Eigentlich war der Weg für das neue Lobbyregister für Parlamentarier frei. Doch nun äußert die CSV verfassungsrechtliche Bedenken und wird dabei von der DP unterstützt. Es ist zudem nicht das einzige Projekt für mehr Transparenz, das von den Parteien vertagt wird.
Die parlamentarische Prozedur ist klar geregelt. Ein Gesetzestext wird in den Ausschüssen diskutiert und nach Eintreffen der Stellungnahmen von Berufskammern und dem Staatsrat überarbeitet. Nach den letzten Änderungen nimmt der Ausschuss einen Bericht an. Der nächste Schritt ist die Verabschiedung des Gesetzes im Parlament.
Doch für das Lobbyregister läuft das Verfahren anders. Obwohl der Ausschuss den Bericht von Roy Reding (ADR) bereits angenommen hatte, kam es diese Woche nicht wie geplant zur Abstimmung. Der gesamte Text müsse überarbeitet werden, hieß es bei einer Ausschusssitzung am Dienstag. Der Grund: Ein juristisches Gutachten im Auftrag der CSV äußert mehrere grundsätzliche Bedenken. Dabei hatten die Abgeordneten der größten Oppositionspartei den Bericht mitgetragen.
„Wir haben den Bericht vielleicht etwas zu schnell angenommen“, sagt Léon Gloden (CSV) im Gespräch mit Reporter.lu. In der Partei habe man sich schon vorher Gedanken über die Verfassungsmäßigkeit des sogenannten Lobbyregisters gemacht. Die Abgeordneten sprechen bei dem Projekt lieber von einem „Transparenzregister“.
Nachdem sie zunächst dem Projekt zustimmte, blockiert die CSV nun die Einführung jenes Registers, in das sich Interessenvertreter eintragen müssen, die in Kontakt mit Abgeordneten stehen. Die Fraktion beauftragte die Anwaltskanzlei „Moyse and Associates“ mit einem Gutachten. Das dreizehnseitige Dokument, das Reporter.lu vorliegt, führt gleich mehrere Zweifel an der verfassungsmäßigen Konformität des Vorschlags auf. Allein das war ausreichend, um eine Verabschiedung der neuen Regelung zu vertagen. „Wir können uns als Parlament nicht erlauben, einen verfassungswidrigen Text anzunehmen“, so Léon Gloden weiter.
Kritisches Gutachten zum „Lobbyregister“
Die Einführung eines Registers setze voraus, dass ein Abgeordneter „sich von Interessensvertretern leiten lasse, sodass er nicht mehr im Interesse des Gemeinwohls handeln würde“, schreibt die Anwaltskanzlei in ihrem Gutachten. Das gleiche Argument war bereits aus Wirtschaftskreisen zu vernehmen. Jean-Jacques Rommes, ehemaliger Vorsitzender des Unternehmerverbands UEL, sprach gar von einem Generalverdacht gegen Lobbyisten. Somit seien die Parlamentarier auch in ihrer Ausübung des Mandats nicht mehr frei, denn auf Abgeordnete, die sich nachweislich mit Lobbyvertretern treffen, könnte öffentlicher Druck ausgeübt werden.
Es wurde schnell klar, dass CSV und DP das Dossier wieder öffnen wollen.“Sven Clement, Piratenpartei
„Bei der Pflicht des Abgeordneten, alle Treffen zu melden, müssen wir vielleicht noch nachbessern“, räumt Berichterstatter Roy Reding ein. In anderen Punkten zeigt er allerdings wenig Verständnis. Das von der CSV angeforderte Gutachten äußert nämlich auch Bedenken zum Datenschutz, da die Namen und Telefonnummern der Lobbyisten öffentlich einsehbar wären. „Das ist Schwachsinn. Wenn wir ein Transparenzregister für Besitzer von Unternehmen haben, ist das schlicht eine Ausrede“, so der ADR-Abgeordnete.
Zudem könne laut der Anwaltskanzlei die Geschäftsordnung niemanden dazu zwingen, sich in ein Register einzutragen, da die Geschäftsordnung des Parlaments nur für Parlamentarier und Mitarbeiter der „Chamber“ gilt. Genau aus diesem Grund verzichtete der Ausschuss jedoch bereits auf mögliche Sanktionen für Lobbyisten. „Das wäre durch eine Änderung der Geschäftsordnung auch nicht möglich, dafür müsste ein neues Gesetz ausgearbeitet werden“, erklärte Roy Reding vor zwei Monaten.
Es ist demnach Pflicht des Abgeordneten, vor einem Treffen zu prüfen, ob der Interessenvertreter sich tatsächlich eingetragen hat, sonst drohen ihm Sanktionen. „Uns ist es wichtig, die Abgeordneten aus der Schusslinie zu kriegen und die Lobbyisten besser zu reglementieren“, sagt hingegen Simone Beissel (DP) im Gespräch mit Reporter.lu.
CSV und DP auf einer Linie
Das Rechtsgutachten wirft zudem die Frage auf, ob der Quellenschutz für Abgeordnete durch die Eintragungspflicht aufgehoben werde. „Es gibt einen klaren Unterschied, ob ich jemanden als Vertreter einer Organisation sehe oder ob die gleiche Person mir als Bürger Informationen gibt“, sagt Sven Clement (Piratenpartei) im Gespräch mit Reporter.lu. Im Vorschlag wurde bereits festgehalten, dass die Pflicht sich nur auf tatsächliche Lobbyarbeit beziehe und nicht auf Gespräche mit Bürgern.
Im Ausschuss sorgte das Vorgehen der CSV für Unmut. Laut Roy Reding sei es etwa noch nie vorgekommen, dass ein bereits angenommener Bericht erneut auf die Tagesordnung einer Ausschusssitzung kommt und über Anpassungen diskutiert wird. „Es wurde schnell klar, dass CSV und DP das Dossier wieder öffnen wollen“, sagt Sven Clement. Die Diskussionen über den Bericht seien „sehr kontrovers“ geführt worden, so der Abgeordnete. Auch bei den beiden anderen Regierungsparteien stieß das Lobbyregister nicht auf großen Enthusiasmus. Sie hätten sich laut Clement in der Debatte zurückgehalten.
Wir können uns als Parlament nicht erlauben, einen verfassungswidrigen Text anzunehmen.“Léon Gloden, CSV
Die Zusammenarbeit zwischen CSV und DP habe allerdings keinen parteipolitischen Hintergrund. „Wir waren als Juristen erschrocken, als wir das Gutachten des Anwalts François Moyse gelesen haben“, sagt Simone Beissel. Dennoch zeichnete sich der Widerstand der Liberalen bereits ab. Die DP äußerte sich auch schon zuvor durchaus skeptisch und nutzte die Gelegenheit nun, das unbeliebte Vorhaben gemeinsam mit der CSV auszubremsen.
„Dieser Text geht zehn Mal weiter als irgendein Transparenzregister im Ausland“, sagt Simone Beissel. Sie forderte im Ausschuss deshalb, einen komplett neuen Vorschlag auszuarbeiten und wieder von vorne zu beginnen. Warum das nicht bereits früher klar wurde, erklärt die Abgeordnete mit ihrer Abwesenheit in den letzten vier Ausschusssitzungen.
Abstimmung frühestens im Oktober
Der CSV spielte bei diesem Gutachten in die Hände, dass es sich bei dem Text zum Lobbyregister um eine Änderung der parlamentarischen Geschäftsordnung handelt. Das Reglement wird zwar in der Verfassung erwähnt, ist aber kein Gesetzestext. Dadurch wird für eine Änderung auch kein Gutachten des Staatsrats benötigt, der sonst die Aufgabe übernimmt, zu überprüfen, ob ein Text im Einklang mit der Verfassung steht.
Neben den juristischen Zweifeln der CSV soll es laut der Oppositionspartei zudem administrative Hürden geben. „Auch wenn wir den Text heute verabschiedet hätten, bräuchte die Parlamentsverwaltung ein paar Monate, um das Register umzusetzen“, sagt Léon Gloden. Doch die nötigen Arbeiten wurden bereits durchgeführt. „Die Tabelle für Lobbyisten musste angepasst werden, doch das konnten wir innerhalb einer Woche erledigen“, erklärt Generalsekretär Laurent Scheeck auf Nachfrage von Reporter.lu. Der Eintragung in das Register steht demnach nur der politische Wille im Weg.
Durch die Blockade des Registers liegt allerdings eine weitere Änderung, die für mehr Transparenz sorgen sollte, für mehrere Monate in der parlamentarischen Schublade. Eigentlich sollte das Parlament auch die überarbeitete Erklärung zu den Nebeneinkünften der Abgeordneten vergangene Woche verabschieden. In der neuen Erklärung müssten die Volksvertreter alle Beteiligungen an Gesellschaften, also auch an einer „société civile immobilière“, offenlegen. Doch kurz vor der Abstimmung wurde der Vorschlag von der Tagesordnung genommen.
Es war eine Bitte von Roy Reding, auf eine sofortige Abstimmung zu verzichten. „Beide Texte hängen zusammen und gelten als Antwort auf die Kritik der Staatengruppe gegen Korruption“, erklärt der ADR-Abgeordnete. Sollte beim Transparenzregister auf Zeit gespielt werden, würde er allerdings auf einer Abstimmung des Textes zu den Nebeneinkünften im Oktober bestehen.
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