Der neue CSV-Präsident sieht sich als Freund Afrikas. Ende 2018 reiste Frank Engel nach Mauretanien und in die Zentralafrikanische Republik – auf Einladung des jeweiligen Staatschefs. Mit seinem Mandat als Europaabgeordneter hatten die Aufenthalte wenig zu tun.

Im Mai endet Frank Engels Mandat als Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Er will sich dann auf sein Amt als CSV- Präsident konzentrieren. Nebenbei sieht er seine berufliche Zukunft in der Entwicklung nachhaltiger Energie und/oder des Bankensystems in Afrika, sagte Engel dem Radio 100,7.

Es ist eine Seite des CSV-Politikers, die bisher kaum bekannt ist, doch er kennt den afrikanischen Kontinent gut. Allein für 2018 sind sechs Reisen in afrikanische Länder auf seiner Webseite und im Register des Parlaments verzeichnet. Frank Engel nimmt für sich in Anspruch, in diesen Ländern politische Prozesse angestoßen zu haben.

Die Hälfte dieser Reisen musste Engel gegenüber dem Europaparlament offenlegen. So müssen die Parlamentarier etwa ihre Teilnahme an jenen Veranstaltungen deklarieren, die von Dritten organisiert werden und die sie in der Ausübung ihrer Funktion besuchen. Die Meldepflicht gilt dann, wenn Anreise, Unterkunft und/oder andere Ausgaben von Dritten bezahlt werden.

Das legt der Verhaltenskodex des Europäischen Parlamentes für die Abgeordneten fest. Ziel der Regeln ist es, mehr Transparenz über mögliche Interessenskonflikte oder Lobbyaktivitäten zu schaffen. Die Parlamentarier müssen angeben, wer die Kosten für sie übernommen hat und was genau bezahlt wurde. Darüber hinaus müssen sie nachweisen, zu welcher Veranstaltung sie eingeladen wurden und wie lange sie dort waren. Und die Abgeordneten müssen das Programm der jeweiligen Veranstaltung einreichen.

Teils offiziell, teils inoffiziell

Von den Luxemburger Abgeordneten haben nur Mady Delvaux und Frank Engel solche Teilnahmeerklärungen einreichen müssen. Bei Mady Delvaux war es die Digitalmesse Cebit, auf der sie 2017 eine Präsentation zur künstlichen Intelligenz und Robotik hielt. Die LSAP-Politikerin verfasste 2016 einen Bericht über Robotik, es handelt sich demnach um einen Schwerpunkt ihrer parlamentarischen Arbeit.

Bei Frank Engel sieht die Sachlage etwas anders aus. Alleine für 2018 sind in seinen Transparenzerklärungen vier Reisen aufgelistet. Nicht immer ist klar, in welcher Funktion und zu welchem Zweck der CSV-Abgeordnete in die jeweiligen Länder reiste.

Frank Engels deklarierte Reisen 2018:
  • November 2018 – Mauretanien: Auf Einladung des Präsidenten Mohammed Aziz.
  • November 2018 – Zentralafrikanische Republik: Auf Einladung des Präsidenten Faustin Touadéra.
  • September 2018 – Niger: Parlamentarische Konferenz zur Migration.
  • Juli 2018: Republik China (Taiwan): Delegation von EU-Parlamentsmitgliedern

Manche Reisen des CSV-Abgeordneten haben einen klaren Zweck. Als Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und Stellvertreter im Entwicklungsausschuss (DEVE) nahm Frank Engel 2018 an Delegationsreisen in den Niger (April) und die Zentralafrikanische Republik (Februar) teil. Darüber hinaus war Frank Engel letzten März Teil der Wahlbeobachtungsmission der EU in Sierra Leone.

Das waren die Reisen, die direkt mit seinem Mandat im Europaparlament zusammenhingen. So handelt es sich etwa bei der Niger-Reise im September 2018 um die Teilnahme an einer Konferenz, die vom Internationalen Migrationsbüro IOM, der „Union Parlementaire africaine“ (UPA) und der „Union Interparlementaire“ organisiert wurde. Ähnlich wie Delvaux bei der IT-Messe, war Frank Engel auf der Konferenz über Migrationsfragen einer der Referenten. Eine Reise nach Taiwan bestritt Engel als stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen mit China.

Wie gründet man eine Regierungspartei?

In die Zentralafrikanische Republik reiste Frank Engel 2018 gleich zwei Mal. Im Februar war er in der Hauptstadt Bangui als Mitglied einer offiziellen Delegation des Entwicklungsausschusses. Im November folgte ein zweiter Aufenthalt – diesmal auf Einladung des Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik Faustin Touadéra.

In der Beteiligungserklärung zu dieser Reise nennt Engel lediglich einen „Congrès du parti“ als Anlass für seinen Aufenthalt. Tatsächlich hat Touadéra am 8. November eine neue Partei, die „United Hearts“-Bewegung gegründet. Belege für Engels Teilnahme am Kongress der neuen Partei, etwa ein Einladungsbrief oder ein Programm, fehlen aber in seiner Erklärung. Das, obwohl die Transparenzregeln des Parlamentes diese Dokumente ausdrücklich einfordern. Das sei ein Fehler seiner Mitarbeiter, sagt Frank Engel auf Nachfrage von REPORTER.

Frank Engels parlamentarische Tätigkeiten, etwa Berichte oder Stellungnahmen, betreffen die Republik im Herzen Afrikas nicht. Der Abgeordnete ist lediglich ein Ersatzmitglied der Delegation in der paritätischen parlamentarischen Versammlung von Entwicklungsländern und der EU, kurz AKP-EU. Es ist demnach unklar, wieso gerade er zur Parteigründung eingeladen wurde.

Auf Nachfrage hin sagt Engel, er habe Orientierung gegeben, wie international heute neue Parteien aufgestellt würden. Er führe außerdem regelmäßig und „völlig unentgeltlich“ Gespräche mit dem Präsidialamt der Zentralafrikanischen Republik über wirtschaftliche Fragen. „Ich will diesem Land unter die Arme greifen“, erklärt Engel seinen Einsatz.

Eine der ärmsten Regionen der Welt

Tatsächlich gilt die Republik Zentralafrikas als „Failed State“ und ist eine der weltweit fragilsten und ärmsten Regionen. Seit 2013 bekämpfen sich christliche und muslimische Rebellengruppen. Weder der UN-Mission MINUSCA noch der neuen Regierung unter Touadéra gelang es bisher, das Land zu stabilisieren. Touadéra wurde 2016 als unabhängiger Kandidat an die Spitze des Landes gewählt. Seine Regierung löste eine Übergangsregierung ab.

In Europa gilt die Situation in Zentralafrika gemeinhin als „vergessener Konflikt“. Lediglich russische Waffendeals mit der Regierung und die hohe Präsenz russischer Söldner wurden letztes Jahr insbesondere von Frankreich kritisiert.

In einem RTL-Interview anlässlich einer offiziellen Mission nach Bangui letzten Februar kritisierte Engel, dass die UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik kein Mandat habe, um gegen die Rebellen im Land vorzugehen: „Wenn man die Kontrolle über das Gebiet nicht zurückkriegt, kann man nicht viel erreichen.“ Vor dem RTL-Mikro betonte Engel, die eingeschränkte Handlungsfreiheit der UN-Mission sei der Grund, wieso die zentralafrikanische Armee mit russischen Waffen ausgestattet werde. „Europa wolle ja keine Waffen zur Verfügung stellen“, so die Kritik des Abgeordneten.

Eine Einladung unter Freunden

Im vergangenen November reiste Frank Engel nach Mauretanien. Der Präsident Mohammed Aziz lud den CSV-Abgeordneten zur 58. Unabhängigkeitsfeier des nord-westafrikanischen Staates ein. Der Einladungsbrief ist der Beteiligungserklärung Engels beigefügt, die Kosten für Reise, Aufenthalt und weitere Ausgaben trug der mauretanische Staat.

Die Regierung Mauretaniens gilt als autoritär. 2016 wurde Aziz zudem aufgrund eines angeblichen Friedensdeals mit der Terrorgruppe Al Qaeda international kritisiert. Inzwischen gilt Mauretanien aber als wichtiger Partner im Kampf gegen Migration und Terrorismus. Zusammen mit Mali, Niger, Burkina Faso und der Republik Tschad bildet Mauretanien die „G5 der Sahelzone“. Die G5 haben 2017 eine gemeinsame Einsatztruppe zur Terrorismusbekämpfung ins Leben gerufen, die die EU unterstützt.

Gleichzeitig warnen Menschenrechtsorganisationen, in Mauretianien würde immer noch Sklaverei betrieben. Schätzungen nach sind rund 15 Prozent der Bevölkerung versklavt. Trotz Verbot toleriere die Regierung Sklaverei, schreibt etwa der Wissenschaftler Kevin Bales in seinem Buch Disposable People. Mauretanien sei kein Sklavenhalterstaat, sagt dagegen Frank Engel.

Engel betont, er habe keine Geschäftsinteressen in Mauretanien. Die Kontakte in diesem Land seien über sein Mandat entstanden. In Afrika sei es üblich, sich gegenseitig einzuladen, wenn man sich kenne, erklärt Engel seine Präsenz bei der Unabhängigkeitsfeier. Außerdem habe die Veranstaltung an der Grenze mit Mali stattgefunden und es sei interessant gewesen, mehr über diese Konfliktregion zu erfahren.

Der CSV-Politiker beansprucht zusätzlich einen diplomatischen Erfolg: Auf seine Initiative hin sei ein Oppositionspolitiker freigelassen worden, der seit längerem in Haft saß, zwischenzeitlich aber ins Parlament Mauretanien gewählt wurde. Öffentliche Belege für Engels Wirken gibt es nicht.

„Keine kleinen Kinder“

Auf der Homepage des Abgeordneten sind seine beim Parlament deklarierte Reisen übrigens nicht aufgelistet. Hier finden sich nur Fotos und Berichte von den offiziellen Missionen.

Das Parlament sagt auf Nachfrage, die Abgeordneten seien selbst für ihr Verhalten verantwortlich. Sie seien schließlich „keine kleinen Kinder“. Wie sie mit möglichen Interessenskonflikten umgehen, liege in ihrer Hand. Schon alleine aus demokratischen Gründen beobachte man die Abgeordneten „nicht so genau“: etwa zum Schutz ihrer persönlichen Daten. Und, weil es sich schließlich bei den Abgeordneten um Vertreter des Volke handele. Ein Abgeordneter vertrete zudem immer das Parlament, so ein Sprecher. Er gebe diese Funktion nicht ab, wenn er auf Einladung in einen anderen Staat reise. Wenn das Büro des Präsidenten auf Unstimmigkeiten aufmerksam werde, würde ein Beratungskomittee den Fall untersuchen.

Aus internen Parlamentskreisen heißt es, es wäre klar, dass sich nicht alle Abgeordneten an die Regeln halten. Dass das Parlament ein Transparenzproblem hat, ist kein Geheimnis. Man wisse nicht, wieso ein Abgeordneter in diesen oder jenen Staat reist, und wieso sie dort seien, so ein Mitarbeiter des Parlaments. Auch nicht, wenn der besagte Abgeordnete dort Staatsoberhäupter treffe.

Stunts im Kaukasus

Bekannter als Engels selbsterklärte diplomatische Erfolge in Afrika ist sein Einsatz im Kaukasus. Aserbaidschan beantragte 2017 bei Interpol einen Haftbefehl gegen Frank Engel. Der Grund: Zusammen mit zwei weiteren Europaabgeordneten reiste er „inoffiziell“ in die Region Berg-Karabach, die sich von Aserbaidschan abgespalten hat, international aber nicht als unabhängiger Staat anerkannt wird. Seit 2006 ist Engel Honorarkonsul Armeniens in Luxemburg. Der Staat im Kaukasus unterstützt die Autonomie der Region Berg-Karabach.

Bereits 2006 hatte der damalige CSV-Fraktionssekretär und heutige Parteichef einen diplomatischen Vorfall ausgelöst, als er Berg-Karabach besuchte.