Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Jedes Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: lamentabler Parlamentarismus und die Rückkehr der Spaßgesellschaft.

Sie können nichts, Sie sind mehr als inkompetent und machen nur, was die Regierung Ihnen sagt: Dann hätten wir genau den richtigen Job für Sie! Bewerben Sie sich jetzt als Chamber-Präsident und Ihnen winken nicht nur ein Grundgehalt von 13.500 Euro und ein Chauffeur, sondern auch eine ganze Menge Prestige und Aufmerksamkeit.

Wir geben zu: Diese Job-Beschreibung ist nicht ganz offiziell, denn sie beruht auf einem wütenden Facebook-Post vom CSV-Vorsitzenden Frank Engel. Engel hatte den aktuellen Parlamentspräsidenten Fernand Etgen frontal angegriffen, weil dieser eine Reihe von parlamentarischen Dringlichkeitsanfragen der Opposition nicht als solche angenommen hatte. Oder wie sich CSV-Bulldogge Gilles Roth im Cerclé Cité erregte: „Mir sinn hei net an engem Bimbo-Theater“…

Frank Engel ist wahrlich nicht der Einzige, der Etgens Führungsfähigkeiten in Frage stellt. Der Präsident der Volksvertreter erweckte in den vergangenen Monaten schon öfter den Eindruck, dass er bei jeder Sitzung auf ein Neues das parlamentarische Spiel erst kennenlernt. Wie ein Vertretungslehrer in einer Klasse voller Störenfriede wirkt er stets etwas überfordert und es wird auch mit der Zeit nicht besser.

Das frustriert nicht nur die CSV – auch so mancher Koalitionspolitiker beschwerte sich bereits über das unbedarfte Auftreten vom sonst eigentlich ganz netten „Fern“. Frank Engels Facebook-Post sei „im Ton inakzeptabel“, twitterte denn auch der frisch gebackene Ehren-Abgeordnete der LSAP, Alex Bodry. Will heißen: Im Ton inakzeptabel, in der Substanz nicht so falsch…

Vor allem kommt Engels Facebook-Pöbeln aber selbst etwas entwürdigend herüber. Der CSV-Präsident, der selbst kein Mandat hat und das parlamentarische Treiben deshalb wie so viele Bürger im Livestream mitverfolgte, ist kein Kind von Traurigkeit. Die Emotionen gehen regelmäßig mit ihm durch.

Seine jüngste Schimpftirade hat aber schon etwas von einem aussortierten Fußballer, der sich selbst als den besten Spieler aller Zeiten sieht. Frustriert, weil er nicht mitspielen darf, steht er nach dem dritten Humpen am Spielfeldrand und brüllt sich seinen Frust von der Seele: „Wat mécht den Etgen dann do?!“, „Inkompetent“, „Lamentabel“, „E kann näischt“.

Da hilft nur noch Beten …

Ziemlich lamentabel sind bis auf Weiteres auch die Aussichten auf eine dauerhafte Exit-Strategie. Die Paischtcroisière? Abgesagt. Ein Essen im Lieblingsrestaurant? Immer noch verboten. Ein kühles Bierchen in der Lieblingskneipe? Muss noch warten.

Und dann wurde auch noch der Pilgerzug zur Fatima in Wiltz abgesagt. Das Leben ist momentan ganz schön trostlos. Nicht einmal Gottesdienste sind erlaubt, wie sich Jean-Claude Hollerich jüngst erst aufregte. Doch eine große Kunde scheint nun kurz bevorzustehen: Die Auferstehung – oder Wiedereröffnung – von Restaurants, Bars und Hotels deutet sich endlich an.

Was schon feststeht: Statt sich auf einer Baleareninsel am Pool um die letzte freie Sonnenliege zu streiten, erwartet die Menschen dieses Jahr etwas Besonderes: Jeder Einwohner und Pendler kommt in den Genuss eines 50-Euro-Gutscheins für ein Luxemburger Hotel, um seine ganz persönliche #Vakanzdoheem zu buchen. Will heißen: Nach all den langen Wochen zu Hause, wird man auch weiterhin dazu animiert, zu Hause zu bleiben. Da kommt Urlaubslaune auf!

Delles darf auch mal andeuten …

Doch wer braucht schon Besichtigungen von zerfallenen Tempeln, alten Kirchen und überfüllten Museen? Die wahren Attraktionen warten doch sowieso alle direkt vor der Haustür. Die Anstürme auf Baumärkte und Recyclingzentren haben das zumindest in den vergangenen Wochen angedeutet.

Nachdem am Mittwoch die Erwachsenen Francois Bausch, Dan Kersch und Pierre Gramegna den Neustart für Luxemburg und die #Vakanzdoheem ankündigten, durfte am Freitag auch „Juniorminister“ Lex Delles bei RTL ein bisschen etwas andeuten. Ganz vielleicht könnten ab dem Pfingstwochenende Restaurants, Bars und Cafés wieder öffnen, so der vielbeschäftigte Tourismus- und Mittelstandsminister.

Vor ein paar Wochen noch unvorstellbar, geht es jetzt plötzlich ganz einfach und schnell. Dafür musste nur ein Leitfaden mit einer pfiffigen englischen Analogie ausgearbeitet werden: „Safe to serve“ nennt er sich. Die Regeln werden dabei aber wohl die gleichen bleiben: Distanz zum Nebentisch halten, Hände gut desinfizieren und dann kann der erste Apérol Spritz seit Monaten kommen. Bis dahin wird sich hoffentlich auch Frank Engel wieder etwas beruhigt haben.


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