Was war los in der EU? Und was hat das alles mit Luxemburg zu tun? Charlotte Wirth blickt aus Brüssel auf die politischen und medialen Top-Themen der vergangenen Woche zurück. Dieses Mal: Liebeserklärungen der EU-Kommission, Aufatmen für Pierre Gramegna und Luxemburgs schlechte Energiebilanz.
Obwohl in Brüssel mitunter heftig gestritten wird, legten Kommissare, EU-Beamte und Abgeordnete am Valentinstag eine Pause ein. Die Botschaft: Alle lieben die Europäische Union. Insbesondere die EU-Kommission sah den Tag der Liebenden als Anlass, die Vorzüge der EU anzupreisen: Ob Natur-und Klimaschutz, Frieden, Reisefreiheit oder Lebensmittelsicherheit – es gibt viele Gründe, die EU zu lieben.
Hier ein kleiner Überblick:
We 💛 the 🇪🇺
… because we love to live in peace
… because we are fond of Erasmus
… because we enjoy travelling freely
… because we can live in another EU country
… because we fight together for our planet#Valentines pic.twitter.com/fA7ol4x0aS— European Commission 🇪🇺 (@EU_Commission) February 14, 2019
Climate change isn‘t lovable ❌ It‘s threatening the things that we love. Our forests 🌲 our oceans 🌊 wildlife 🐾 and so much more. But it‘s not too late to protect them. This #ValentinesDay green your actions and show your 💚 for the 🌍 ! pic.twitter.com/Gf9nzkF6Zg
— EU Climate Action (@EUClimateAction) February 14, 2019
Today’s the day to tell them how you feel… WE LOVE YOU CHEESE 🧀❤️
Neufchâtel (PDO) is one of Normandy’s oldest cheeses 🇫🇷 Due to the know-how of local cheese makers (how they drain+press the curd) it has been traditionally made in different shapes 💙💛 Happy #ValentinesDay pic.twitter.com/daZ2q3jz3c
— EU Agriculture🌱 (@EUAgri) February 14, 2019
Am Valentinstag lässt sich das eigene Image am besten aufpolieren, dachte sich wohl die Kommunikationseinheit der Kommission – und verwandelt eine Wertegemeinschaft in ein Marketingprodukt. Auf whateuropedoesforme.eu können sich die EU-Bürger sogar an der Imagepflege beteiligen und den Brüsseler Beamten helfen, die EU so kurz vor den Europawahlen in ein gutes Licht zu rücken:
We 💛 the 🇪🇺…
because we love to live in peace
because we love Erasmus
because we love to travel freely
because we love to live in another EU country
because we love ___________________Let’s fill the list together! #EUandME #Valentines https://t.co/oSjZNNFFZE
— EU_Health (@EU_Health) February 14, 2019
Unmut über Urheberrechtlinie
All diese Versuche konnten Brüssel aber nicht vor der heftigen Kritik bewahren, die es nach dem Durchwinken der Copyright-Richtlinie hagelte. Am Mittwoch fanden Rat, Kommission und Parlamentsvertreter einen Kompromiss zum umstrittenen Regelwerk. Der zuständige EU-Kommissar Andrus Ansip freute sich über einen Text, „der für jeden nur Vorteile birgt.“
Agreement reached on #copyright! Europeans will finally have modern copyright rules fit for digital age with real benefits for everyone: guaranteed rights for users, fair remuneration for creators, clarity of rules for platforms. pic.twitter.com/dwQGsAlJvK
— Andrus Ansip (@Ansip_EU) February 13, 2019
Kritiker hingegen sprechen von einem fatalen Fehler und rufen gar zu Protesten und Telefonterror bei den EU-Abgeordneten auf. Das EU-Parlament muss dem Text nämlich noch in einem abschließenden Votum zustimmen.
Besonders problematisch bleiben nach wie vor die Artikel 11 und Artikel 13. Die viel diskutierten Uploadfilter etwa bleiben im Text, auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt werden. Zwar wurden im Trilog ein paar Ausnahmen – etwa für Start-Ups – ausgehandelt. Doch in der Regel müssen Onlineplattformen in Zukunft automatisch kontrollieren, ob das, was ihre Nutzer hochladen, gegen das Urheberrecht verstößt. Und das geht nun einmal nur mit Filtern und spezifischen Algorithmen.
„Von der Richtlinie profitiert absolut niemand“, bedauert Sven Clement (Piraten) im Gespräch mit REPORTER. Der ausgehandelte Vorschlag sei „der schlechtmöglichste Kompromiss.“ Der Pirat warnt davor, dass Uploadfilter als Zensurmaschinen missbraucht werden könnten. Auch der europäische Verbraucherverband (BEUC) ist enttäuscht: Der Text komme weder den Konsumenten, noch den Kreativen zu Gute.
Uploadfilter: Jetzt hilft nur noch Protest auf der Straße https://t.co/14GGwjc2XQ
— netzpolitik.org (@netzpolitik_org) February 14, 2019
#EU #Copyrightirective makes a mockery of journalists‘ authors‘ rights by promoting buy-out contracts and bullying to force journalists to sign away their rights and giving publishers a free ride to make more profits while journos receive 0 @abellanger49 https://t.co/ZuZtCOw8Ti
— IFJ (@IFJGlobal) February 14, 2019
Guter Lauf für Pierre Gramegna
Auch beim Vetorecht in Steuerfragen konnte die Kommission diese Woche keine Erfolge vermelden – im Gegenteil. Obwohl der EU-Kommissar Pierre Moscovici nicht müde wird zu erklären, wieso das Prinzip der Einstimmigkeit in Steuerfragen aufgehoben werden muss, bleiben die EU-Finanzminister gespalten.
Insbesondere die kleinen Staaten stehen dem Vorschlag der Juncker-Kommission skeptisch gegenüber. Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna (DP) sprach wiederholt von einem Affront gegen die nationale Souveränität. Und da am Vetrorecht nur dann gerüttelt werden kann, wenn alle 28 Mitgliedstaaten dafür sind, ist das Thema wohl vorerst vom Tisch.
Am Donnerstag beschlossen die EU-Finanzminister außerdem ihre Position im Hinblick auf eine striktere europäische Finanzaufsicht. Es geht dabei um eine stärkere Kontrolle über den Banken-, Fonds- und Versicherungssektor und eine Angleichung der Aufsichts-und Regulierungsbehörden.
Pierre Gramegna kann aufatmen: Der ausgehandelte Kompromiss würde sich nicht allzu sehr auf den Luxemburer Finanzplatz auswirken, freute er sich im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“. Genau das hatte der DP-Minister nämlich im Vorfeld befürchtet. 2017 wertete Gramegna den Vorstoß aus Brüssel noch als „Attacke“ gegen den Luxemburger Finanzplatz.
Einen endgültigen Sieg kann Pierre Gramegna aber noch nicht verzeichnen. Der am Donnerstag ausgehandelte Vorschlag muss noch mit dem EU-Parlament verhandelt werden.
Viel Arbeit für Claude Turmes
Einen Sieg hätte sich letzte Woche wohl auch Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) gewünscht. Er wurde jedoch enttäuscht. Am Dienstag präsentierte Eurostat die letzten Zahlen zum Anteil der erneuerbaren Energien in der EU.
Bis 2020 will die EU einen Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttoenergieendverbrauch erreichen. Bis 2030 sollen es sogar mindestens 32 Prozent sein.
Auf Luxemburg kann Brüssel dabei vorerst nicht zählen: Das Großherzogtum liegt abgeschlagen auf dem letzten Platz. 2017 betrug der Anteil an erneuerbaren Energien lediglich 6,4 Prozent. Das für 2020 gesteckte Ziel von elf Prozent liegt demnach in weiter Ferne.
Aus Angst am Elf-Prozent-Ziel zu scheitern, hatte Luxemburg bereits 2017 mit Litauen und Estland Abkommen zu statistischen Transfers abgeschlossen. Da lag das Energieressort noch im Kompetenzbereich von Wirtschaftsminister Etienne Schneider.
Claude Turmes hingegen will sich nicht bloß auf Transfer-Deals verlassen, sondern vermehrt auf Solarenergie und Energieeffizienz setzen – besonders bei Wohnungen und Bürogebäuden. Eine großherzogliche Verordnung zur Anpassung der Subventionierung von Photovoltaikanlagen ist auf dem Instanzenweg. „Mr Energy“ hat noch knapp ein Jahr Zeit, um seine Projekte umzusetzen.
Has your country already achieved its renewable energy target? 🌿
➡️For more information: https://t.co/Y4Szk5SNag pic.twitter.com/vtlPuGwLEF
— EU_Eurostat (@EU_Eurostat) February 12, 2019