Was war los in der EU? Und was hat das alles mit Luxemburg zu tun? Charlotte Wirth blickt aus Brüssel auf die politischen und medialen Top-Themen der vergangenen Woche zurück. Dieses Mal: Das Transparenzproblem der EU-Institutionen.

Auch wenn die diesbezüglichen Regeln in der EU in der letzten Legislaturperiode verschärft wurden, hat Brüssel ein Lobbyproblem. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht von „LobbyControl“, der diese Woche veröffentlicht wurde. Die NGO kritisiert darin die mangelnde Rechenschaftspflicht der europäischen Institutionen und fordert die EU auf, den Einfluss von Konzernen zu begrenzen.

Tatsächlich verfügen lediglich Parlament und Kommission über ein gemeinsames Lobbyregister, nicht aber der Rat oder die Ständigen Vertretungen der EU28. Aus dem Register wird etwa ersichtlich, wie viele Lobbyisten sich in Brüssel tummeln und über welches Budget sie verfügen.

Laut dem Register sind rund 12.000 Lobbyisten in Brüssel vertreten. Bei den meisten handelt es sich um Großkonzerne, Wirtschafts-und Berufsverbände und Lobbyagenturen. Die tatsächliche Zahl der Lobbyisten in Brüssel liegt laut „LobbyControl“ aber bei 25.000, denn das Register ist nicht rechtlich bindend. Die Lobbyisten sind also nicht gezwungen, sich einzutragen. Die Daten seien daher unzuverlässig; Kontrollen und Sanktionen schwach, bemängelt die NGO.

Konzerne haben zu viel Macht

Ihre Treffen mit Lobbyisten müssen zur Zeit lediglich EU-Kommissare und deren hohe Beamte offenlegen. Von insgesamt 919 Treffen in der letzten Wahlperiode fanden 703 Treffen mit Unternehmen statt –  allein 200, also fast ein Viertel, mit dem Tech-Konzern Google. Insgesamt trafen sich die EU-Kommissare vorwiegend mit Vertretern der Wirtschaft, so die Auswertung von „LobbyControl“.

Im Februar hat übrigens auch das Parlament über schärfere Regeln entschieden. Künftig müssen auch Ausschussvorsitzende und Berichterstatter ihre Treffen mit Interessenvertretern veröffentlichen.

4-Millionen-Budget für Fedil-Partner „Business Europe“

„LobbyControl“ bemängelt vor allem die Unausgewogenheit des Lobbyeinflusses zugunsten von wirtschaftlichen Interessen. Konzerne hätten demnach zu viel Macht und könnten die politischen Entscheidungsprozesse maßgeblich beeinflussen. Nicht nur seien diese Organisationen finanziell und quantitativ überlegen. Zudem hätten sie privilegierte Zugänge zu den Entscheidungsträgern: Die EU ist nämlich bei der Ausarbeitung von Gesetzen oft auf die Expertise der Unternehmen angewiesen, die sie regulieren soll.

Zu den Lobbyisten mit dem größten Budget gehören Chemieverbände wie der „European Chemical Industry Council“, Großkonzerne wie Google und Microsoft sowie Agenturen wie „Fleishman-Hillard“. Auch der Dachverband für Unternehmen, „BusinessEurope“, zu dem auch die Luxemburger Fedil gehört, zählt mit 30 akkreditierten Lobbyisten und einem Jahresbudget von rund vier Millionen Euro zu den größten Lobbyakteuren in Brüssel. Viele der Top-Lobbyisten gehören zudem zu Großspendern der europäischen Parteien.

Keine Transparenz bei Rat und ständigen Vertretungen

Die Einführung eines gemeinsamen, verbindlichen Lobbyregisters für alle drei Institutionen scheiterte in dieser Wahlperiode vor allem an der Blockade des EU-Rats. Besonders intransparent in Sachen Lobby-Transparenz sind laut „LobbyControl“ folglich auch die Ständigen Vertretungen der EU28. Lediglich die Vertretungen der Niederlande und Rumäniens halten ihre Treffen mit Interessenvertreter systematisch fest.

Luxemburg hat sich zwar im Rat für ein obligatorisches Register ausgesprochen. Doch sind etwa die Brüsseler Büros des Bankenverbands ABBL und des Verbands der Fondsindustrie (ALFI)  nur einen Steinwurf von der Ständigen Vertretung Luxemburgs auf der Avenue de Cothenberg entfernt. Es ist also davon auszugehen, dass sich die Mitarbeiter regelmäßig über den Weg laufen.

Bürgerbeauftragte kritisiert Europäisches Parlament

Die europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly bemängelte ihrerseits diese Woche die mangelnde Transparenz des EU-Parlamentes. 2017 verwehrte dieses etwa Journalisten den Zugang zu Informationen über den Umgang der Abgeordneten mit öffentlichen Geldern.

Wie REPORTER im Oktober berichtete, hatten investigative Journalisten wiederholt versucht, Informationen darüber zu erhalten, wofür die Abgeordneten ihre allgemeine Kostenvergütung von rund 4.400 Euro im Monat ausgeben. Vergebens, denn das Parlament weigerte sich, die Informationen offenzulegen. Dabei konnten die Journalisten dennoch Missstände im Umgang mit den öffentlichen Geldern nachweisen: Einige Abgeordnete bezogen etwa Geld für Büros, die sie gar nicht mieteten.

Die Journalisten hatten vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die restriktive Haltung des Parlaments geklagt, doch das Gericht stellte sich auf die Seite des Parlaments. Gleichzeitig hat Peter Treffer, Journalist beim „EU Observer“, bei der europäischen Ombudsfrau Beschwerde über die Praxis des Parlaments eingereicht. Auch er wollte Dokumente zu den Kostenvergütungen einsehen.

Die Bürgerbeauftragte vertritt jetzt eine andere Haltung als der Europäische Gerichtshof. In einer Empfehlung kritisiert Emily O’Reilly die Weigerung des EU-Parlaments scharf. Sie fordert die Institution auf, ihrer Rechenschaftspflicht nachzukommen und die Dokumente offenzulegen.