Am 5. Februar hat sich eine Vereinigung gegründet, die ausschließlich die Interessen von freischaffenden Hebammen vertritt. Während ihre Präsidentin die Notwendigkeit eines eigenen Sprachrohrs unterstreicht, zeigt sich der bisherige nationale Hebammenverband überrascht.
Etwa 230 Hebammen arbeiten in Luxemburg, knapp dreißig von ihnen auf rein selbstständiger Basis. Die seit über 100 Jahren bestehende „Association luxembourgeoise des sages-femmes“ (ALSF) setzt sich laut ihren Statuten für die Interessen aller in Luxemburg ansässigen Hebammen ein. Sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige. Der Verwaltungsrat der Vereinigung setzt sich aus angestellten und freischaffenden Hebammen zusammen.
Dennoch fühlen sich einige freischaffende Hebammen nicht angemessen vertreten und haben Anfang des Monats mit der „Association nationale des sages-femmes libérales“ (ANSFL) eine eigene Vereinigung gegründet. „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz, sondern als komplementäre Struktur“, unterstreicht Ana Rodrigues im Gespräch mit Reporter.lu.
Doch die Interessen freischaffender Hebammen und ihrer Kundschaft fänden im öffentlichen Diskurs nicht genug Gehör. „Wir möchten als eigenständiges Sprachrohr mit am Verhandlungstisch sitzen“, so die Präsidentin der neuen Vereinigung weiter. Das übergeordnete Ziel ihres Engagements sei die Wertschätzung einer „ganzheitlichen Betreuung von werdenden und jungen Müttern.“
Ausbau der präventiven Arbeit
Während angestellte Hebammen überwiegend im Krankenhaus arbeiten und ihr Tätigkeitsbereich sich um die Geburt konzentriert, arbeiten freischaffende Hebammen vor allem während der Schwangerschaft und nach der Geburt mit den Frauen zusammen, erläutert Ana Rodrigues. Um die Betreuung jedoch besser der Nachfrage und den Bedürfnissen anzupassen, sei eine Reihe von Erneuerungen vonnöten. Neben der Erhöhung der von der Gesundheitskasse erstatteten Tarife fordert der neue Verband vor allem die Ausweitung der Zuständigkeitsbereiche für freischaffende Hebammen. „Bisher muss ich Frauen für viele Untersuchungen ins Krankenhaus schicken“, sagt Ana Rodrigues, „das ist unnötig“.
Die neue Vereinigung möchte sich dafür stark machen, die präventive Arbeit auszubauen. Durch eine stärkere Betreuung während der Schwangerschaft könnten viele nach der Geburt auftretende Schwierigkeiten, wie etwa Stillprobleme oder Depressionen, vermieden werden. „Sobald eine Frau mit einem positiven Schwangerschaftstest bei ihrem Gynäkologen war, sollte sie an eine Hebamme überwiesen werden“, fordert Ana Rodrigues. Hierfür brauche es mehr Aufklärungskampagnen und Lobbyarbeit als bisher.
Abspaltung oder komplementär?
Während Ana Rodrigues immer wieder betont, dass ihr Verband eine komplementäre Interessenvereinigung sei, die die Zusammenarbeit des gesamten Sektors verstärken soll, lassen die Reaktionen von Mitgliedern der bisher bestehenden Hebammenvereinigung durchaus Zweifel aufkommen. Die von Reporter.lu kontaktierten Mitglieder zeigten sich überrumpelt und äußerten sich kritisch. „Mich macht diese Abspaltung traurig“, sagt etwa Anne Dahm, Mitglied des Verwaltungsrates der ALSF.
Weder die Präsidentin noch die Vizepräsidentin der ALSF seien im Vorfeld über die Neugründung informiert worden, heißt es. Aus diesem Grund waren sie zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht zu einer offiziellen Stellungnahme bereit. Vizepräsidentin Yolande Klein, die sowohl im Angestelltenverhältnis als auch als Selbstständige arbeitet, unterstreicht jedoch, dass sich die nationale Vereinigung seit jeher für die Interessen aller Hebammen einsetze.
Mit einer starken Stimme sprechen
„Wir sind Gesprächspartner der Krankenkasse und des Ministeriums, wir sind das Sprachrohr für alle Hebammen“, betont Yolande Klein. „Wir sind ohnehin nicht so viele, da sollten wir an einem Strang ziehen.“ Dass sie erst über die Presse von der Neugründung erfahren habe, bezeichnet sie als „schade“ und „unglücklich“.
„Es ist immer besser, mit einer vereinten, starken Stimme zu sprechen“, sagt auch Anne-Marie Hanff, Präsidentin der ANIL, der Vereinigung der Krankenpfleger und -pflegerinnen. Ehrenamtliches Engagement in Verbänden sei zeitaufwendig, da lohne es sich, die Kräfte zu bündeln. Hanff bezweifelt demnach, dass die Zersplitterung in kleinere Interessenverbände der Wertschätzung des Berufes und der Hebammen dienlich sei.
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