Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: ein Philosophenminister und ein Trinkspiel für Hartgesottene.

Lex Delles ist der Minister für alle Lebenslagen, quasi der Guru für den Alltag. Glauben Sie nicht? „Ech denken drun an ech denken och net drun“, sagte er im RTL-Interview zur überlebenswichtigen Frage, ob die „Vakanzebongen“ verlängert werden. Über diese essentielle Entscheidung hinaus ist die Minister-Antwort einfach genial. Sie ist einfach für alles einsetzbar: in Beziehungen („Willst du Kinder?“), im Job („Chef, bekomme ich eine Gehaltserhöhung?“) oder bei der Morgenroutine („Willst du ein Croissant?“).

Aber das war nicht das letzte Ass im Ärmel des berühmtesten Sohnes Mondorfs (naja, also nach den Schlecks). Die Bürger beschweren sich über zu volle Konsumtempel? Da muss eine Delles-Lösung her: „D’Leit solle sech an den Akafszentere besser verdeelen.“ Aber weil die Menschen mit ihrer Eigenverantwortung nicht umgehen können, braucht es nun eine Lex Lex Delles! Kein Freizeitshoppen mehr und vor allem kein Mettwurst-Verzehr in Einkaufszentren!

Dabei fragte man sich in den vergangenen Jahren: Was macht eigentlich ein Vollzeit-Mittelstands- und Tourismusminister den ganzen Tag? Zu Beginn seiner Amtszeit trat Lex Delles gar nicht in Erscheinung. Doch auch das war wahrlich große Regierungskunst, alles lief – auch ohne Minister. Aber wie wir mittlerweile alle wissen: Die Pandemie verlangt uns alles ab. Auch die hellsten Köpfe in der Regierung müssen dann mit anpacken. Das gilt auch für Lex Sokrates.

Liberal und sogar Mensch

Und ja, man muss das so klar sagen: Gerade die liberalen Minister leisten Übermenschliches. Es geht so weit, dass sie selbst an ihrer Menschlichkeit zweifeln. „Ech soen dat net just well ech liberal sinn, ma och als Mënsch“, sagte Premier Xavier Bettel bedeutungsschwanger am Mittwoch vor der Presse. „Wéi gesot“, Lockerungen seien jetzt nicht angebracht, sagte Bettel mehrmals. Auch wenn das nun keiner, also wirklich niemand verlangt hatte.

„Elo verzichte fir déi Léit, déi mir gären hunn. Xavier Bettel. Premier“, postete die DP dann noch auf allen sozialen Kanälen. Man sieht ein Bild, auf dem Xavier Bettel die Augen zusammenkneift und ernst dreinschaut – natürlich mit modischem Dreitagebart. Mit der Ästhetik einer Parfüm-Werbung die Menschen abholen – die Liberalen haben es einfach drauf.

Den „Homard“ am „Réveillon“ alleine zu essen, ist aber natürlich grausam. Dann muss man zumindest noch bei Louis Vuitton shoppen können. Aber die frechen Journalisten verstehen das natürlich bewusst falsch. „Um auch bloß nicht den letzten liberalen Wähler zu vergraulen, muss halt die eine oder andere Oma früher gehen“, schrieb der „Tageblatt“-Chefredakteur und Chief-Black-Humor-Correspondent Dhiraj Sabharwal.

„Meischiavelli“ reloaded

Es ist ganz klar: Wenn man seinen Göttern in Blau nicht ausreichend huldigt, dann wird man mit einer Pandemie bestraft. Das wussten bereits die alten Römer. Und weil die Journalisten das nicht kapieren, immer wieder nachfragen, Fakten checken und Zahlen vergleichen, musste Claude „The Punisher“ Meisch deutlicher werden.

Dass das „Luxemburger Wort“ dem Minister ein Ungenügend in Sachen Corona-Statistik ausstellte, fand „Meischiavelli“ voll unfair. Kritik an seiner Person oder dem Ministerium untergrabe die Glaubwürdigkeit der staatlichen Institutionen, diktierte der gelassenste Minister aller Zeiten seinen Beamten. Und schwups schießen Querdenker, Covidioten und Populisten aus dem Boden. So stellt sich der Bildungsminister das zumindest vor.

Blöd nur, dass am gleichen Tag von Meischs Auslassungen, das Gesundheitsministerium zugab, aufgrund eines IT-Fehlers falsche Zahlen veröffentlicht zu haben. #Upsi – Claude Meisch wäre das nicht passiert. Denn wie Machiavelli bereits schrieb: „Eine Rechtfertigung setzt immer einen Fehler oder die Vermutung eines Fehlers voraus.“ Und einem Liberalen passieren sowas wie Fehler bekanntlich nicht.

„D’Kou huet gekaleft“

In punkto Machtspielchen und unnötiger Medienschelte muss der nationale TNS-Liebling aka Paulette Lenert noch viel von ihren liberalen Kollegen lernen. Allerdings ist sie schon auf einem guten Weg: Metaphern auf der Streckbank bis zum Äußersten zu dehnen, das beherrscht sie bereits. Nach dem „Kolleeg Corona“ (Retrospect berichtete), ließ sie diese Woche das nächste – nun ja gewagte – Sprachbild vom Stapel. „D’Kou huet gekaleft: d’Impfstrategie ass do.“

Aber Paulette wäre nicht Paulette, hätte sie uns mit der Frage allein gelassen, wer oder was jetzt die Kuh oder das Kälbchen ist. Es hätte zwar länger gedauert, aber nun sei man sicher, dass das Kälbchen (also die Strategie) auf eigenen Beinen stehen könne. Naja, im Grunde ist die Strategie eher noch ein einbeiniges Kälbchen, aber ganz bestimmt super süß.

Bullshit-Bingo-Briefing

Die Feiertage werden langweilig – so viel ist klar. Für manche mag es aber auch eine Erleichterung sein, den erweiterten Kreis der Clan-Mitglieder dieses Jahr nicht treffen zu müssen. Andererseits fehlt dann der Anlass für eine „Alles muss raus“-Räumung des Weinkellers. „Wéi gesot“: „Ech denken drun an ech denken och net drun.“

Auch wenn weder Heiligabend noch 1. und 2. Weihnachtstag noch Silvester stattfinden, ist das noch lange kein Grund bereits im Dezember mit dem „Dry January“ anzufangen. Denn eins ist sicher: Das nächste Briefing kommt bestimmt. Und zur Rettung unser aller mentaler Verfassung, schlägt ihr Retrospect-Team ein lustiges Trinkspiel vor: das Bullshit-Bingo-Briefing.

So einfach gehts: Kommt die Phrase, bitte den entsprechenden Kasten ankreuzen. Haben Sie eine Reihe voll, muss das Glas geleert werden. Zur Sicherheit haben wir das für Sie am vergangenen Mittwoch natürlich bereits getestet. Von der „russischen“ Variante, bei jedem „wéi gesot“ des Premiers einen Wodka zu trinken, raten wir aber dringend ab. Wéi gesot: play hard, but play safe.


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