Die Republikaner haben sich ihrem Schicksal als loyale Unterstützer von Donald Trump längst ergeben. Der Ausgang der Kongresswahlen wird dennoch entscheiden, ob der Präsident in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit mit Widerstand zu rechnen hat. Ein Bericht von unserem Korrespondenten Max Tholl.
Vor zwei Jahren galt Donald Trump zwar als gefährlicher Gegner im Rennen um die Präsidentschaft, aber als unwahrscheinlicher Amtsträger. Dass Trump nun im Weißen Haus sitzt, ist eine Zäsur für die USA und die Welt. Bei den anstehenden Kongresswahlen könnte die Politik des Präsidenten auch zum Härtetest für seine eigene Partei werden.
In den Wählerumfragen liegen die Republikaner derzeit hinter den Demokraten. Die Verteidigung des Repräsentantenhauses ist eine Mammutaufgabe für die Grand Old Party. Seit 2010 ist der Kongress in republikanischer Hand aber sie gehen als Außenseiter in dieses Rennen. Doch an ihrer Spitze steht ein Mann, der sich mit dieser Rolle bestens auskennt, sie für sich zu nutzen weiß. Er ist zugleich die Hoffnung seiner Partei und ihre Achillesferse.
Trump hat seine Partei umgewandelt
Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon behauptete jüngst gegenüber dem „Time Magazine“, dass Trump die Republikaner zu einer modernen Partei für das 21. Jahrhundert gemacht habe. Sie sei längst nicht mehr nur die Partei der Besserverdiener, sondern auch der einfachen Amerikaner.
Man könnte herleiten, dass Trump die Partei wieder stärker in die Mitte der amerikanischen Gesellschaft gerückt hat. Dabei hat Trump genau diese Mitte implodieren lassen und sie durch eine rechtspopulistische Erzählung ersetzt, von der sich Besserverdiener genau wie Teile der Arbeiterschicht angesprochen fühlen. Es ist kein einigendes Narrativ, sondern eines der Spaltung. Die Kongresswahlen werden zeigen, ob die Republikaner daraus Profit ziehen können.
Sollten die Republikaner wider Erwarten die Kontrolle über Senat und Repräsentantenhaus behalten, wären der Hybris des Präsidenten keine Grenzen mehr gesetzt.“
Lange hat die Partei mit ihrem Präsidenten gerungen. Trump zählt viele Kritiker in den eigenen Reihen. Seine sinkenden Umfragewerte könnten die Republikaner das Repräsentantenhaus kosten. Ein Blick in die Geschichtsbücher lehrt, dass die Partei des Präsidenten bei den Midterms im Durchschnitt 40 Abgeordnete und 5 Senatoren verliert, wenn die Zustimmungswerte des Präsidenten unter 50 Prozent liegen, was bei Trump zutrifft.
Zwischen Distanzierung und Verherrlichung
Dass sich republikanische Kandidaten wie Dave Joyce aus Ohio und Erik Paulsen aus Minnesota von Trump zu distanzieren versuchen, ist daher nicht verwunderlich. Dass sich die erratischen und deplatzierten Äußerungen des Präsidenten – etwa seine Feststellung, dass das Attentat in Pittsburgh durch mehr Waffen hätte verhindert werden können – stoßen selbst der eigenen Wählerschaft übel auf. Wenn Trump aber vor der „Migranten-Karawanne“ in Mittelamerika warnt und Truppen an die Grenze schickt, um das Vaterland zu schützen, entfaltet sich sein Potential: als Schürer der Angst.
Daran hängen sich Politiker wie Senatskandidat Rick Scott in Florida oder Gouverneurskandidat Ron DeSantis, dessen Verherrlichung des Präsidenten schon bizarre Züge annimmt. In einem Wahlwerbespot hilft DeSantis seiner kleinen Tochter demonstrativ beim Bau einer Mauer und bringt ihr das Trump-Motto „Make America great again“ bei. Selbst Trumps Erzrivale, der texanische Senator Ted Cruz bat den Präsidenten um Hilfe, um mit ihm bei den erzkonservativen Wählern zu punkten.
Trump ist eine riskante Wette für die Republikaner. Seine Politik ist vieles, aber nicht konsensfähig. Die Kongresswahlen in der Mitte der Amtszeit des Präsidenten werden für die Republikaner zum Test, wie erfolgreich die Partei sein kann, wenn sie sich von Trumps Spaltungstechniken leiten lässt.
Erster Härtetest für Trumps Regierungsstil
Sollten die Republikaner wider Erwarten die Kontrolle über Senat und Repräsentantenhaus behalten, wären der Hybris des Präsidenten keine Grenzen mehr gesetzt. Er würde das Wahlergebnis als Bestätigung seiner Politik ansehen und seine Partei vollständig auf Linie bringen. Trump würde bei einem Wahlsieg Vorgänger wie Obama, Clinton oder Reagan übertreffen, die alle eine derbe Niederlage bei ihren ersten Midterms hinnehmen mussten.
Sollte sich der Politikstil des Präsidenten als erfolgreich erweisen, werden die innerparteilichen Zügel fallen. Selbst eine Niederlage bei den Midterms würde daran nicht viel ändern.“
Die demokratische Opposition im Kongress würde im Nichts verhallen. Trump könnte die Untersuchungen zur russischen Beeinflussung der Präsidentschaftswahl von Sonderermittler Robert Mueller stoppen und im Justizministerium Personen wie Rod Rosenstein oder Jeff Sessions durch loyale Trumpisten ersetzen. Selbst wenn Mueller seine vorläufigen Ermittlungen öffentlich machen würde, hätten sie nicht die Tragkraft einer abgeschlossenen offiziellen Untersuchung.
Auch die Abschaffung des Affordable Care Act, besser bekannt als Obamacare, wäre nur noch eine Formalie. Der Kampf gegen die Krankenversicherung ist für Trump und seine Anhänger eine Herzensangelegenheit. Letztes Jahr scheiterten die Republikaner mit ihren Plänen an einer Stimme im Senat. Ein Sieg nächste Woche, würde die Republikaner erneut hoffen lassen.
Weitere Steuersenkungen für Wohlhabende sind ebenso ein Programmpunkt, den die Republikaner dann ohne weitere Probleme durchboxen könnten. Dass die Steuersenkungen, genau wie die Abschaffung von Obamacare zu Lasten der Mittelschicht und der ärmeren Bevölkerung gehen, wird von Republikanern verschwiegen. Ohne starke Opposition wird dem zunehmend faktenfeindlichen Diskurs der Republikaner wenig im Wege stehen.
Trump könnte sich bestätigt fühlen
Egal wie kontrovers und unbeliebt der Präsident derzeit ist, die Republikaner brauchen Trump. Er hat eine sehr loyale Anhängerschaft, ohne die es schwer wird, Wahlen zu gewinnen. Besonders weiße Evangelikale im sogenannten „Bible belt“ sind glühende Verfechter der Trumpschen Politik. Viele ihrer Kernthemen wie Abtreibungsrechte, Geschlechterkonzepte oder religiöse Freiheit sind tief in Trumps Agenda verankert. Das Justizministerium rief vor kurzem eine Abteilung zum Schutz der religiösen Freiheit ins Leben, nicht etwa um Muslime oder Juden zu schützen, sondern Christen, deren Werte angeblich unter Beschuss geraten sind.
Mit Mike Pence hat Trump zudem einen bibeltreuen Vize an seiner Seite und die Nominierung des konservativen Richters Brett Kavanaugh hat ein wichtiges Signal an die Evangelikalen gesendet: Wir verteidigen eure Interessen gegen die Hysterie von links. Die Republikaner wissen, wie wichtig die Evangelikalen für ihren Erfolg sind und wie beliebt der Präsident bei diesen ist. Öffentliche Kritik am Präsidenten verbietet sich.
Anfangs haben die Republikaner noch versucht, Trump zu zähmen und zu bändigen. Sollte sich der Politikstil des Präsidenten jedoch als erfolgreich erweisen, werden die innerparteilichen Zügel fallen. Selbst eine Niederlage bei den Midterms würde daran nicht viel ändern. Die Republikaner haben die moderate Opposition verlernt, sie kennen nur noch die aggressive Taktik ihres obersten Befehlshabers. Ob sie dafür vom Wähler belohnt oder abgestraft werden, wird sich zeigen. Aus dem Bann des Zorns wird sich die Partei so schnell jedenfalls nicht lösen können.