Mehrere Tausend, aus Libyen evakuierte Flüchtlinge sind in Niger gestrandet. Manche EU-Staaten wollten sie längst aufgenommen haben, darunter Luxemburg. Mit reichlich Verzögerung will Luxemburgs Regierung ihrer Verpflichtung nachkommen und 50 Menschen aufnehmen.
Migranten, die in Libyen wie Sklaven für 400 Dollar versteigert werden: Das war auf einem Video zu sehen, welches der amerikanische Sender CNN im November 2017 veröffentlichte. Die Bilder sorgten weltweit für Entsetzen. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Mehrere westliche Staaten schlossen sich der Verurteilung der „Sklavenmärkte“ an.
Auf die Worte sollten rasch Taten folgen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk stellte einen Notfallplan auf die Beine, mit dem Ziel, Migranten aus Libyen zu evakuieren. In einer gemeinsamen Operation der EU, der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union sollten Betroffene aus Libyen in das Nachbarland Niger gebracht werden. Von dort aus sollte ein Teil nach Europa umgesiedelt werden. Soweit der Plan.
Zwischen Verpflichtung und Umsiedlung
Zwei Jahre später verläuft die Umsetzung jedoch schleppend. Die EU-Staaten erfüllen ihr Soll nicht. Neben Kanada, Norwegen und den USA hatten sich zehn EU Staaten bereit erklärt, insgesamt rund 6.600 Geflüchtete aufzunehmen. Bis heute wurden laut der UNO erst rund 4.400 Menschen überhaupt aus Libyen evakuiert. Über 1.100 Migranten harren weiter im nordafrikanischen Staat aus, darunter 200 Kinder ohne ihre Eltern.
Auch Luxemburg hatte sich vor rund zwei Jahren verpflichtet, Menschen aufzunehmen, die aus Libyen nach Niger evakuiert wurden. Dazu kam es aber bisher nicht. Nun will Luxemburg sein Versprechen einlösen und 50 Flüchtlinge aus Niger aufnehmen. Im Oktober werde eine luxemburgische Mission in den afrikanischen Staat reisen, sagt Außenminister Jean Asselborn (LSAP) im Gespräch mit REPORTER. Priorität haben bei solchen Missionen in der Regel Familien mit Kindern.
Lange Prozeduren und latente Überforderung
Warum die Umsiedlung so lange auf sich warten lässt? Solche Prozeduren bräuchten Zeit und würden einen enormen logistischen Aufwand bedeuten, erklärt das Außenministerium auf Nachfrage. Neben logistischen Überlegungen müssten etwa umfassende Sicherheitsüberprüfungen („screenings“) der betroffenen Personen vorgenommen werden. Dies könne mitunter Monate, wenn nicht Jahre dauern.
Hinzu kommt, dass Luxemburgs Kapazitäten nicht grenzenlos sind. So äußerte sich Jean Asselborn auch, als er im Juli ankündigte, dass Luxemburg „einige Dutzend Menschen“ aus dem Niger aufnehmen könnte, wie das „Tageblatt“ damals berichtete. Asselborns Einschränkung: „Sofern die notwendigen Kapazitäten vorhanden seien.“
Luxemburg ist bekanntlich einer der wenigen EU-Staaten, die immer wieder Flüchtlinge aufnehmen, die in Rettungsbooten an Europas Küsten ankommen. Insgesamt seien seit dem Sommer 2018 insgesamt 41 Menschen im Rahmen solcher „ad hoc“, also freiwilliger Umverteilungen in Luxemburg angekommen, antwortete Jean Asselborn auf eine parlamentarische Anfrage von Fernand Kartheiser (ADR).
Die Behörden sind denn auch nicht immer im Stande, alle guten Vorsätze und Verpflichtungen des Ministers zu erfüllen. „Die vielen Versprechen, Menschen aufzunehmen, stehen in Konkurrenz zueinander“, drückt es ein Mitarbeiter des Außenministeriums auf Nachfrage von REPORTER aus. Springt Luxemburg bei freiwilligen Umverteilungen ein, fehlen an anderer Stelle das nötige Personal und Infrastrukturen. „Wir wollten in den letzten Jahren sogar mehr Migranten aus Niger aufnehmen, doch wir sind von Dublin überrannt worden“, gibt auch Jean Asselborn zu bedenken.