Im Parlament legte Minister Romain Schneider diese Woche die aktuellen Statistiken für die Sozialversicherung vor. Die Krise macht auch vor dem Sozialsystem keinen Halt. Die Einbußen sind enorm, das Ministerium sieht aber noch keinen Grund gegenzusteuern.

Fast eine Milliarde Euro sollen es weniger sein. Die Kurzarbeit und der Urlaub aus familiären Gründen haben der Sozialversicherung schwer zu schaffen gemacht. Noch letztes Jahr zog die Generalinspektion der Sozialversicherung eine positive Bilanz von 1,1 Milliarden Euro. Für 2020 rechnet man jetzt lediglich mit einem Überschuss von 162 Millionen Euro. Die ausfallenden Einnahmen werden für das Sozialsystem langfristige Folgen haben.

Reserven werden früher aufgebraucht

„Alle Stichdaten sollen drei Jahre früher eintreten als eingangs angenommen“, sagt Sven Clement (Piratepartei). Weitere Details über die Prognosen habe man während der Ausschusssitzung aber nicht erhalten. Demnach würden etwa die Reserven des Rentensystems bereits 2032, und nicht wie bisher angenommen 2035, unter den gesetzlich festgelegten Wert fallen. Ab dann würden die Reserven weniger als 1,5 Mal der Gesamtausgaben ausmachen. Ausschlaggebend ist allerdings vor allem der Zeitpunkt, an dem die Ausgaben höher als die Einnahmen ausfallen. Laut Gesetz verpflichtet das Ministerium sich in dem Fall, zu überprüfen, die Rentenanpassungen zu verringern oder gar auszusetzen.

Laut dem letzten Bericht der Arbeitsgruppe „Renten“ soll dies im Jahr 2024 – also ein Jahr nach den Wahlen – eintreten. Ob auch dieses Datum drei Jahre nach vorne rücken soll, wurde aus den Erklärungen des Ministers nicht klar, so Sven Clement. Dass die Sozialversicherung überhaupt einen Überschuss verzeichnet, soll allerdings einzig an dem Rentensystem liegen. Ohne das Plus von 700 Millionen Euro bei der Rentenkasse, wäre das gesamte System bereits jetzt im Defizit. Es ist also fraglich, inwiefern sich die Schätzung der vorgezogenen Stichdaten auch für das Pensionssystem anwenden lässt.

Pandemie verschärft bestehende Trends

Angesichts der aktuellen Lage zeigt sich Romain Schneider (LSAP) jedoch unbeeindruckt: „Wir können viereinhalb Jahre die Renten auszahlen, ohne dass jemand einzahlen muss“, so der Minister für soziale Sicherheit im Interview mit RTL. Mit anderen Worten: Die Reserven sind gut gefüllt, politische Entscheidungen vertagt. Allerdings sind die Kosten für die Krisenbewältigung nur eine kurzfristige Last für die Sozialversicherung, der demografische Wandel hingegen könnte längerfristig dem System zum Verhängnis werden. Mehrere Politiker fordern deshalb bereits jetzt über Anpassungen zu diskutieren.

Für das kommende Jahr rechnet die Generalinspektion der Sozialen Sicherheit (IGSS) mit einem höheren Überschuss, der jedoch weiterhin unter den Erwartungen der Vorjahre liegt. Die Zahlen für 2021 sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie stark vom Verlauf der Pandemie und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Wachstum abhängen. Nächstes Jahr soll die IGSS neue Berechnungen vorstellen, die diese Faktoren wie auch die Projektionen über das Bevölkerungswachstum berücksichtigen. „Dann werden wir sehen, ob wir kurz- oder mittelfristig reagieren müssen“, so der zuständige Minister.