Diese Woche beginnt der Strafprozess um die mutmaßliche Veruntreuung in der Gemeinde Hesperingen. Vor dem Verwaltungsgericht musste die Kommune derweil eine Niederlage hinnehmen: Das Audit zu den Vorkommissen darf nicht länger geheim bleiben.

Die Organisation „Stop Corrupt“ hatte vor dem Verwaltungsgericht gegen die Gemeinde Hesperingen geklagt und Recht bekommen. Die Vereinigung forderte die Veröffentlichung des Audits über die fehlende Kontrolle in der Finanzverwaltung der Gemeinde. Der Schöffenrat hatte dieses Audit im Sommer 2019 beim Unternehmen „PwC“ in Auftrag gegeben, nachdem festgestellt worden war, dass über mehrere Jahrzehnte Gelder der Gemeinde zweckentfremdet wurden. Zwei Beamte sollen im Laufe der Jahre mutmaßlich mehr als fünf Millionen Euro veruntreut haben. Reporter.lu hat bereits über die Vorfälle berichtet und konnte dabei auch den PwC-Bericht einsehen.

Der Bericht der Auditfirma wies auf mehrere Lücken in der Verwaltung der kommunalen Finanzen hin. Davon sollten jedoch nur die Mitglieder des Gemeinderates erfahren. Das Audit galt als vertraulich, sodass die Politiker auch nicht über dessen Inhalt mit Drittpersonen reden konnten. Die Organisation „Stop Corrupt“ versuchte deshalb über das Informationszugangsgesetz den Bericht zu erhalten. Mehr als zwei Jahre dauerten die Verhandlungen. Das Gerichtsurteil vom 9. Januar liegt Reporter.lu nun vor. Der Vereinigung wurde recht gegeben – allerdings nicht vollständig. „Das Urteil bestätigt unser Vorgehen in einigen Punkten“, verteidigt sich denn auch der Hesperinger Bürgermeister Marc Lies (CSV) im Gespräch mit Reporter.lu.

Audit als Teil des Ermittlungsverfahrens

Gemeint ist damit vor allem die Frage des Zeitpunkts der Publikation. Die Gemeinde hat den PwC-Bericht nämlich ebenfalls an den Untersuchungsrichter weitergeleitet, der für den Fall der mutmaßlichen Veruntreuung von fünf Millionen Euro zuständig ist. Dadurch sei der Bericht Teil der Ermittlungen geworden – und somit auch durch das Untersuchungsgeheimnis geschützt. Marc Lies habe damals das Innenministerium um Rat gebeten und gefragt, ob der Bericht veröffentlicht werden könnte. „Wir haben uns dann an das gehalten, was das Ministerium uns sagte“, so der Bürgermeister zur Entscheidung, das Dokument geheim zu halten.

Das Verwaltungsgericht hat diese Entscheidung zum Teil bestätigt. Da die Ermittlungen im Verfahren gegen die beiden Beamten und den Unternehmer bereits abgeschlossen sind, müsse der Bericht jetzt allerdings an „Stop Corrupt“ weitergegeben werden. Zudem sah der Vertrag zwischen der Auditfirma und der Gemeinde eine Geheimhaltungsklausel vor. Marc Lies hatte deshalb auch mit dem Innenministerium abgeklärt, ob überhaupt die Gemeinderatsmitglieder Einsicht erhalten könnten. Für das Verwaltungsgericht hatte diese Klausel keinen Bestand, da die Gemeinde nicht ausreichend erklären konnte, welche Teile des Berichts geheimhaltungswürdige Informationen beinhalten würden.

Gemeinde akzeptiert Urteil

Einige Angaben im Bericht können allerdings gegen den Datenschutz verstoßen. Das Dokument enthält etwa mehrere Firmennamen, mit denen die Gemeinde zusammenarbeitet und die Namen der Beamten der Finanzabteilung. Laut dem Urteil des Verwaltungsgerichts muss die Gemeinde diese Namen im Bericht schwärzen, bevor das Dokument an die Organisation überreicht werden kann. Zudem will die Gemeinde noch eine Einschätzung ihres Anwalts, Me Georges Pierret, zum Urteil abwarten, bevor sie der Weitergabe stattgibt.

Der Bericht soll im Übrigen anschließend nur an „Stop Corrupt“ übergeben werden. „Im Urteil steht lediglich, wir müssten es an die Organisation weitergeben“, so Bürgermeister Marc Lies. Eine eigene Veröffentlichung, etwa auf der Homepage der Gemeinde, sei zurzeit nicht vorgesehen.

Der Schöffenrat hat am Montagmorgen entschieden, nicht gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts in Berufung zu gehen, sodass dieses rechtskräftig ist. Der Strafprozess um die mutmaßliche Veruntreuung steht hingegen erst in den Startlöchern. Das Verfahren gegen die beiden ehemaligen Beamten der Gemeinde sowie einen lokalen Unternehmer beginnt am Mittwoch. Dort könnte die Frage der politischen Verantwortung des Bürgermeisters auch Teil der Verhandlungen werden.


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