Die von Reporter.lu veröffentlichte Recherche zur „SuperDrecksKëscht“ beschäftigt weiter die Politik. Das Umweltministerium kündigte nun ein Audit an. Doch die Kernfrage der engen Verflechtung zwischen der Umweltverwaltung und der Firma „Oeko-Service“ bleibt brisant.
Als „Affäre Superdreckskëscht“ stand am Mittwoch ein außerordentlicher Punkt auf der Tagesordnung des parlamentarischen Umweltausschusses. Hintergrund war eine umfassende Recherche von Reporter.lu zur Funktionsweise der „Aktioun SuperDrecksKëscht“, zu der Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) vor den Abgeordneten im Detail Stellung beziehen wollte.
In der Sitzung, der neben der Umweltministerin und dem Direktor der Umweltverwaltung, Robert Schmit, auch Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) per Videokonferenz zugeschaltet war, hat das Umweltministerium zunächst eine allgemeine Präsentation gehalten, in der die Wichtigkeit der „SuperDrecksKëscht“ in der nationalen Abfallwirtschaft betont wurde.
Ein Vorgehen, das Sven Clement (Piraten) bereits heftig kritisiert: „Ich bin mir vorgekommen wie ein kleiner Junge.“ Niemand stelle den Nutzen und den Ablauf der „Aktioun SuperDrecksKëscht“ als solcher infrage, betont der Abgeordnete im Gespräch mit Reporter.lu. Es gehe bei der Affäre nicht um die Sinnhaftigkeit der Initiative an sich, sondern um die ebenso lukrative wie undurchsichtige Geschäftsbeziehung zwischen einer privaten Firma und dem Staat, so Sven Clement.
Ein Vertrag im Wert von 97,5 Millionen Euro
Auch David Wagner (Déi Lénk) bewertet die Präsentation kritisch: „Es kam mir vor, als hätten wir aneinander vorbei geredet.“ Der Parlamentarier kritisiert zudem die Informationspolitik des Umweltministeriums: „Der Vertrag zwischen der Umweltverwaltung und der Firma OSL wurde uns lediglich 40 Minuten vor der Ausschusssitzung per E-Mail zugeschickt.“
Es kann nicht sein, dass der Staat eine Firma mehrheitlich finanziert, ohne dass es darüber eine parlamentarische Aufsicht gibt.“Sven Clement, Abgeordneter (Piraten)
Auch der Vertreter der Piraten, Sven Clement, bemängelte, dass es unmöglich gewesen sei, das Vertragswerk vor der Sitzung zu bewerten. Zudem hätten beim Vertrag, der den Mitgliedern des Ausschusses geschickt wurde, vier Seiten gefehlt. „Es waren ausgerechnet jene Seiten, die die Preise der Dienstleistungen bei der Aktioun Superdreckskëscht betreffen“, so Sven Clement.
Der Vertrag aus dem Jahre 2018 zwischen der Umweltverwaltung und der Firma Oeko-Service-Luxembourg S.A. lässt sich unter diesem Link einsehen. Die jüngste Kooperation bezüglich der Ausführung der SuperDrecksKëscht hat einen Finanzierungsrahmen von 97,5 Millionen Euro und läuft noch bis Ende 2028.
Ministerium will unabhängige Prüfung abwarten
Der CSV-Vertreter Léon Gloden kritisierte zudem, dass das Umweltministerium noch kurz vor der Ausschusssitzung die Antworten auf parlamentarische Anfragen zur SuperDrecksKëscht veröffentlichte. Damit sei der Kommissionssitzung vorgegriffen worden, so die Kritik des Oppositionspolitikers. Die Ministerin habe so die parlamentarische Arbeit der Abgeordneten indirekt untergraben.
In der Tat stellte Ministerin Carole Dieschbourg kurz vor der Sitzung in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CSV-Abgeordneten Paul Galles und Léon Gloden eine unabhängige Prüfung des sogenannten „Comité de Pilotage“ der Aktioun SuperDrecksKëscht in Aussicht. Jenem Comité also, das selbst als Kontrollorgan der Aktion dienen soll und in dem neben Vertretern der Firma OSL und der Umweltverwaltung auch Vertreter der Handwerks- sowie der Handelskammer sitzen. „Aufgrund der Resultate dieses Audits entscheiden wir, ob es zu Anpassungen kommen wird oder nicht“, erklärt die Umweltministerin in ihrer Antwort.
Widersprüchliche Aussagen zur Markeneintragung
Erst auf Nachfrage der Ausschussmitglieder ging die Umweltministerin auf die einzelnen kritischen Punkte bei der Zusammenarbeit zwischen der Umweltverwaltung und der Firma Oeko-Service Luxemburg ein. Ein Diskussionspunkt waren dabei die Rechte an der Wortmarke „SuperDrecksKëscht“.
Zur Erinnerung: Gegenüber Reporter.lu hatten sowohl der Direktor der Umweltverwaltung, Robert Schmit, als auch der Geschäftsführer von Oeko-Service, Hans-Peter Walter, erklärt, dass der Staat keine Marken registrieren könne und die Rechte des staatlichen Labels deshalb in Privathand lägen.
Laut Sven Clement widersprach Wirtschaftsminister Franz Fayot dieser Darstellung allerdings während der Ausschusssitzung. Der Staat könne sehr wohl Marken eintragen und habe dies auch schon getan, wie etwa mit dem Slogan der Nation-Branding-Kampagne „Let’s Make it Happen“.
„Private Gelddruckmaschine“ bleibt im Dunkeln
Sowohl Sven Clement als auch Léon Gloden bemängelten nach der Sitzung, dass das Firmengeflecht von Hans-Peter Walter weiterhin im Dunklen bleibe. Das immer wiederkehrende Argument des Ministeriums sei dabei, dass der Staat lediglich Kunde bei der Firma Oeko-Service sei. Sven Clement bewertete diese Darstellung als zutiefst naiv und bezeichnete das Firmennetz des Unternehmers aus dem saarländischen Mettlach als „private Gelddruckmaschine“.
Es ist diese Kundenhaltung des Staates, die dem Abgeordneten der Piraten besonders sauer aufstößt: „Es kann nicht sein, dass der Staat eine Firma mehrheitlich finanziert, ohne dass es darüber eine parlamentarische Aufsicht gibt.“ Besonders wenn diese Firma den Mehrheitseignern dann auch noch Dividenden in Millionenhöhe ausschüttet.
Die OSL erklärt sich damit einverstanden, dass die Administration zusammen mit dem Finanzkontroller laut Bedarf eine Kontrolle der Rechnungen in den Büros der OSL durchführen kann.“Vertrag zur Ausführung der SuperDrecksKëscht
Auch das persönliche Verhältnis zwischen dem Direktor der Umweltverwaltung und dem Unternehmer Hans-Peter Walter sieht der Abgeordnete kritisch. Zur Erinnerung: Sowohl Walter als auch Robert Schmit hatten zugegeben, dass ihre Beziehung nicht nur geschäftlicher Natur sei. Sie seien auch gut befreundet. Der Sohn des Direktors der Umweltverwaltung wurde von Walter als Leiter der Akademie der SuperDrecksKëscht eingestellt. Der saarländische Unternehmer ist zudem Patenonkel von Schmits Tochter.
Die Frage sei letztlich eine deontologische, die Sven Clement folgendermaßen herunterbricht: „Ich will wissen, wie oft der Direktor der Umweltverwaltung und die Gebrüder Walter gemeinsam Urlaub gemacht haben.“
Eine Forderung, bei der sich alle drei Abgeordneten der Oppositionsparteien einig sind, ist jene, dass die Ausführung der Aktioun SuperDrecksKëscht in staatliche Hand gehöre. Sven Clement und Léon Gloden sprachen sich gegenüber Reporter.lu für die Schaffung eines „Établissement public“ aus.
Modalitäten des Audits noch nicht geklärt
Zahlreiche Fragen, die Reporter.lu aufgeworfen hatte, bleiben dagegen weiter ungeklärt. So ist noch offen, ob es im aktuellen Gesetzentwurf zu Anpassungen bei der Abfallwirtschaft kommt. Darin vorgesehen sind unter anderem Sammlungen von Problemabfällen in Supermärkten.
Zudem ist unklar, ob das in Aussicht gestellte Audit lediglich die Abläufe im „Comité de Pilotage“ untersucht oder auch Einsicht in die Finanzen von Oeko-Service Luxembourg erhält. Wie Reporter.lu berichtete, hatten die letzten zwei Bilanzen nur ein eingeschränktes Gutachten vom zuständigen Prüfer erhalten, weil Forderungen in Höhe von mehr als drei Millionen Euro nicht verifiziert werden konnten.
Das Umweltministerium und die Umweltverwaltung unterstrichen vor der Veröffentlichung der Recherche im Gespräch mit Reporter.lu, dass der Staat lediglich Kunde bei der Firma Oeko-Service Luxembourg sei und demnach eine detailliertere Finanzkontrolle nicht möglich sei. Ein Sprecher des Umweltministeriums bestätigte nun auf Nachfrage, dass man im Ministerium derzeit prüfe, welche Bereiche der Aktioun SuperDrecksKëscht genau im Rahmen des Audits unter die Lupe genommen werden sollen.
Einen Hinweis darauf, dass eine stärkere Kontrolle von Oeko-Service Luxembourg (OSL) nicht nur möglich, sondern vorgesehen ist, gibt indes der Vertrag zwischen der Umweltverwaltung und der Firma OSL. Unter Punkt 4.6 „Finanzkontrolle“ heißt es nämlich: „Die OSL erklärt sich damit einverstanden, dass die Administration zusammen mit dem Finanzkontroller laut Bedarf eine Kontrolle der Rechnungen in den Büros der OSL durchführen kann.“
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