Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer freitags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: dünnhäutige Politiker und mehr oder weniger gelungene Social-Media-Kampagnen.

Nur noch zwei Tage bis zu den Wahlen. Der Wahlkampf war kurz, aber so gar nicht intensiv. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen scheinen einige Politiker mittlerweile besonders dünnhäutig auf Fragen von Journalisten zu reagieren. Warum der Wahlkampf so lahm gelaufen ist, wollte man bei „Radio 100,7“ wissen. Der Missetäter ist da schnell gefunden: François Bausch sucht den Fehler nicht etwa bei den Parteien oder Kandidaten selbst, sondern vielmehr bei den Medien. Ist ja auch einfacher so.

Der Spitzenkandidat der Grünen fühlt sich von allen großen „Face-à-Face“, Interviews und Diskussionsrunden ausgeschlossen (ein kurzes mitleidiges Mimimi an dieser Stelle). Das sagte er aber nicht etwa einem kleinen Kreis von Vertrauten, sondern – Achtung – während eines „Face-à-Face“. Er hätte liebend gerne an Elefantenrunden oder bei Interviews wie unserem REPORTER-Live teilgenommen, nur leider hätte ihn niemand gefragt, regt sich Bausch auf.

Ganz so dramatisch oder verschwörerisch ist die Lage dann aber doch nicht. Diese Woche durfte Bausch nämlich nicht nur zum öffentlich-rechtlichen Radio, auch das „Wort“ und sogar wir hatten ein Interview mit ihm veröffentlicht. Also Herr Bausch, Kopf hoch und bitte nicht mehr schmollen – das macht den Wahlkampf nämlich auch nicht interessanter.

Pasta. Pizza. Gelato

Wo wir schon beim Mimimi sind. Da bitten wir Sie doch gleich um einen lauten Mitleidsseufzer für Mars di Bartolomeo. Der Anlass? In einem „bösen“ Artikel im „Luxemburger Wort“ wird ihm vorgeworfen, dass er besonders oft in den parlamentarischen Ausschüssen verhinderte Kollegen ersetzt – und die Almosen dafür einheimst. Muss er etwa seine Rente aufbessern? Im „Wort-Artikel ist jedenfalls von mindestens 30.000 Euro die Rede, die der Parlamentspräsident seit dem Erreichen des Rentenalters im vergangenen Jahr inklusive aktuelles Gehalt einheimst.

Der sonst eher joviale „Barto“ fand den Artikel jedenfalls gar nicht lustig. Und warf der größten Tageszeitung des Landes vor, ihm so kurz vor den Wahlen persönlich schaden zu wollen. Dabei hat das „Wort“ trotz aller bitteren Bösartigkeit sogar zu tief gestapelt, wie man aus Di Bartolomeos Aussagen bei „RTL“ schließen könnte: „Wann ech elo de richtege Chiffer nennen, da klappe se nawell an d’Flilleken, well et nach ze héich fir si ass.“

Bei „RTL Today“ war „Mars“ dann aber wieder ganz der Alte. Auf die Frage nach seinem Lieblingsessen, braucht der Sozialist mit italienischen Wurzeln nicht lange zu überlegen. „Pasta. Pizza. Gelato“, bricht es regelrecht aus ihm heraus. Und der Zuschauer fragt sich, ob sich „Barto“ gerade in eine Bertolli-Werbung verirrt hat. Den Akzent hat er jedenfalls drauf.

Und ganz am Rande: Bertoli (mit einem ‚l’) ist übrigens auch die Abkürzung von Bartolomeo (bestätigt uns Wikipedia). Was für ein Zufall. Klappt es bei den Wahlen dieses Mal nicht so wie gewünscht, dann kann Di Bertoli ja vielleicht in Zukunft mit Werbeclips seine Rente aufbessern.

Xavier Bettel gesichtet!

„Wo ist eigentlich Xavier Bettel?“, haben wir uns diese Woche gleich mehrmals gefragt. Sein blaues Telefon stand still und neue Facebook-Videos gab es auch nicht mehr. Und zu den Rundtischgesprächen wollte Bettel nicht. Vor allem dann nicht, wenn LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider dabei war. Man will doch mit einer Konfrontation nicht die Monotonie des diesjährigen Wahlkampfes durchbrechen – oder überhaupt aktiv Wahlkampf betreiben.

Tageblatt-Journalist Pol Schock hatte aber Glück: Nicht nur durfte er Xavier Bettel interviewen – er bekam sogar ein paar Halloween-Bonbons vom Noch-Premierminister obendrauf! “Mr Nice Guy“ bewies sich sogar als Multitasker und telefonierte während des Interviews mit seiner Mutter. Sein Talent als Schwiegersohn liegt laut Bettel aber nur bei fünf von zehn Punkten.  Bettels Standardsatz durfte natürlich auch nicht fehlen. „Ich bin wie ich bin und das ist auch gut so.“ Wir empfehlen ein kleines Tattoo – vielleicht auf der Stirn? Dann muss Bettel den Slogan nicht so oft wiederholen.

Der Paradesatz des Tages war aber ein anderer: „Ich bin in allem mittelmäßig.“ Na, wenn das nicht die besten Qualitäten für einen Spitzenkandidaten sind. Nur als Königsmörder von Jean-Claude Juncker, da ist Xavier Bettel eigenen Aussagen nach „null“. Naja, wers glaubt…

Wie aus der Bravo

Wie eine Werbung aus den 1990ern sieht indes ein Facebook-Post von DP-Generalsekretär Claude Lamberty aus. Der hat ein Foto von sich selbst, Xavier Bettel, Sandra Schroeder und Claude Meisch gepostet, als alle noch richtige Babyfaces waren. Seufz, da kommt richtig Nostalgie auf. Das Foto stammt angeblich aus dem Jahr 2004, Lambertys ersten Wahlen als Kandidat. Es versprüht aber so viele 90ies Vibes (inklusive Schulterpolstern, Pullis, die locker um den Hals gebunden werden und einem satten Gelbstich im Bild), dass es genauso gut aus einer alten Bravo stammen könnte. Hier der Beweis:

Fast wie aus der Kultserie „Friends“: Claude Lamberty beglückte seine Facebook-Freunde diese Woche mit diesem Retro-Wahlkampffoto. (Screenshot: Facebook)

Etienne will „mehr Zukunft“

Auch nicht schlecht ist das neuste Facebook-Video von Etienne Schneider. Schon allein die erste Frage des Kameramanns lässt uns staunen. Der will nämlich wissen: „In einer Woche sind Wahlen. Um was geht es da genau?“ Ganz ehrlich, wer eine solche Frage stellt, der hat auch keine andere Antwort verdient, wie sie der Vizepremier dann prompt wie aus der Pistole schoss.

Wir sind uns natürlich bewusst, dass die Frage so gestellt ist, damit sie die perfekte Steilvorlage für Schneiders vorgefertigte Antwort ist. Und der legt daraufhin auch gleich mit seinem Monolog los: Es geht um 1. die Zukunft der Gesellschaft, 2. die Zukunft des Landes… – Entschuldigung, wir sind kurz eingenickt … 3. Visionen, 4. wieder Zukunft. Und während andere Parteien diese Zukunft natürlich schwarzmalen, wollen die LSAP und Frontmann Etienne Schneider alles positiv gestalten.

Damit das gelingt, will er vor allem „méi Zukunft“. Ja, Sie haben richtig gelesen. Nicht weniger Zukunft, sondern mehr. Was diese Wahlfloskel soll? Das wissen wir leider auch nicht so genau. Etienne versucht es aber zu erklären. Mehr Zukunft bedeute „mehr Gerechtigkeit, mehr Chancen, mehr Nachhaltigkeit und mehr Solidarität“. Hört sich nach einer Menge Arbeit an – kann aber gar nicht so schwer sein. Zumindest nicht für Etienne. Der drückt seinen potenziellen Wählern am Ende des Videos nämlich noch ganz locker ein Auge zu. Und hätte es mit der Pose sicher auch mal in die Bravo geschafft.

Luxemburgs neue, fortschrittlich rückschrittliche Identität

Ja ja, mal wieder die Luxemburger Identität. Seit Wochen fragen wir uns, wer oder was wir eigentlich sind und kommen doch immer wieder zu der platten Antwort: Wir sind die, die Luxemburgisch sprechen.

Etwas einfallsreicher waren diese Woche Claude Wiseler und Joe Thein mit ihren Auslegungen. Sie kamen mit ganz neuen Konzepten daher. Wiseler erzählte bei „Radio 100,7“ von einer „identité accueillante“. Ja, jeder darf Luxemburger sein und sich als Luxemburger fühlen – aber nur, wenn er sich auch ordentlich integriert und mit den hiesigen Werten identifiziert. Oder etwas einfacher  ausgedrückt: Aufgenommen wird nur, wer sowieso schon so ist wie wir.

Bei „RTL“ legte Joe Thein dann noch einen drauf. „Mir si fortschrëttlech konservativ“, sagte der Spitzenkandidat von „Déi Konservativ“ fast schon feierlich. Na, das ist doch mal eine ganz neue Auslegung der nationalen Identität. Und wir dachten immer, Konservatismus sei eine Besinnung auf alte Traditionen und Werte. Gut, dass uns junge und jung gebliebene Politiker noch was beibringen können. Hauptsache in Zukunft gibt es nicht noch „méi“ davon.

Wer will Djuna?

Geben Sie es zu, Sie wollen es doch auch! Oder etwa nicht? Oder wissen Sie überhaupt nicht, wovon wir hier sprechen? Dann schauen Sie sich doch mal das neue Profilfoto von Djuna Bernard (Déi Gréng) an. Das ist, naja, irgendwie eindeutig zweideutig. Dabei will sie doch eigentlich nur damit auf Stimmenfang gehen. Die junge Frau steht mitten in einem Feld und lächelt süß in die Kamera. Unter ihrem Foto dann die Frage: „Du wëlls et? Da wiel et!“

Was für eine Aussage. Damit sind ihr die Männerstimmen schon mal gewiss. Wir finden: Wenn es bei den Wahlen nicht klappen sollte, findet Djuna mit so einem Spruch und so einem Foto bestimmt auch jemanden auf der Dating-App Tinder, „den et wëll“. Vielleicht hat Sven Clement von den Piraten auch noch einen Tipp parat.

 

Doch auch die Grünen üben sich in Genderparität. Kurze Zeit nachdem Djuna Bernard und weitere grüne Kandidaten ihr Profilfoto wechselten, postet Bausch auf Twitter ein Foto, auf dem der Wähler gleich alle Grünen auf dem Silbertablett präsentiert bekommt. Sie haben also die Wahl: Lieber Yoga-Fan Claude Turmes oder doch der Medienkritiker Bausch? Bei so viel Auswahl können wir uns gar nicht entscheiden. Bauschs Kommentar zum Foto: „Fir dass et rullt“

„Et rullt“ für Viv!

Setzen Sie sich gleich ins Auto, um ins wohlverdiente Wochenende zu starten? Dann kommt hier noch eine kurze aber wichtige Verkehrsinfo: Besser Sie gehen alle aus dem Weg! Denn Viv kommt angerollt. Und zwar mit ordentlich Schwung (die Frisur sitzt aber trotzdem wie eine Eins). Wer jetzt aber denkt, dass Viviane Reding in einer schicken Limo sitzt, der irrt sich gewaltig.

Das Bild, das die CSV-Politikerin von sich selbst auf Facebook gepostet hat, zeigt sie nämlich auf einem Elektroroller. Hach ja, diese jungen Leute… jeden Trend wollen sie mitmachen. Ob Reding mit ihrem Roller geradewegs in Richtung Wahlsieg oder doch eher in Richtung politischer Ruhestand rollt, wird sich dann am Sonntag zeigen. Vielleicht wäre ein Schutzhelm für alle Fälle aber gar nicht so verkehrt gewesen.

Viviane Reding gibt Gas – zumindest auf Facebook. (Screenshot: Facebook)

Juncker schwingt das Tanzbein

Haben CSV-Politiker also doch ein kleines bisschen Humor? Das könnte man fast meinen, wenn man diese Woche Jean-Claude Juncker zugeschaut hat. Der Kommissionspräsident und ehemalige CSV-Premier hatte scheinbar besonders gute Laune. Wird der arme, sonst eher zerbrechliche Juncker schon mal von Staatschefs über Treppen gehievt (ihn plagt ein schlimmer Lumbago), war er diese Woche fit wie ein Turnschuh.

Bei der Eröffnungsfeier der Europäischen Woche der Regionen tanzt Juncker auf einmal munter drauf los. Ja sie haben richtig gehört, er tanzt. Das hatte natürlich rein gar nichts mit der Tanzeinlage von Großbritanniens Premierministerin Theresa May beim Tory Parteikongress letzte Woche zu tun, betonte Kommissionsobersprecher Margaritis Schinas sogleich auf Twitter: „Without a song or a dance what would our life be ?“ Na, wer hätte gedacht, dass Junckers Tanze so philosophisch war!

Wir glauben, den Vergleich zwischen Juncker und May ziehen sie besser selbst. Aber ganz ehrlich, einen besseren Start ins Wahlwochenende als mit einem kleinen Tänzchen gibt es sicher nicht.