Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Polit-Comedians, Polit-Rapper und ein Minister, den man bisher nicht kannte.
Niemand konnte es mehr erwarten. Endlich wurde diese Woche die Show geliefert, der das ganze Land seit eineinhalb Jahren entgegenfieberte. Es war das EM-Finale unter den Pressekonferenzen. Mit der Covidcheck-App können geimpfte Rentner, also bald auch Frührentner und Early-AstraZeneca-Movers, ganz einfach und problemlos bis drei Uhr morgens in den Clubs der Stadt Luxemburg feiern.
Die Präsentation des neuen Systems übernahm diese Woche Paulette Lenert mit einem gewissen „Marc Hansen“. Der Unbekannte soll dem Vernehmen nach für das sogenannte „Digitalisierungsministerium“ arbeiten. Merkwürdig, als aufmerksame Briefing-Zuschauer kannten wir den Herrn noch nicht und wussten auch nicht, dass es ein solches Ministerium gibt.
Der Minister für Digitalisierung und sonstige Undercover-Missionen hat sich jedenfalls sehr viel Mühe gegeben, den wahrscheinlich größten Auftritt seiner Karriere perfekt zu inszenieren. „Wie kommt das Zertifikat denn nun auf mein Handy“, fragt er das versammelte Journalisten-Publikum wie ein Grundschullehrer seine Schüler. Ganz einfach: Man druckt sich das PDF aus und scannt es dann mit der Applikation. So geht Digitalisierung in Luxemburg. Klingt komisch, ist aber so.
Besser grün als rot
Damit aber auch wirklich der letzte Boomer versteht, wie das mit den QR-Codes nochmal geht, demonstrierte der Mann, der sich als Minister ausgibt, die App an einem überdimensionierten Impfzertifikat. Am besorgten Blick erkennt man: Das Zertifikat ist ungültig. Zusätzlich zeigt das Handy auch eine rote Meldung an. Oder wie der Digitalpädagoge Hansen es ausdrückt: „Dee gesäit dee Moment, ob der gréng sidd oder rout sidd.“ Und wenn man grün ist, kann man im Café danach auch blau werden. Schöne Geschichte.
Etwas verwirrend wurde es allerdings, als der Minister für besondere Aufgaben für seinen nächsten Zaubertrick ein zweites Handy auspackte. Am erstaunten Blick des Sprechers konnte man erkennen, dass der gescannte Code gültig ist. Dieses Mal schaltete auch die Applikation auf Grün.
Leider hatte die App aber noch ein paar Anfangsschwierigkeiten. Im „Google Play Store“ gab ein Nutzer eine Bewertung mit nur einem von fünf möglichen Sternen ab. Die Installation funktioniere nicht richtig. „Plutôt décevant comme un pétard mouillé“, so der Nutzer. Aber keine Panik, denn die Regierung hat schon eine Lösung parat. Weil Marc Hansen sowieso ab 11 Uhr in seinen Ressorts nichts mehr zu tun hat, kann man ihn bald über Guichet.lu mieten. Der Minister kommt dann zu Ihnen nach Hause und installiert den Covid-Check persönlich. Service!
Witzepräsident macht ernst
Sehr erleichtert kommt dieser Tage auch die CSV daher. Endlich konnte die größte ehemalige Volkspartei des Landes, so scheint es zumindest, die Eskapaden ihres früheren Parteipräsidenten medial hinter sich lassen. Die Episode ist endgültig vorbei, heißt es aus hoffnungsvollen Parteikreisen. Die Stimmung ist „ganz gutt, mir sinn immens motivéiert“, meinte der abgesägte Generalsekretär und neu gekürte Vizepräsident der Partei im RTL-Interview.
Das schüchterne soziale Gewissen der CSV forderte mehr Sozialleistungen für Arme und sollte eigentlich auf einen Redeausschnitt von Max Hahn (DP) reagieren. Daraufhin folgte jedoch lange Stille. Paul Galles konnte auch ohne Ausschnitt die Inhaltsleere des liberalen Beitrags auflegen. Viel schwieriger ist allerdings seine Arbeit als Vizepräsident. Viele Leute würden ihm ja sagen, er müsse als Vizepräsident „elo all Dag ee schlechte Witz erzielen“, und er bemühe sich, diese Aufgabe bestmöglich zu meistern, so der ehemalige Stand-Up-Theologe. Auch das werde die Partei noch überstehen müssen.
Den größten Witz der Woche lieferte allerdings nicht er, sondern seine Parteikollegen. Die Soziallehre der Christdemokraten wurde nämlich von den beiden Anwälten Laurent Mosar und Léon Gloden neu ausgelegt. Wie Jesus bereits lehrte, soll man die andere Wange hinhalten, um mit einer freien Hand schnell den Taser oder das Pfefferspray auszupacken und seinen Nächsten kurzerhand auszuknocken. Das sind wohl die neuen Werte der CSV, von denen Paul Galles gerne spricht.
Man habe „ganz positive Erfahrungen“ mit dem Taser in Trier gemacht, erzählte jedenfalls Léon Gloden während dem groß angekündigten CSV-Briefing mitten im Garer Problemviertel. Alle Kriminellen zeigten sich offenbar ganz zufrieden mit ihrem Elektroschock und würden das Gerät weiterempfehlen. Fünf von fünf Sternen, super! Wenn es nach der CSV geht, sollte man aber auch mit anderen Mitteln den Anschein erwecken, dass man gegen die Kriminalität im schlimmsten Bahnhofsviertel des Westens irgendwas ausrichten kann. Der Taser ist also nur der Anfang.
„Schoussmippchen“ und Xav on tour
Durchaus elektrifizierend war auch der Beitrag „Een Dag mam Staatsminister“, den RTL Radio am Montag in den Äther schickte. Eine historisch äußerst wertvolle Führung durch das Staatsministerium, eine Fahrt in der Regierungslimousine, gekrönt durch das absolute Highlight: die Einweihung von Meluxina, dem besten Supercomputer des Universums.
Was wir jedoch etwas despektierlich finden: Der rapportierende Begleiter des Premiers wurde im RTL-Beitrag von seinen Redaktionskollegen als „Schoussmippchen“ vorgestellt. Dabei gab es durchaus knallharte Fragen an den Premier, wie: Schlafen Sie eigentlich auch mal im Auto? Wie viele Telefonanrufe erhält man denn so am Tag?
Bei weitem am interessantesten wurde es aber bei der Frage: „Wer schreibt eigentlich Ihre Reden?“ Das komme ganz drauf an, sagt Bettel. In der Regel werde er von einem seiner Experten gebrieft. Manchmal sind es fertig geschriebene Reden, manchmal aber nur „Boulette-Points“. Und hin und wieder, wer hätte das gedacht, spricht der Premier auch ganz ohne Vorlage. „Manchmal frage ich aber auch, dass sie mir nichts vorbereiten“, erklärt der Premier.
Eigentlich aber auch egal, denn er mache „sowieso immer ein bisschen Freestyle“, scherzt Bettel. Auch wenn das seine Berater nicht immer begeistert. Wir finden: Die Berater haben keine Ahnung und ihre Meinung zählt ohnehin nicht. Die begeisterten Fans von MC Xav und seinem Freestyle Rap sind nämlich unter den Journalisten und anderen ganz normalen Menschen zu finden, das muss reichen.
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