Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer freitags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Politiker im Wahlkampf-Wahn und ein geläuterter LSAP-Spitzenkandidat.
Endspurt. Noch gut zwei Wochen, dann sind Wahlen. Endlich, möchte man fast sagen. Doch bis es soweit ist, präsentieren, feiern und weihen Politiker alles ein, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Einladungen für Pressetermine flattern praktisch im Sekundentakt in die Redaktionen, eine Wahlveranstaltung jagt die nächste. Ganz schön viel, ganz schön anstrengend.
Nur nicht für die Politiker. Dass jeder noch so kleine öffentliche Termin wichtig für sie ist, versteht sich natürlich von selbst. Sie wollen konkrete Beispiele? Bitteschön: Innenminister Dan Kersch hat es sich nicht nehmen lassen, zwei neue Rettungsfahrzeuge des CIS Düdelingen einzuweihen, Infrastrukturminister François Bausch hat sich bei der Präsentation einer Studie zu Radwegen in Esch ablichten lassen und Lydie Polfer, Laurent Mosar und Martine Mergen (um nur einige zu nennen) klammerten sich bei der feierlichen Eröffnung des Parkhauses im Royal Hamilius für die Fotografen gemeinsam an das rote Einweihungsband. Die Rede ist hier wohlgemerkt nicht von der Eröffnung des kompletten Gebäudes entlang des Boulevard Royal – sondern lediglich eines PARKHAUSES.

Bei so vielen Terminen kann man schon mal gerne die Übersicht verlieren. Gut, dass die Wochenzeitung « Woxx » sich des Themas angenommen und gleich eine ganze « Hitliste der Einweihungen » in beeindruckender Detailverliebtheit ausgearbeitet hat.
Die Rückkehr des « Superturmes »
Claude Turmes hatte ja im Laufe seiner Karriere so manch einen Namen: von « Superturmes » bis « Mr. Energy ». Noch vor einigen Wochen war der « Eurofighter » das Gesicht der Energiewende – der Kämpfer für eine etwas grünere Welt.
Dann kam er zurück nach Hause. Schon fast dachte man, Luxemburg bekomme ihm nicht. Der sonst so farbenfrohe « Tuerm » trägt auf einmal dunkle Anzüge und weiße Hemden. Ja, nicht einmal die Brille ist mehr bunt.
In Brüssel, da war das anders. In der Nähe des Europäischen Parlaments, wo es von geschniegelten, äußerst wichtig aussehenden dunklen Anzugträgern nur so wimmelt, waren Turmes bunte Hemden wie eine nette grüne Morgenbrise. Hat die Regierung den « Mr. Energy » etwa gezähmt, dachte sich sicher so manch ein Wähler und Turmes-Fan.
Doch « Superturmes » ist zurück: In parteigrünem T-Shirt und enger Hose hilft Turmes seiner Wählerschaft zu Frieden und Gelassenheit… beim Yogakurs am Samstagmorgen. Nichts wie hin, also ab ins Ösling zum Sonnengruß mit all jenen unter Ihnen, die « Mr. Yogi » live und in grüner Farbe beim Krieger, Baum und Hund begleiten wollen.

Sich für nichts zu schade sein
Wer es nicht so mit Wahlkampf-Yoga hat und trotzdem ein bisschen Aufmerksamkeit braucht, organisiert einfach eine Pressekonferenz. Die werden mittlerweile auch abgehalten, wenn es gar nichts zu verkünden gibt. Das mag nicht unbedingt neu sein, doch je näher die Wahlen rücken, desto mehr solcher Termine finden statt. So geschehen bei der Präsentation der Bodycams für Polizisten im Bahnhofsviertel. Etienne Schneider, unter anderem Minister für Innere Sicherheit, hat sie diese Woche der Presse vorgestellt. Gestartet wird das Pilotprojekt allerdings frühestens im Frühling 2019 – und das womöglich unter einem anderen Minister.
Was die Pressekonferenz dann überhaupt soll, wollen Sie wissen? Mit dieser Frage sind Sie nicht alleine. Aber so kurz vor den Wahlen darf man sich als Politiker eben für nichts zu schade sein. Oder zumindest für fast nichts. Ein gewisser Spitzenkandidat hat sich REPORTER-Informationen zufolge aber eine klare rote Linie gezogen. Er würde vor den Wahlen nicht noch schnell « jede Toilette einer Sporthalle » einweihen, dafür habe er auch gar keine Zeit. Na, wenigstens etwas.
Etienne kann nicht leben ohne… Chauffeur
Ob mit oder ohne Toiletteneinweihung, einer rannte diese Woche von einem Termin zum nächsten: Vizepremier Etienne Schneider. Obwohl, eigentlich rennt er gar nicht selbst. Viel lieber lässt er andere für sich rennen. Das offenbarte der LSAP-Spitzenmann im « Schnellcheck » bei Eldoradio. Der Moderator wollte von ihm wissen, ohne was er nicht leben könnte. Schneiders bescheidene Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: « Meinen Chauffeur. » Ein Mann des Volkes eben.
Der Vizepremier gab noch mehr Anekdoten zum Besten. Und zwar solche, die sich im Gedächtnis festklammern. Anders als der zahme Claude Wiseler, hatte Etienne Schneider eine etwas ausgefallenere Antwort auf die Frage « Wat ass dat verrecksten, wat Dir an ärem Liewen gemaach hutt? ». Nach einer kurzen Denkpause kommt es faustdick. « Ich hatte meinen älteren Bruder mal mit der Hand an den Tisch getackert », sagt er. Im Nachhinein tue ihm die Aktion aber leid –besser wäre es gewesen, seinen jüngeren Bruder festzutackern. « Dann wären die Konsequenzen wahrscheinlich weniger schlimm gewesen. » Eines muss man ihm lassen: Schlagfertig ist er.
„Wahrscheinlich bin ich immer noch arrogant“
Das bewies er auch am Dienstag beim « REPORTER Live »-Interview. Die ominösen 60 Milliarden Euro an Steuergeldern, die der Joghurthersteller Fage angeblich in Luxemburg gezahlt haben soll und von denen Schneider so gerne spricht? « Mea culpa für diese Zahl », lenkte Schneider ein: « Sie können mir glauben: Ich hätte sie nicht genannt, wenn ich nicht überzeugt gewesen wäre, dass sie richtig ist », sagte er REPORTER-Journalist Christoph Bumb. Wer noch nicht genug von Etienne hat, hier das Video des gesamten Interviews – uncut.
Offen bekannte er sich bei « REPORTER Live » auch zu einer Verlängerung der Dreierkoalition (« Wenn ich mir unsere Bilanz anschaue, dann lautet das Motto: Never Change a Winning Team ») und zu seinem Wunsch, vielleicht nach diesen Wahlen endlich Premierminister zu werden. « Deemools krut ech virgeheit ech wär en arroganten Iesel », kokettierte Schneider. Seine Schlagfertigkeit paart der « Straighttalker » jedenfalls punktuell auch mit erfrischender Ehrlichkeit: « Wahrscheinlich bin ich noch immer arrogant. »
Ein Außenseiter, der keiner sein will
Auch LSAP-Urgestein Jean Asselborn ist für eine Weiterführung des blau-rot-grünen Gewinner-Teams. Als Außenminister ist er rund um den Globus gereist, nach « Gambia » hat er es aber noch nie geschafft, wie er während einer Fahrt im « Waltaxi » von RTL verrät. Die Hauptstadt des afrikanischen Landes kennt er auf jeden Fall nicht. Auf diese Frage hin, tippte er auf Bangui. Richtig ist aber Banjul. Knapp daneben. « Et ass mer awer egal », sagt « de Jang » kurz und knapp.
Jean Asselborn ist übrigens nicht der treueste REPORTER-Leser. Unser Asselborn-Porträt « Der Außenseiter » habe er « nicht ganz » gelesen, sagte er « RTL ». Und weicht dann vom Thema ab. Sozialisten seien keine Außenseiter, so sein Argument. Dass es in unserem Artikel nicht um Asselborn als Sozialisten, sondern um ihn in seiner Rolle als Außenminister und eigenwilliges Regierungsmitglied geht, blendet er in seiner Antwort aus. Die Moderatorin hakt also noch einmal nach. Dann: « Ich bin kein Außenseiter. Ich bin kein Einzelkämpfer. Ich habe meine Arbeit getan, so gut wie ich konnte. »
Und er will weitermachen. Dieses Jahr würde er zum achten Mal in den Wahlkampf ziehen, so Asselborn nicht ohne Stolz. Als passionierter Radfahrer hat er Ausdauer – auch in der Politik. « Wat wier eng Demokratie ouni Walen? Dat ass jo de Pepp. » Und ein bisschen « Pepp » alle fünf Jahre muss ja auch reichen.