zieht ein Minister einen Gesetzesvorschlag kurz vor dessen Abstimmung zurück, um sich mit den Betroffenen weiter auszutauschen. „Da keine Dringlichkeit besteht und um einen konstruktiven Dialog zu fördern, wurde der Text von der Tagesordnung genommen“, schreibt das Bildungsministerium in einer Pressemitteilung am Dienstag. Dies allerdings erst nachdem mehrere Akteure des Bildungswesen den Text beanstandeten.

Am 3. November kritisierte die Lehrergewerkschaft SEW den Gesetzvorschlag von Bildungsminister Claude Meisch (DP). Für die Leitung einer Schule benötige man ein „pädagogisches Fachwissen, das ein Spezialist aus der Privatwirtschaft nicht zwingend mitbringt“, so die Gewerkschaft. Sie befürchtete zudem, dass das Ministerium diese Spezialregelung auch auf andere Lyzeen ausweiten könnte.

Welle der Entrüstung

Danach wurde es kurz still. Am 13. November publizierte die Staatsbeamtengewerkschaft CGFP eine weitere Pressemitteilung und kritisierte zusätzlich, dass Kandidaten aus der Privatwirtschaft das Kriterium der Mehrsprachigkeit nicht erfüllen müssten. Drei Tage vor der Abstimmung meldeten sich dann fast alle Lehrergewerkschaften zu Wort und bemängelten den fehlenden Sozialdialog. Die weiteren Kritikpunkte blieben die gleichen.

Das Bildungsministerium sah sich am Montag gezwungen, auf die Vielzahl von Pressemitteilungen zu reagieren. In einer ersten Mitteilung versuchte das Bildungsministerium auf die verschiedenen Kritikpunkte einzugehen. Laut dem Ministerium sei eine Ausweitung der Sonderregelung auf andere Lyzeen nicht vorgesehen. Zudem seien sowohl die drei Amtssprachen als auch Kenntnisse in Pädagogik Grundbedingungen, die mögliche Kandidaten erfüllen müssten, so das Ministerium. Wenige Stunden später teilte Claude Meisch jedoch mit, dass man die Abstimmung über den Text verschieben würde.

Beginn eines Sozialdialogs

Erst am Dienstag empfing Claude Meisch Vertreter der CGFP zu einer Unterredung. Offenbar war es der erste Austausch mit einer Gewerkschaft über den besagten Entwurf. Laut der Gewerkschaft soll der Bildungsminister während der Sitzung versichert haben, keine Änderung vor Ende der Covid-19-Krise vorzunehmen.

Zudem räumte das Ministerium per Pressemitteilung ein, dass der aktuelle Gesetzestext „mehr Interpretationsspielraum erlaubt, als beabsichtigt.“ Demnach werden Anpassungen des Texts in den kommenden Monaten nicht ausgeschlossen. Die Gewerkschaften hoffen nun auf eine Einladung des Ministeriums. Dabei merkte der SEW zusammen mit drei weiteren Gewerkschaften und der Studentenvereinigung UNEL erneut an, dass man nicht nur „bessere Erklärungen“ von Claude Meisch erwarte, sondern in einen wahren Sozialdialog über die Ausrichtung des Bildungssystems eintreten wolle.


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