Ab diesem Sommer sollen acht EU-Staaten elektronische Patientendaten austauschen – auch Luxemburg nimmt teil. Dabei fehlt hierzulande nach wie vor die gesetzliche Grundlage und das Gesundheitsministerium behandelt den Datenschutz stiefmütterlich.

Erster Termin beim neuen Orthopäden. Mein Fuß zwickt schon seit langem und gibt einfach keine Ruhe. Beim Hausarzt war ich schon – der hat ausgiebig untersucht und bereits Röntgen und Laborwerte anfertigen lassen. Das sieht auch der Orthopäde, nachdem er einen kurzen Blick in meine elektronische Patientenakte geworfen hat. Er kann sofort da ansetzen, wo mein Hausarzt aufgehört hat. Und ich brauche nicht erst lange erzählen, was schon alles gemacht wurde oder was mein Hausarzt sagt. Dieses Szenario könnte dann Realität werden, wenn das Projekt „dossier de soins oartagé“, kurz DSP, endlich ins Rollen kommt. Doch es hakt an mehreren Fronten.

Ein Rückblick: Im Januar hatten der Verband der Pflegedienstleister COPAS, der Ärzteverband AMMD sowie das Syndikat der Apotheker in der Sache die Europäische Kommission eingeschaltet. Ärzte, Apotheker und Pflegedienstleister bezweifelten, dass die großherzogliche Verordnung, die als Grundlage für die Patientenakte dienen soll, konform mit der EU-Datenschutzgrundverordnung GDPR sei. Sie appellierten an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das doch bitte zu prüfen.

In der elektronischen Patientenakte werden die Gesundheitsdaten eines Patienten gebündelt, die dann zwischen medizinischen Fachkräften innerhalb Luxemburgs – aber auch über die Landesgrenzen hinaus – ausgetauscht werden können. Die technische Umsetzung übernimmt die eigens dazu gegründete Agentur „eSante“.

Bedenken der Datenschutzkommission

Doch zur Zeit ist dies immer noch nur im Rahmen einer 2015 gestarteten Pilotphase der Fall. Rund 10.000 elektronische Dossiers wurden damals eingerichtet. Weitere 23.000 DSPs kamen seither dazu – unter fragwürdigen Bedingungen, wie das „Land“ im Februar berichtete.

Über die geplante großherzogliche Verordnung sollen die DSP zur nationalen Norm werden. Nach dem Prinzip des ‚Opt-Out’ soll für jeden Patienten eine Akte geöffnet werden. Dieser wird danach darüber in Kenntnis gesetzt und kann im Rahmen einer gesetzten Frist die Schließung seiner Akte fordern. Ob dies und weitere Aspekte des Textes die Datenschutzgrundverordnung respektieren, bezweifeln AMMD, COPAS und die Apotheker.

Ein paar Monate später hat sich nicht viel an der Situation geändert. Die Datenschutzgrundverordnung ist seit heute in Kraft. Die großherzogliche Verordnung hingegen nicht. Erst lag der Text bei der nationalen Kommission für Datenschutz (CNPD), die im April ihre Stellungnahme abgegeben hat – und mit Blick auf die GDPR so einige Unzulänglichkeiten vermeldete. Nun liegt der Entwurf beim Staatsrat. Es heißt also abwarten. Auch auf Juncker wird gewartet. Bisher hat die Kommission nicht auf die Beschwerde von den Ärzten, Apothekern und der COPAS reagiert.

Gesundheitsministerin hält an Plänen fest

„Wir starten noch dieses Jahr mit der Umsetzungsphase“, ist sich die Gesundheitsministerin hingegen sicher. Lydia Mutsch (LSAP) hebt im Gespräch mit REPORTER die Bedeutung der elektronischen Patientenakte hervor. „Wir müssen den Menschen jetzt die Angst nehmen und ihnen erklären, dass die Patientenakte ein digitales Hilfsmittel ist, das den Patienten zugutekommt“, sagt die Ministerin.