Ein Luxemburger Radiologe will ein MRT-Gerät für seine Privatpraxis kaufen. Laut Gesetz ist das nicht möglich, das Gesundheitsministerium hat seine Anfrage abgelehnt. Er kämpft dennoch weiter.
Im Ban de Gasperich schießt ein neues Viertel aus dem Boden. Mit Platz für Wohnblöcke, Firmen, Geschäftsflächen. Rund 6.000 Menschen sollen schon bald im Einzugsgebiet leben. Und damit sie medizinisch gut versorgt werden, ist auch eine Gemeinschaftspraxis in Planung.
Um das Ärztehaus und einen Radiologen, der einziehen soll, gibt es aber seit Monaten Diskussionen. Der Streitpunkt: Er will ein eigenes MRT-Gerät (IRM) für seine Privatpraxis kaufen – dabei ist das hierzulande verboten. „Das Gesundheitsministerium hat meinen Antrag einfach abgelehnt“, sagt der Arzt, der nicht namentlich genannt werden will.
Bis zum Gerichtshof für Menschenrechte
Mit dieser Entscheidung hat er sich abgefunden. Aber nur vorerst. Als er bei einem Essen den Bauträger Flavio Becca trifft, greifen sie das Thema wieder auf. Becca gehört der private Teil des Ban de Gasperich, also das Gebiet, auf dem die Praxis entstehen soll.
Die beiden tun sich schließlich zusammen, beginnen das Ärztehaus zu planen. „Becca wollte mich beim Projekt mit ins Boot nehmen, also habe ich wieder einen Antrag für ein MRT beim Ministerium gestellt“, so der Radiologe.
Ich bin bereit, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasburg zu ziehen. Immerhin werde ich als Radiologe in meiner Arbeit ausgebremst.“
Beim zweiten Mal lässt er nicht mehr locker. Als er wieder eine Absage erhält, sucht er sich einen Anwalt. Mittlerweile liegt der Fall beim Verwaltungsgericht. Das Urteil wird voraussichtlich am 5. November gesprochen. Und sogar wenn das Gericht seinen Antrag ablehnen sollte, will er weiterkämpfen – auf europäischer Ebene.
Ein einzelner Arzt gegen das Monopol
„Ich bin bereit, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasburg zu ziehen. Immerhin werde ich als Radiologe in meiner Arbeit ausgebremst“, sagt der Arzt. Sein starker Wille könnte am Ende auch für Flavio Becca ein Erfolg werden, wäre das betreffende Ärztehaus das erste des Landes, das private MRT-Untersuchungen anbieten würde.
Fest steht: In den vergangenen Jahren hat es zu lange gedauert, bis die Krankenhäuser neue Apparate von der Politik zugesprochen bekommen haben. Das sorgte nicht nur für Frustration bei den Patienten, sondern auch bei den Radiologen selbst. „Letztlich spielt es aber überhaupt keine Rolle. Denn die Krankenhäuser haben ein Monopol und den Patienten bleibt nichts anderes übrig, als sich auf einen Termin zu gedulden – oder ins Ausland zu gehen“, sagt Dr. Yves Lasar, der neue Präsident der „Société Luxembourgeoise de Radiologie“ (SLR). Sie sind machtlos in dem System und können nur hoffen, dass es irgendwann wieder besser funktioniert.
Ein Pionier für andere
Der betroffene Radiologe will aber nicht hoffen, sondern etwas ändern. Wenn sein Fall durchgeht, werden andere es ihm nachmachen, davon ist er überzeugt. Er ist sich bewusst, dass er eine Pionierrolle einnimmt und andere auf den Ausgang seines Falls warten.
Angst vor Konkurrenz hat er keine, ganz im Gegenteil. Er will das Monopol der Krankenhäuser in Luxemburg aufbrechen. Vor allem auch, weil in seinen Augen eine Klinik nicht immer die richtige Anlaufstelle für Patienten ist. Das bestätigt auch Dr. Remy Demuth, der frühere Präsident der SLR. „Rund 90 Prozent der Radiologie-Untersuchungen könnten ambulant durchgeführt werden“, sagt er.
Eigentlich wäre es für den Patienten angenehmer, wenn er nicht für jede Behandlung in das schwerfällige System einer Klinik eintauchen müsste. Momentan haben Radiologie-Patienten aber – zumindest hierzulande – keine andere Wahl. Wer für eine Untersuchung kommt, muss in der Regel viel Zeit einplanen, außer es besteht ein Notfall.
Die CNS und die Kliniken haben ein Monopol. Allein im Vergleich zu Europa ist das eine mafiöse Struktur.“Dr. Remy Demuth, SLR
Dabei gibt es europa- und weltweit mehr MRTs in Privatpraxen als in Krankenhäusern. „Die CNS und die Kliniken haben allerdings ein Monopol. Allein im Vergleich zu Europa ist das eine mafiöse Struktur“, so Dr. Demuth.
Durch diese „Struktur“ beseht aber nicht nur Handlungsbedarf in der Radiologie. Auch Chirurgen könnten viele kleinere Eingriffe ambulant durchführen. Zumindest theoretisch. Diese wären dann auch um einiges günstiger, „weil der Patient nicht mehr im Krankenhaus untergebracht werden muss“, erklärt Dr. Remy Demuth.
Viele Alternativen zu einem Job im Krankenhaus haben Radiologen in Luxemburg demnach nicht. Als Freischaffende bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in einer Privatpraxis Ultraschall- und Röntgenanalysen anbieten – mehr dürfen sie nicht.
MRTs sollen im Krankenhaus bleiben
Der betroffene Radiologe ist demnach nicht der einzige, der sich eine Liberalisierung wünscht. Auch Dr. Guillaume Steichen, Generalsekretär der Ärztevertretung Association des Médecins et Médecins Dentistes (AMMD), ist für ein liberaleres System – zumindest dort, wo es Sinn macht. „Wir sind nicht für eine komplette Öffnung, aber zumindest ein Teil der medizinischen Bildgebung müsste machbar sein“, sagt er. „Der Patient muss zu lange warten. Und das ist einfach inakzeptabel.“
Wir benötigen meiner Meinung nach keine zusätzlichen MRTs in Privatpraxen.“Gesundheitsministerin Lydia Mutsch
Doch Gesundheitsministerin Lydia Mutsch (LSAP) hält dagegen. Tatsächlich steht in der großherzoglichen Verordnung von 1973, dass MTR-Apparate ausschließlich in Krankenhäusern installiert werden können. Diese Verordnung könnte zwar geändert werden, das will Mutsch aber nicht. Auch würden in Luxemburg zu viele solcher Untersuchungen durchgeführt, man wolle die Zahl in Zukunft zurück- statt hochschrauben.
Auch deshalb bevorzuge sie es, dass die Apparate im Krankenhauswesen bleiben. „Das Gesundheitsministerium hat mit dem neuen Spitalgesetz vier neue MTRs genehmigt, so dass wir national eine gute Abdeckung haben. Wir benötigen meiner Meinung nach keine zusätzlichen MRTs in Privatpraxen“, sagt sie. Dabei warten die Ärzte in den Krankenhäusern bereits seit Jahren auf diese Aufstockung. Wann genau die neuen Geräte in Betrieb genommen werden können, steht auch noch nicht fest.
Kontrolle gegen Freiheit eintauschen
Für den Arzt ist jedenfalls klar, warum sein Antrag immer wieder abgelehnt wird. Nicht nur, weil MRTs in Privatpraxen verboten ist. Das könnte die Politik schnell ändern. Das Problem liegt aber tiefer. „Die Luxemburger Politik hat Angst vor Veränderung und die Häuser Angst, die Kontrolle zu verlieren“, resümiert der Radiologe die Lage. Dessen Anwalt sprach im Gespräch mit „RTL“ ebenso von einem „schlechten politischen Willen“ als Hauptgrund.
Wird das System liberaler und flexibler, geht automatisch ein Teil dieser Kontrolle verloren. Weniger Kontrolle einerseits, mehr Freiheit und Konkurrenz andererseits. Der Arzt fühlt sich mit seiner Meinung deshalb im Recht. „Ich bin eigentlich Freiberufler“, argumentiert er. „Dabei kann ich meinen Beruf momentan gar nicht richtig ausüben.“ Genauso wie seine Kollegen, die im Krankenhaus arbeiten. Sie alle „bekommen zwar das Material zur Verfügung gestellt, sie müssen aber auch nach der Pfeife des jeweiligen Hauses tanzen“.
Und so behalten die Krankenhäuser erst einmal ihr Monopol. „Sie bleiben lieber beim Motto ‚Mir welle beiwe wat mir sinn'“, so der Arzt.