Die Regierung stellt die Eckpunkte ihrer Impfstrategie vor. Es geht um Logistik und viel Geld, aber auch um die Frage, wer zuerst geimpft werden soll. Luxemburg will beim Pflegepersonal ansetzen und auf diese Weise einen Schutzwall um Risikogruppen ziehen.

Ab Ende Dezember oder Anfang Januar soll die Covid-19-Impfkampagne mit dem Gesundheitspersonal starten. Die Beschäftigten in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Pflegediensten haben Vorrang, erklärten Premierminister Xavier Bettel (DP) und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Freitag auf einer Pressekonferenz. Das Personal sei im engsten Kontakt mit Risikogruppen und selbst dem Virus mehr ausgesetzt, so die Begründung. So solle ein „cordon sanitaire“ um die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen gezogen werden. Erst in einer zweiten Phase sollen die Bewohner von Pflege- und Altersheimen, also die Risikogruppen selbst, geimpft werden.

Fünf Impfzentren werden nach und nach öffnen, heißt es weiter zur staatlichen Impfstrategie. Zusätzlich sind sechs mobile Teams geplant, die in den Pflegeheimen zum Einsatz kommen. Mit dem Ärzteverband AMMD unterzeichnete die Gesundheitsministerin bereits eine Konvention, die sicherstellen soll, dass genügend Ärzte in den Impfzentren arbeiten.

Die Regierung stützt sich mit ihrer am Freitag beschlossenen Strategie auf ein Gutachten des nationalen Ethikrates. Am Freitagabend war die Stellungnahme des Ethikrates allerdings noch nicht öffentlich verfügbar. Die Begründung der Experten lässt sich deshalb nicht im Detail nachvollziehen. Laut Premier Xavier Bettel werden die nächsten Gruppen, die geimpft werden sollen, erst in einer weiteren Phase definiert. Noch stehe zudem die Zulassung der Impfstoffe durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) aus.

Das Problem der verfügbaren Dosen

2019 gab es in Luxemburg 15.000 Personen, die einen reglementierten Gesundheitsberuf ausübten. Dazu kommen laut einer Studie knapp 2.000 Ärzte. Allerdings gibt es in Pflege- und Altersheimen auch nicht-medizinisches Personal, das laut der Logik der Regierung ebenfalls vorrangig geimpft werden müsste. Laut des Dachverbandes Copas beschäftigt die Branche insgesamt 11.000 Mitarbeiter.

Das bedeutet aber, dass es mit den ersten Lieferungen an Impfdosen bereits eng wird. Die Regierung erwartet zwischen 30.000 und 40.000 Dosen in einer ersten Phase. Die Zahlen würden sich zwar noch von Tag zu Tag ändern, sagte der Premier. Allerdings sehen die Impfstoffe von Moderna und Pfizer/Biontech jeweils zwei Dosen pro Person vor. Das bedeutet, dass mit der ersten Lieferung maximal 20.000 Personen geimpft werden könnten – also weniger als es Personal in den Kliniken und Heimen gibt.

Ob es prioritäre Gruppen innerhalb des Pflegepersonals geben wird, müsse man noch entscheiden, sagte die Gesundheitsministerin auf Nachfrage. Man diskutiere noch mit den betroffenen Strukturen über die detaillierte Organisation.

Unterschiedliche Strategien in der EU

Mit der Priorität für das Gesundheitspersonal geht Luxemburg indes einen anderen Weg als etwa Frankreich. Die französische „Haute Autorité de Santé“ sieht vor, dass die Bewohner von Pflegeheimen als allererste geimpft werden. Der Grund: Sie hätten das höchste Risiko, an den Folgen von Covid-19 zu sterben. Pflegemitarbeiter über 65 Jahre oder mit einer Vorerkrankung sollen ebenfalls absolute Priorität haben. Erst in einer dritten Phase will Frankreich das gesamte Gesundheitspersonal impfen lassen.

Auch Spanien setzt in einer ersten Phase auf Impfungen der Bewohner und des Personals von Pflegeheimen. Andere EU-Mitgliedstaaten haben in diesem Punkt noch keine Strategie definiert, ergab eine Umfrage der EU-Behörde ECDC.

In Frankreich und Spanien hat in der Impfstrategie die Prävention von Todesfällen also Priorität. Luxemburg setzt dagegen laut Bettel und Lenert darauf, den Betrieb des gesamten Gesundheitssektors abzusichern. Über zwei Drittel der an Covid-19-Verstorbenen war in Luxemburg älter als 79 Jahre. 2020 lebten laut Statec in Luxemburg knapp 25.000 Personen über 80.

Budget von 16,5 Millionen Euro eingeplant

Die Regierung hat sich gegenüber den Herstellern verpflichtet, 1,3 Millionen Impfdosen zu kaufen. Damit könnten mehr als 800.000 Menschen geimpft werden. Ein Nachtrag zum Budgetgesetz sieht vor, dass der Staat insgesamt zwei Millionen Dosen kaufen wird. Knapp die Hälfte soll über den Haushalt 2020 abgewickelt werden.

Für 2021 rechnet die Regierung mit Kosten von 16,5 Millionen Euro, davon 13 Millionen Euro für eine Million Impfdosen. Weitere 3,5 Millionen Euro sind vorgesehen, um das Programm in die Praxis umzusetzen. Dazu zählen laut Regierung auch eine Kommunikationskampagne sowie die Bezahlung von Experten. Für die Bürger ist die Impfung kostenlos und es gibt keine Pflicht, sich impfen zu lassen, betonten die Minister.