Die Debatte, wie Luxemburg sich gegen die Schweinepest in Belgien schützen kann, ist sehr hitzig. Doch um was geht es genau und welches Risiko besteht für die Schweinezucht? Alles was Sie wissen müssen in sechs Fragen und Antworten.
Was ist die afrikanische Schweinepest und wie wird sie übertragen?
Die afrikanische Schweinepest ist eine Virusinfektion, die Wild- und Hausschweine treffen kann. Für den Menschen ist die Krankheit ungefährlich. Bei Schweinen hingegen führt sie innerhalb von einer Woche bis zehn Tagen zum Tod. Deshalb schätzen die Experten die Krankheit als „lokal“ ein: Ein infiziertes Schwein bewegt sich nicht mehr viel. Ursprünglich ist die Krankheit in Afrika beheimatet, wo sie durch Lederzecken verbreitet wird. Diese Zeckenart gibt es in Europa nicht, weshalb das Virus hauptsächlich durch den Körperkontakt zwischen infizierten Tieren (Blut, Speichel) übertragen wird. Eine weitere Möglichkeit ist die indirekte Übertragung etwa über Speiseabfälle (infiziertes Fleisch) oder kontaminierte Ausrüstung (Jagdgegenstände, LKWs in denen betroffene Schweine transportiert wurden, landwirtschaftliche Geräte usw.). Das Virus ist hartnäckig und kann in toten Tieren oder infizierten Lebensmitteln jahrelang überdauern.
Wie kam das Virus nach Belgien?
Innerhalb Europas trat die Krankheit bisher vor allem im Baltikum und Osteuropa auf (Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien, Ukraine, Ungarn). Seit September 2018 ist aber auch Belgien betroffen. Die ersten Fälle gab es in der Provinz Luxemburg. Inzwischen wurden 713 Wildschweine in Wallonien positiv auf das Virus getestet. Es ist noch nicht geklärt, wie der Erreger nach Belgien kam. Gerüchten zufolge seien infizierte Wildschweine für die Jagd aus Osteuropa importiert worden. Diesbezügliche Ermittlungen laufen. Eine weitere Theorie ist, dass die Pest über infizierte Lebensmittel eingeführt wurde, zum Beispiel ein Wurstbrot, das ein Fernfahrer aus dem Fenster geworfen hat. Auch eine Übertragung durch Quads steht im Raum, die das Virus über die Reifen übertragen hätten.
Wie ist die Lage aktuell in Wallonien?
Belgien hat Schutzzonen eingerichtet und Maßnahmen zur Eingrenzung des Virus getroffen. Bisher hat sich aber kein Hausschwein infiziert. Seit Freitag sei zudem kein Wildschwein mehr positiv getestet worden, sagt der Sprecher des öffentlichen Dienstes Walloniens Nicolas Yernaux. Ab diesem Wochenende öffnet Wallonien seine Wälder zum Teil wieder für den Verkehr (siehe Karte). In Luxemburg gab es bisher keinen Fall von Schweinepest. Alle Proben fielen negativ aus.

In Belgien wurden alle Schweine in der infizierten Zone vorsorglich gekeult, obwohl kein Hausschwein infiziert war. Bereits mehrere Staaten haben Importverbote für belgisches Schweinefleisch verhängt.
Welche Folgen hätte das Auftreten des Virus in Luxemburg?
Würde die Schweinepest in Luxemburg auftreten, hätte das erhebliche Konsequenzen, nicht zuletzt für die Schweinezucht. Wie in Belgien müssten entsprechende Schutzzonen eingerichtet werden. Innerhalb dieser Gebiete müsste jeglicher Verkehr eingestellt werden. Das bedeutet auch, dass keine Forstwirtschaft betrieben werden kann und Touristen die Wälder nicht betreten dürfen.
Sind Hausschweine betroffen, gelten EU-weit die gleichen Regeln. Infizierte Bestände müssten getötet werden. Für einen Betrieb kann dies das wirtschaftliche Aus bedeuten. Der Verlust der Schweine ließe sich noch finanziell ausgleichen, eine jahrelange Optimierung der Zucht allerdings nicht, warnt Romain Wester. Er hält rund 560 Säue und mästet die Ferkel selbst. Auch der Handel mit Schweinen, frischen Fleischerzeugnissen von Haus-und Wildschweinen müsste innerhalb der Schutzzonen eingestellt werden. Der Markt würde demnach einbrechen.
Einige Fragen bleiben aber zurzeit noch ungeklärt, etwa wie die Futterproduktion gehandhabt wird, wenn Luxemburg vom Virus betroffen wäre. So sorgen sich die hiesigen Landwirte, was mit ihren Futterbeständen im Falle einer Infektion passiert. Dürfen sie zum Beispiel ihr Stroh einfahren, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein infiziertes Wildschwein damit in Kontakt kam? Darf das angebaute Futter verfüttert werden? Noch gibt es dazu keine klare Antwort. Landwirtschaftsminister Romain Schneider schätzt das Risiko in diesen Fällen zwar als gering ein, eine entsprechende Studie sei aber in Planung.
Wie sieht der Schweinesektor in Luxemburg aus?
Hierzulande gibt es laut Veterinäramt rund 180 Schweinebetriebe, davon halten allerdings 70 Betriebe lediglich bis zu zehn Schweinen. 50 Betriebe zählen über 500 Schweine, einige sogar ein paar Tausend. Im Gegensatz zur Rinderzucht könne man hier schon von einer intensiven Produktion sprechen, sagt der Direktor des Veterinäramtes Felix Wildschutz im Gespräch mit REPORTER.
Wildschutz unterscheidet drei Formen von Betrieben: Jene, die lediglich Ferkel aufziehen, die zur Mast weiterverkauft werden. Jene, die Ferkel produzieren und sie selbst mästen. Und jene, die Ferkel zum Mästen importieren. Die meisten dieser Ferkel werden aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland eingekauft.
In Luxemburg von Massentierhaltung zu sprechen, lehnt der Präsident der „Marque nationale de la viande de porc“, Romain Klein, ab. „Dass ein Betrieb mehr Schweine hält, bedeutet nicht, dass es den Schweinen schlechter geht.“ Dem stimmt auch Romain Wester zu: „Wir kümmern uns darum, dass es den Schweinen gut geht, denn haben die Tiere Stress, leidet auch die Produktion.“ Dies geschehe etwa durch spezielle Klimaanlagen, Bodenheizung und Berieselungen. Da der Absatz für Schweinefleisch schlecht ist, versuchen viele Betriebe ihre Produktion zu intensivieren.
Generell unterliegen intensive Betriebe starken Sanitärauflagen. Sie sind durch Zäune abgeschottet und der Zugang von Außenstehenden wird auf ein Minimum begrenzt. Beim Betreten des Betriebes müssen gewisse Vorkehrungen getroffen werden, die Besucher müssen sich etwa duschen und die Kleidung wechseln.
Welche Präventionsmaßnahmen wurden in Luxemburg getroffen?
Die Regierung hat eine Task-Force zusammengestellt und trifft sich wöchentlich mit den Vertretern der betroffenen Gebiete. Eine Überwachungszone wurde eingerichtet mit Begrenzung im Norden durch die Autobahn A6 von Steinfort nach Luxemburg, im Osten durch die A4 von Luxemburg nach Esch/Alzette sowie durch die belgische und die französische Grenze.
Tot aufgefundene Wildschweine, deren Todesursache unklar ist, werden systematisch auf das Virus getestet. Die Ergebnisse liegen innerhalb eines Tages vor, bestätigt das Veterinäramt. Die Regierung hat Landwirte und Jäger dazu aufgerufen, strenge sanitäre Schutzmaßnahmen zu beachten.

Innerhalb der Schutzzone darf nun das ganze Jahr über gejagt werden – also auch jetzt, während der sechswöchigen Jagdruhe. Ein Zaun von acht Kilometern wird aktuell entlang der Grenze zu Belgien, südlich von Steinfort, parallel zur Fahrradpiste errichtet (siehe Foto). Entlang der belgisch-luxemburgischen Grenze wird darüber hinaus eine sogenannte „zone blanche“ geschaffen, in der Wildschweine systematisch eliminiert werden sollen. Wie diese Entvölkerung erreicht werden soll – ob etwa durch Einzeljagd, Treibjagd und/oder Fallen – ist noch nicht geklärt.
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