Bis Ende des Jahres muss die Regierung ihren Energie- und Klimaplan abschließen. Für den Entwurf gibt es Lob angesichts der sehr ambitiösen Ziele. Doch die EU-Kommission sowie Luxemburger NGOs kritisieren, dass nicht klar ist, wie der Plan zur Realität werden soll.
Im Februar stellten Umweltministerin Carole Dieschbourg sowie Energieminister Claude Turmes (beide Déi Gréng) den Entwurf für Luxemburgs Energie- und Klimaplan vor. Beide waren sehr zufrieden. « Die Regierung hat in diesem Entwurf ganz klar Farbe bekannt. Wir haben uns eine klare Zielsetzung gegeben. Wir gehen diese Herausforderung wie immer an: ambitiös, Hand in Hand und realistisch », so Dieschbourg.
Doch eine Schwachstelle wurde noch während der Pressekonferenz offenkundig: Wie soll der Plan finanziert werden? Denn einerseits wird der Staat massiv etwa die Elektromobilität subventionieren, andererseits durch die Reduzierung des Tanktourismus Einnahmen verlieren.
Doch das war eine Frage, die Claude Turmes nicht schmeckte: « Beim Klimaschutz geht es um die Lebensgrundlage der Menschheit. Man kann immer versuchen, alles in Euro zu rechnen. Aber ein extremes Wetterevent in Luxemburg, bei dem es Tote gibt: Wie drückt man das in Euro aus? » Außerdem habe bei der Ausarbeitung die Zeit gefehlt, diese « Details » zu klären, so der Energieminister im Februar.
Gemischte Reaktionen und offene Kritik
Wie alle EU-Mitgliedstaaten muss Luxemburg bis zum 31. Dezember dieses Jahres einen nationalen Energie- und Klimaplan vorlegen. Dieses Dokument definiert dann die Klimapolitik bis 2030. Damit dieser Plan ausreichend diskutiert werden kann, sollten die EU-Länder bereits Ende 2018 einen Entwurf veröffentlichen. In Luxemburg verzögerte sich dies bis Ende Februar, weil die neue Regierung erst im Dezember antrat und das Koalitionsabkommen von Blau-Rot-Grün II die großen Linien festlegte. In weniger als fünf Monaten muss dann die endgültige Fassung stehen.
Papier ist geduldig. »Votum Klima
Teil der Prozedur ist auch, dass die Europäische Kommission den Entwurf bewertet und nötige Anpassungen vorschlägt. Die im Juni veröffentlichte Einschätzung des luxemburgischen Plans fällt gemischt aus. Die Kommission lobt das Ziel, die CO2-Emissionen um 50 bis 55 Prozent gegenüber 2005 zu senken – das, obwohl Luxemburg nur zu 40 Prozent verpflichtet ist. Doch es fehlt dem zuständigen Kommissar Miguel Arias Cañete unter anderem die finanzpolitische Analyse. Außerdem sei beim angestrebten Ausbau der erneuerbaren Energien alles andere als klar, wie die Regierung die Ziele erreichen will.
Diese Kritik teilt die Plattform « Votum Klima », die 23 Luxemburger NGOs von ASTM über Greenpeace bis Vegan Society umfasst. « Papier ist geduldig. So tendenziell positiv die Ziele, die sich die Regierung gegeben hat, auch sind, […], so unklar bleibt, wie die Zielvorgaben erreicht werden sollen », heißt es in einer Pressemitteilung vom März.
Wirkung und nötige Investitionen bleiben unklar
Das, was Claude Turmes als Detail abtut, ist der EU-Kommission überaus wichtig. Luxemburg wird aufgefordert, « eine umfassende Bewertung des gesamten Investitionsbedarfs zur Erreichung der Ziele sowie Informationen über die Finanzierungsquellen bereitzustellen, die für die Umsetzung der bestehenden und geplanten Politiken und Maßnahmen mobilisiert werden sollen. » Tatsächlich umfasst der aktuelle Entwurf zahlreiche und potenziell teure Maßnahmen wie etwa die finanzielle Hilfe beim Kauf eines Elektroautos oder die Förderung energetischer Sanierungen.
Die nötigen Investitionen auch außerhalb der staatlichen Zuschüsse zu benennen, sei absolut notwendig, betont die Kommission. Nur so wüssten Investoren, woran sie sind, und könnten Mittel für die Energiewende mobilisieren. In Luxemburg werden Interessenten jedoch auf den endgültigen Plan warten müssen.
Auch die Wirkung der geplanten Klimaschutzmaßnahmen haben Umweltministerin und Energieminister bisher nicht untersucht. Das entsprechende Kapitel zur Folgenabschätzung ist im Entwurf leer. Es sei nötig, die Folgen der Maßnahmen auf das Wirtschaftswachstum, soziale Aspekte oder den Arbeitsmarkt zu untersuchen.
Im Gegenzug fehlen im Entwurf die Auswirkungen bereits laufender Entwicklungen auf die Erreichbarkeit der Ziele – ein Aspekt, den Brüssel ebenfalls kritisiert. Bei der Vorstellung im Februar war etwa die Frage aufgekommen, wie der Strombedarf des geplanten Google-Datenzentrums sich auswirken würde. Experten gehen davon aus, dass Google aus dem Stand zu einem der größten Stromverbraucher hierzulande avancieren würde. Turmes meinte dazu, das habe man nicht berücksichtigt, da Google noch kein fertiges Projekt vorgelegt habe.
Ohne Maßnahmen steigt CO2-Ausstoß des Verkehrs
Ein weiteres Manko aus Sicht der Europäischen Kommission: Es fehle eine Liste der Fördermaßnahmen für fossile Brennstoffe (« energy subsidies ») und wie diese beendet werden solle. Es geht aus der Bewertung aus Brüssel nicht hervor, was darunter fallen könnte. Doch im gleichen Themenfeld kritisiert die OECD Luxemburg für die niedrigen Abgaben auf Sprit sowie die steuerliche Förderung von Firmenautos. Der Fakt, dass Luxemburg Diesel weniger besteuert als Benzin, könnte ebenfalls als Fördermaßnahme gelten.
Tatsächlich steht dieses Problem im Zentrum der luxemburgischen Klimasorgen. Wie ehrgeizig der Klimaplan ist, wird bei der Mobilität deutlich. Beim Szenario « business as usual » würden die CO2-Emissionen von Autos, LKWs und Tanktourismus von 5,6 Megatonnen CO2 in 2020 auf 6,3 Megatonnen 2040 steigen – ein Plus von zwölf Prozent. Da der Anteil des Transportsektors insgesamt über zwei Drittel der Treibhausgase in Luxemburg ausmacht, würde Luxemburg seine Klimaziele also weit verfehlen.
Es braucht also gerade Maßnahmen beim Verkehr. Die Erhöhung der Spritpreise vom Mai dieses Jahres sind im Entwurf angekündigt. Ob es weitere Maßnahmen gegen den Tanktourismus geben wird, geht dagegen nicht klar aus dem Entwurf des Klimaplans hervor.
Ähnlich vage bleibt die weitere Förderung der Elektromobilität. Die Regierung will sich das Ziel setzen, dass der Fahrzeugbestand im Land 2030 zu 49 Prozent aus Elektroautos und Plug-in-Hybriden besteht. Diese enorme Steigerung soll über finanzielle Anreize passieren. An dieser Stelle lässt sich die äußerst hohe Ambition des Plans veranschaulichen: In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden 31.123 neue Autos registriert. Davon waren gerade einmal 925 Elektroautos und Plug-in-Hybrid-Modelle.