Hebammen fühlen sich in Luxemburg unterrepräsentiert. Durch eine neue Reglementierung sollten sie ab diesem Jahr mehr Anerkennung bekommen und mehr Zeit mit den Schwangeren verbringen können. Probleme gibt es dennoch.
Es ist ein echtes Überraschungsmoment: Erst zum Zeitpunkt der Geburt lernt eine Schwangere ihre Hebamme kennen – und soll dann von ihr unterstützt werden. Das schwierige daran: Die Hebamme weiß nicht, wie die Frau tickt, wie emotional sie ist, wie ihre Schwangerschaft bisher verlaufen ist. Und auch die Frau weiß nicht, wer ihr gegenübersteht. Sie hatten davor keine Zeit sich kennenzulernen, sich auszutauschen, sich zu erklären. So dass im Kreißsaal in der Regel zwei fremde Personen aufeinander treffen.
Das Problem lag bisher an der Luxemburger Gesetzgebung und beim Rückerstattungssystem der Gesundheitskasse. Dadurch wurde die Zeit, die eine Schwangere mit ihrer Hebamme verbringt, stark eingegrenzt und nur wenig wurde von der Gesundheitskasse erstattet.
Vor der Geburt kümmerte sich vor allem der Gynäkologe um die Betreuung der Schwangeren. Die Hebamme blieb außen vor. „Ich sehe die meisten Frauen erst im Kreißsaal“, so Anne Dahm von der Association Luxembourgeoise des Sages-Femmes. Das sollte sich mit einer Aufwertung der Gesundheitskasse ändern.
Verbesserungen auf dem Papier
Im Januar dieses Jahres setzte das Ministerium für soziale Sicherheit eine Aufwertung der Leistungen für Hebammen in Kraft. Hatte eine Schwangere bis dahin nur einen pränatalen Sprechstundentermin mit einer Hebamme, der erstattet wurde, sind seit Januar fünf weitere hinzugekommen. Sie werden allerdings nur übernommen, wenn der Arzt sie verordnet.
Das zuständige Ministerium verbucht die Ausweitung der Unterstützung als Erfolg. Es sei eine „große Verbesserung in diesem Sinne für die werdende Mutter“, heißt es in einer schriftlichen Antwort. Die Frau könne die Hebamme kennen lernen und mit ihr „über ihre Sorgen und Probleme“ sprechen.
Auch die postnatale Pflege zu Hause (die sogenannten „Forfaits pour soins post-partum“) wurde verbessert. Die Betreuung durch eine Hebamme zu Hause wurde von maximal zehn Tagen auf 15 Tage verlängert, unabhängig von der Aufenthaltsdauer der Frau im Krankenhaus. In schwierigen Fällen kann eine Frau laut Ministerium eine Wochenbettpflege von 21 Tagen in Anspruch nehmen.
Hört sich positiv an, ist es laut Anne Dahm aber nur bedingt. „Eigentlich werden wir noch mehr eingeengt, weil wir für unsere Leistungen auf eine Verordnung des Arztes angewiesen sind“, sagt die Hebamme. Es sei aber nicht so einfach, diese zu bekommen, weil niemand über die Änderungen in der Liste der Akte in Kenntnis gesetzt worden ist. „Wir haben oft das Gefühl, dass die neuen Regelungen zwar gelten, aber nicht richtig von den Betroffenen gelesen worden sind“.
Mehr Zeit mit der Schwangeren
Und ein Problem bleibt auch weiterhin bestehen: Die Hebamme, mit der sich die Frau vor der Geburt zur Beratung trifft, muss nicht die sein, die sie später auch im Kreißssaal begleiten wird. Dort kommt die Hebamme zum Einsatz, die Schicht hat. Das Konzept der Beleghebamme, wie es beispielsweise in Deutschland besteht, gibt es in Luxemburg nicht. Dort kann eine Frau schon während der Schwangerschaft ihre eigene Hebamme aussuchen. Sie wird dann auch während der Geburt dabei sein und post-natal bei der Familie zu Hause.
„Natürlich würden wir uns mehr Zeit mit den Frauen wünschen“ , so Anne Dahm. „Dafür fehlt es uns aber an Personal und an Zeit. Wir rennen von Frau zu Frau, weil es nicht anders geht.“ Daran könnten auch die Verbesserungen nichts Grundlegendes ändern. Wodurch dieser Mangel besteht? Einerseits legen die Krankenhäuser fest, wie viel Personal sie einstellen wollen. Andererseits ist laut Anne Dahm auch der Verdienst immer noch ein Problem. „Natürlich ist es gut, dass unser Beruf aufgewertet wird, man muss aber auch davon leben können.“
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