Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Lockdown-Brecher und andere Gründe, das neue Jahr zu feiern.

Wow, was war das für eine Party?! Selten hat Luxemburg so hart und hemmungslos in das neue Jahr gefeiert. Für einen kleinen Moment, so kurz vor der Ausgangssperre, konnte man dabei fast vergessen, dass wir uns immer noch im Marathon des Jahrhunderts befinden. Und dass nach 21 Uhr ein einziger Schritt auf die Straße ungefähr so illegal ist wie die sonst in diesen Tagen so gepflegte Luxemburger Tradition der alkoholisierten Auto-Heimreise.

Naja, am sichersten ist, einfach zu Hause bleiben. An Weihnachten, Silvester, und zur Sicherheit auch noch danach. Doch nicht alle halten sich anscheinend an die Devise #BléifDoheem2.0. So wünschte ein gewisser Etienne Schneider seinen Parteifreunden und anderen Jüngern auf Instagram alles Gute, und zwar aus dem beschaulichen Monaco.

Screenshot: Instagram

Dass so ein „Lockdown“ eindeutig Ansichtssache ist, musste uns aber nicht erst der ehemalige Hoffnungsträger von Luxemburgs Sozialistischer Arbeiterpartei beibringen. Auch die absolute Spitze unseres Staates weilte über die Feiertage dort, wo es offenbar schöner ist als bei uns. Wobei die Biarritz-Exkursion des großherzoglichen Paares (Retrospect berichtete) mit etwas Verspätung auch von den Leitmedien des Landes aufgegriffen wurde.

Besser ist das schon

Für alle, die sich nun fragen, ob die Lockdown-Flucht des Großherzogs mit dem Vorbildcharakter des Staatschefs vereinbar ist, lautet die Antwort eindeutig: Ja. Ganz locker bleiben. Es sei nicht illegal, zu reisen, stellte der großherzogliche Hof klar. Und auch der Premier sprang der von ihm geschaffenen „Maison du Grand-Duc“ zur Seite und forderte, dass auch ein Staatsoberhaupt mal Recht auf einen „Break“ habe.

Es sei ja auch besser zu zweit in Biarritz zu sein als zu zehnt in Luxemburg, so Xavier Bettel im großen Neujahrsinterview mit „RTL“. Dieser Vergleich scheint nur auf den ersten Blick völlig aus der Luft gegriffen, ja absurd zu sein. Wir pflichten der Argumentation des Premiers jedenfalls bei: Es ist auch besser, allein auf der Promenade von Biarritz spazieren zu gehen, als in Luxemburg im Wald eine Rave-Party zu veranstalten. Es ist auch besser, das Fahrrad in der Garage in Biarritz stehen zu lassen, als in Luxemburg mit 190 Km/h über die Autobahn zu brettern.

Foto: Cour grand-ducale via Twitter

Trotz überaus treffender Totschlagargumente ist uns aber aufgefallen, dass auch der Premier in den letzten Interviews einen müden Eindruck machte. Angesichts des Dauer-Krisenmanagements und Impf-PR-Marathons ist das auch absolut verständlich. Falls der Regierungschef denn mal selbst einen „Break“ von der Pandemie braucht, hätten wir einen Tipp, wo er mal so richtig ausspannen kann. Im französischen Cabasson scheint gerade eine kleine, beschauliche Ferienwohnung frei zu sein. Aber Achtung, auch hier gilt: Besser zu zweit als zu zehnt!

Egal, wie man es macht

Während Xavier Bettel die von ihm zurechtgestutzte Monarchie verteidigt, muss sich seine Kabinettskollegin Paulette Lenert erst einmal an die neue Situation gewöhnen. Dabei geht es weniger um den neuen Lockdown als um die Politik an sich. Irgendwann könne man es niemandem mehr so richtig Recht machen, sagte die Gesundheitsministerin im „RTL“-Interview. Diese Erkenntnis gehört wohl zum unvermeidbaren Lernprozess einer Ministerin, der 90 Prozent des Volkes vertrauen und die auch keinen Hehl daraus macht, dass sie bis heute keine waschechte Politikerin ist.

Screenshot: RTL

Wir finden die solide Grundnaivität durchaus sympathisch und erfrischend. Dass man es in der Politik, ja im Leben eigentlich nie jedem Recht machen kann, ist natürlich nur ein von Jean-Claude Juncker und anderen üblen Zynikern gestreutes Gerücht. Ebenso, dass die mangelnde Akzeptanz der Regierungspolitik irgendetwas mit der Regierungspolitik zu tun haben könnte. Nein, es liegt nicht an der mangelnden Antizipation, an den widersprüchlichen Maßnahmen oder an der suboptimalen Kommunikation. Nein, „die aktuelle Zeit“ muss daran schuld sein.

Und natürlich gab es auch nie Differenzen zwischen dem Premier und der Gesundheitsministerin. Absolut nicht! „Kein Zigarettenblatt“ passe zwischen die zwei Livestream-Buddies, meint der selbstloseste Premier der Welt. Der übrigens auch überaus glaubwürdig von sich sagt, dass er sich über jeden Minister freut, der besser in Umfragen abschneidet als er selbst.

Alle, die behaupten, in der Koalition herrsche soviel Zusammenhalt wie zwischen Haien im Piranha-Becken, haben ja keine Ahnung. Wir haben überhaupt Glück, dass die Regierung sich mit der Pandemie beschäftigt. „D’Krisegestioun stoung net am Koalitiounsaccord“, meinte der Premier noch im RTL-Neujahrsinterview, das übrigens so lang und spannend wie der Blockbuster „Superjhemp retörns“ war. Dass etwas nicht im Koalitionsprogramm steht, ist normalerweise ein untrügliches Zeichen für „Aussitzen“. Dumm nur, dass die Realität sich nicht an einen Wisch von 2018 hält.

Neues Jahr, altes Leid

An dieser Stelle würden wir Ihnen natürlich gerne voller Optimismus ein frohes neues Jahr wünschen. Aber zur Sicherheit warten wir damit doch noch ein paar Wochen ab. Schon in den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob 2021 wesentlich anders wird als 2020. Denn dann könnte die Regierung dank ihres vorausschauenden Handelns schon wieder das Parlament und den Staatsrat zusammentrommeln, um die Maßnahmen von vorletzter Woche noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Tolle Aussichten!

Wir wünschen Ihnen stattdessen viel Spaß, Gelassenheit und vor allem Gesundheit. Oder, um es bildlich auszudrücken: Wir wünschen uns, dass Ihr neues Jahr so stilvoll, authentisch und vielversprechend wird wie der Neujahrspost von CSV-Parteichef Frank Engel.

Screenshot: Facebook

In diesem Sinne: Prost, viel Glück und nur Mut! Denn so schlimm kann das alles in der Tat schon nicht werden…


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