Seit über sechs Jahren läuft am Bezirksgericht Luxemburg ein Prozess über die Verantwortung in der spektakulären Pleite des Lebensversicherers Excell Life. Lange ging es größtenteils um Verfahrensfragen. Währenddessen schaffen Gerichte in Belgien Fakten.

Die Affäre um toxische Versicherungen rund um den Luxemburger Versicherer Excell Life hat zahlreiche Verzweigungen. Während in Luxemburg seit über sechs Jahren zivile Prozesse laufen, zogen Richter im belgischen Turnhout die ersten strafrechtlichen Konsequenzen. Luxemburger Finanzmanager, die für den Verlust von 20 Millionen Euro bei Excell Life mit verantwortlich sind, wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

103 meist belgische Kunden von Excell Life klagten 2012 gegen die Aufsichtsbehörde Commissariat aux Assurances (CAA) und EY, den Buchprüfer des Lebensversicherers. Beide hätten es versäumt, die Pleite der Gesellschaft zu verhindern und Unregelmäßigkeiten aufzudecken.

Der Prozess sorgte Anfang 2018 für Aufsehen, weil die Anwälte der betrogenen Anleger erreichen wollten, dass die zuständige Richterin vom Fall abgezogen werden. Sie habe eine klare Feindseligkeit gegenüber den Klägern gezeigt, erklärte der Anwalt François Moyse in einer Anhörung im März 2018. Solche Anträge wegen Befangenheit sind äußerst selten.

Befangenheitsantrag scheitert

Die Anwälte der Anleger wollten verhindern, dass das Gericht die Klagen gegen EY und CAA getrennt behandelt, wie es die Richterin angeordnet hatte. Doch sie scheiterten mit diesem Versuch: Der Antrag auf Befangenheit der Klägerseite wurde abgelehnt. Die Vorsitzende der 17. Kammer des Bezirksgerichts Luxemburg zog sich dann selbst vom Fall ab. Nun liegt er vor der 1. Kammer, aber beide Klagen werden getrennt behandelt. Die Aufteilung sollte dazu führen, dass die Prozeduren schneller abgeschlossen werden könnten. Doch beide laufen weiter.

Gerade den Anwälten von EY warfen die Kläger eine „Salamitaktik“ vor. Tatsächlich ging es in diesem Prozess lange um Verfahrensfragen. Die Vertreter von EY zweifelten in mehreren Punkten an, ob die Excell-Life-Kunden überhaupt das Recht auf eine Klage hätten. Bei der Frage der Zulässigkeit ging es auch um den Punkt, ob nur die Insolvenzverwalter von Excell Life gegen EY wegen möglicher Fehler vorgehen könnten.

Am 6. Februar lehnte die 1. Kammer des Bezirksgerichts die Klage von 103 Privatpersonen und zwei Unternehmen schließlich als unzulässig ab.

Der Anwalt der Kläger, Robert Wtterwulghe, argumentierte in der Sitzung vom 9. Januar, dass das Argument falsch sei: EY habe Unregelmäßigkeiten verschwiegen, die Excell Life begangen habe. Die Insolvenzverwalter würden mit einer Klage dem Unternehmen schaden, das sie schützen müssen. Das bedeute: Nur die früheren Kunden könnten EY zur Verantwortung ziehen.

Ein weiterer Streitpunkt zeigt, warum die Dauer des Prozesses zum Problem wurde: EY warf der Gegenseite vor, mehrere der Kläger seien verstorben und könnten entsprechend nicht Teil des Verfahrens sein. Moyse und Wtterwulghe entgegneten, dass sie inzwischen die Erben als Kläger eingetragen hätten.

Strafrechtliche Aufarbeitung schreitet voran

Ein Lichtblick ist, dass die möglichen Verantwortlichen für das Desaster inzwischen strafrechtlich belangt werden. Ein Urteil im belgischen Turnhout verhängte mehrjährige Haftstrafen gegen zehn beteiligte Manager. Im belgischen Nivelles sowie in Spanien laufen weitere Verfahren.

Ob das die Verantwortung von CAA und EY klärt, ist allerdings eine andere Frage. Die belgischen Richter sahen ausreichend Beweise für ein klar betrügerisches Handeln bei Fonds, in die Excell Life investierte und deren Manager mit dem Unternehmen eng verbunden waren. Doch ist das ein Hinweis, dass die Beschuldigten so kriminell handelten, dass weder die Behörde noch der Buchprüfer in Luxemburg dies erkennen konnten? Oder heißt es, dass der Betrug so offensichtlich war, dass sie Augen fest verschlossen, um ihn nicht zu sehen? Zumindest im Fall EY wird das nun nicht mehr geklärt.

Richtigstellung: In einer ersten Version des Artikels fehlte die Information, dass ein Urteil zur Frage der Zulässigkeit im Fall EY am 6. Februar 2019 gesprochen wurde. Der Text wurde entsprechend ergänzt. 


 

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