Konzerne sollen öffentlich machen, wo sie welche Gewinne und Steuern verbuchen. Am Donnerstag fand sich im EU-Ministerrat erstmals eine Mehrheit für diese zusätzliche Transparenz in der Steuerpolitik. Luxemburg vollzog eine Kehrtwende und will in der Frage nicht mehr blockieren.
Jubel in der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten, Zähneknirschen in Luxemburg: Das öffentliche „country-by-country reporting“ (CBCR) fand unter den EU-Wirtschaftsministern eine breite Zustimmung. Mehrere Regierungen hatten zuvor ihre Position geändert. Luxemburg wechselte von einem klaren „Nein“ zu „nicht mehr Nein“. Die Regierung wolle sich dem Vorschlag nicht mehr entgegenstellen, sagte Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP). Er betonte das Engagement der Regierung für mehr Transparenz in Steuerfragen.
Konkret geht es um die Offenlegung von Umsätzen, Gewinnen und Steuerzahlungen pro Land, in dem Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz aktiv sind. Diese Daten werden bereits erhoben und zwischen den Steuerbehörden ausgetauscht. Nun geht es aber um die Veröffentlichung der Informationen. Die Offenlegung soll helfen festzustellen, wenn Konzerne Steuern vermeiden, indem sie Gewinne künstlich verlagern.
Finanzminister Pierre Gramegna (DP) argumentierte in der Vergangenheit immer wieder, dass es wettbewerbsschädigend sei, wenn die EU in diesem Punkt vorpresche. Er sprach sich für einheitliche Regeln auf OECD-Ebene aus.
„Koalition der Steueroasen“
Vor allem stört die Regierung sich daran, dass diese neuen Transparenzregeln nicht im Rat der Finanzminister (Ecofin) beschlossen werden, sondern im Wettbewerbsrat. Der Vorwurf ist, dass die Europäische Kommission damit bewusst das Vetorecht in der Steuerpolitik umschiffen wolle. Der Vorschlag habe die falsche Rechtsgrundlage, kritisierte denn auch Franz Fayot in der Sitzung am Donnerstag. Er bedauere, dass sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten über ein negatives juristisches Gutachten hinwegsetzten.
Steuerpolitische Fragen müssten unter den Vertragsregeln für Steuerpolitik beschlossen werden – sprich mit Vetorecht. Das sei eine Prinzipienfrage und sei nicht verhandelbar, hieß es kategorisch in einer Stellungnahme der Regierung.
Luxemburg schloss sich deshalb einer gemeinsamen Erklärung von sieben Ländern an, die ihren Widerstand gegen diese Rechtsgrundlage bekräftigten. Zu dieser Gruppe gehörten ebenfalls Irland, Zypern und Malta. Wie in der Vergangenheit wurde dies von Befürwortern der Transparenzregeln als „Koalition der Steueroasen“ verstanden. Allerdings teilen etwa auch Schweden und Tschechien die Bedenken.
Ein Sonderfall ist Deutschland: Die Bundesregierung stimmte gegen die neuen Transparenzregeln, weil zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD Uneinigkeit in diesem Punkt herrscht. Während der Ratspräsidentschaft Deutschlands kam das Thema nicht auf die Agenda. Portugal nutzte nun die erste Gelegenheit während seinem Ratsvorsitz.
Einigung im Juni erwartet
Am 3. März ist die nächste Sitzung der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper), bei der die Zustimmung des informellen Treffens formell beschlossen werden soll. Es ist unklar, ob Luxemburg sich dann enthalten oder mit Ja stimmen wird. Auf Nachfrage von Reporter.lu sagte ein Sprecher des Finanzministeriums, es gelte die Haltung, dass Luxemburg nicht blockiere.
Portugal erwartet, dass die Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission anschließend bis Juni abgeschlossen werden könnten, berichtete „Euractiv“.
Es ist das absehbare Ende eines sehr langen Prozesses: Den ursprünglichen Vorschlag legte die Europäische Kommission im April 2016 vor. Es war eine direkte Folge des Luxleaks-Skandals Ende 2014. Die Entstehungsgeschichte und der Wille von Blau-Rot-Grün, am Steuerveto festzuhalten, erklärt die langjährige Blockadehaltung Luxemburgs.