Elternzeit für Politiker? Ein legaler Rahmen wird in Luxemburg momentan heiß diskutiert. Dabei bräuchte es den gar nicht. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass die Vereinbarung von Politik und Familie auch ohne neue Regeln möglich ist. Ein Kommentar.

Politik ist kein Beruf. Es ist ein Amt auf Zeit. Es ist eine bewusste Entscheidung, sich für die Interessen der Bürger einzusetzen.

Ein Mandat lässt sich deshalb nicht gleichsetzen mit dem Job eines Lehrers, Bäckers oder Bankers. Einen Beruf übt man aus, um sich sein Leben zu finanzieren. Abgeordnete hingegen werden von den Wählern beauftragt. Sie sind keine Angestellten, sondern bekommen die Aufgabe, die Bürger im Parlament zu vertreten.

Durch die Forderung nach Elternzeit für Politiker werden politisches Amt und Beruf miteinander vermischt. Konkret geht es um die Frage, warum es keinen legalen Rahmen für Frauen gibt, die während ihrer Amtszeit schwanger werden. Soweit, so richtig.

Wenn nicht in der Politik, wo dann?

Würde sich die Frage darum drehen, ob Frauen ein Anrecht auf Mutterschaftsurlaub (Congé de Maternité) haben, ist die Antwort ganz einfach. Jede Frau hat eine Babypause verdient. An dieser Stelle könnte man über Änderungen diskutieren.

Darüber hinaus lässt die Arbeit im Parlament aber bereits viel Flexibilität zu. Mehr als in so manchem Beruf. Ein Mandat kommt formell einer 20-Stunden-Woche gleich. Hinzu kommen außerparlamentarische Termine, die aber – genauso wie die Präsenz im Parlament – flexibel einteilbar sind. Ein Elternurlaub ist überflüssig. Vor allem: Der Platz im Parlament ist gesichert, ebenso wie das Grundgehalt von 7.200 Euro brutto pro Monat.

Die Abwesenheit bei Sitzungen ist theoretisch kein Problem. Wer fehlt, muss lediglich ein Formular ausfüllen, um sich zu entschuldigen. Das Mandat ist demnach gesichert – außer, man fehlt während zwei aufeinanderfolgenden Sitzungsperioden mehr als die Hälfte der Zeit.

Die Rahmenbedingungen, um Kind und Mandat unter einen Hut zu bekommen, könnten demnach kaum besser sein. Faktisch besteht bereits heute die Möglichkeit, sich eine Auszeit zu nehmen.

Das Ausland zeigt, wie es geht

Dass es zur Vereinbarkeit von Familie und Amt keinen Elternurlaub braucht, zeigen andere Beispiele. Die italienische EU-Abgeordnete Licia Ronzulli saß sechs Wochen nach der Geburt ihrer Tochter wieder im Parlament – mit Baby auf dem Arm. Tammy Duckworth war zehn Tage nach der Geburt von Töchterchen Maile Pearl wieder im US-Senat. Auch sie brachte ihr Neugeborenes mit – eine Premiere.

Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern war sechs Wochen nach der Geburt wieder im Amt. Zuvor hatte sie sich gewünscht, dass das Parlament babyfreundlicher wird. Ihr Wunsch wurde offenbar erfüllt. Denn seitdem gibt es dort eine entsprechende Infrastruktur, Kinder sind erlaubt – so, dass alle Frauen profitieren können.

Keine Entweder-oder-Frage

Es ist also eine Frage der politischen Kultur. Sie zeigt: Einfach machen, ist die beste Strategie. Frauen wie Tammy Duckworth und Jacinda Ardern werden dafür gefeiert, dass sie Kinder haben UND sich politisch engagieren. Ganz selbstverständlich. Beides wird so gut wie möglich vereint – auch ohne gesetzlichen Elternurlaub.

Dieser Spagat ist möglich. Die beiden Politikerinnen sind der Beweis dafür. Sie setzen damit ein Zeichen des Fortschritts und der modernen Emanzipation. Auf nichts verzichten müssen und auf nichts verzichten wollen. Weder auf Familie noch auf Politik.

Kind oder Politik? Das muss keine Entweder-oder-Frage sein. Vor allem nicht in einem parlamentarischen System, das so flexibel ist und so viel Sicherheit bietet, dass es doch eigentlich gar keinen Elternurlaub braucht.