Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: die tüchtige Familienministerin und die fast grenzenlose Lässigkeit des Premiers.

Wollten Sie immer schon einmal so richtig den Macker raushängen lassen, damit eine Behörde oder ein Verband nach ihrer Pfeife tanzt? Corinne Cahen zeigt wie es geht. Frei von der Seele ließ die liberale Unternehmerin ihrem Unmut über das vermeintliche Nichtstun des hauptstädtischen Geschäftsverbands in einer E-Mail freien Lauf. Allerdings: Damit der Trick so richtig funktioniert, müssten Sie schon Minister sein. Denn nur mit der richtigen E-Mail-Unterschrift lassen sich Ihre Adressaten so richtig beeindrucken.

Der Clou dabei: Cahen ist bekanntlich nicht nur Unternehmerin, sondern seit Dezember 2013 Ministerin. „Skandal! Rücktritt!!“, krakeelen die Oppositionsparteien und Guy Kaiser. „Kein Problem! Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen“, antworten die DP-Fans und der Premier. Wir finden: Das ganze ist ein absolut normaler Vorgang. Dass ein Politiker auch im Amt weiter für seine privaten wirtschaftlichen Interessen vorsorgt, ist nur in den USA ein Skandal. Bei uns doch nicht.

Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Corinne Cahen ihre finanziellen Interessen als Unternehmerin und ihren politischen Einfluss als Ministerin so offensichtlich vermischt oder – wie ihre Anhänger wohl sagen würden – so zielgerichtet miteinander verbindet. Dieses Mal „bedauert“ sie jedoch zumindest ihre Vorgehensweise, ohne allerdings den Kern ihrer E-Mail zurückzunehmen. Wir finden: Richtig so. Spätestens 2023 sollte man das dauerhafte Florieren eines bestimmten Schuhgeschäfts im Garer Quartier als Ziel ins Regierungsprogramm schreiben. Wenn schon „kein Problem“, dann richtig. Sicher ist sicher.

Möglich heißt noch lange nicht möglich …

Apropos „kein Problem“: Auch die immer wieder auftauchende Kritik am Luxemburger „Film Fund“ ist für Premier Xavier Bettel kaum die Rede wert. Wäre da nicht die RTL-Redaktion, die nach rund einem Jahr das Thema „Audit beim Film Fund“ für sich entdeckt hat, hätte der Premier- und Medienminister sicher auch kein neues Wort dazu gesagt. Als ihm die überkritischen Investigateure des latenten Staatsfernsehens aber im Parlament auflauerten, konnte Bettel nicht anders als zu reagieren.

„Kein Problem! Weitergehen, hier gibts nichts zu sehen“, lautete denn auch hier seine sinngemäße Antwort. Was die von der Audit-Firma bereits Ende 2018 aufgeworfenen Missstände bei der Verteilung von staatlichen Geldern für die Filmindustrie betrifft, winkt Bettel gewohnt lässig ab. Wenn im Audit von Interessenkonflikten die Rede sei, dann sei das nichts, was ihn beunruhige. Alle Interessenkonflikte seien nämlich nur „potenziell, méiglech, possible“. Wir finden auch: Nichts ist unmöglich. Also Schwamm drüber.

Die Kirschen in Nachbars Garten

Fast nichts kann Xavier Bettel also so richtig in Wallung bringen – außer jemand will an sein Geld, also an das Geld der Luxemburger. Da hört es dann auf mit der Lässigkeit. Diese Woche waren es die gierigen Rheinland-Pfälzer, die das Fass zum Überlaufen brachten: Die wollen doch tatsächlich ein Stück unseres Steuerkuchens abhaben. Da kommt Xav glatt sein staatsmännischer Gleichmut abhanden: „Engem d’Gefill ze ginn, dass ee leit, wann ee Lëtzebuerg als Noper huet, ass fir mech inakzeptabel.“

Damit das klar ist: Bettel macht keine Geschenke! Und er verteilt schon gar nicht das Geld, das die Luxemburger mit Steuerdumping, Tanktourismus und ausgebeuteten Grenzgängern hart erwirtschaften. Unser Geld ist unser Geld. Und damit basta! Wem das nicht passt, soll doch eine E-Mail an den Stater Geschäftsverband schreiben.

Erst vor einem Jahr musste unser Premier der Herzen klarstellen, dass er nicht für Weihnachtsbäume in irgendwelchen französischen Kaffs zahlt. Ein Glanzstück der Diplomatie, das man nicht unterschlagen sollte. Die Kirschen in Nachbars Garten sind bekanntlich immer schöner. Die Luxemburger haben das Privileg, sich bei den Nachbarn bedienen zu können. Umgekehrt geht das natürlich nicht. So weit kommt es noch.