Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren zu den sogenannten „Chamber-Leaks“ eingestellt. Laut Claude Biver, einem der ehemals verdächtigten Journalisten, sei das zwar eine gute Nachricht. Allerdings sei es nun am Parlament, den tatsächlichen Skandal aufzuklären.
Der Fall der „Chamber-Leaks“ wird zu den Akten gelegt – zumindest was die Untersuchung der Justiz betrifft. In einem Presseschreiben teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit, dass es in diesem Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Strafverfolgung gebe.
Der Hintergrund: „Radio 100,7“ hatte im März 2018 eine weitreichende Sicherheitslücke auf der Webseite der Abgeordnetenkammer enthüllt. Eine Reihe von nur für den internen Gebrauch des Parlaments bestimmten Dokumenten waren über die Internetadresse der Chamber frei zugänglich. Das Parlament zeigte daraufhin mit Jean-Claude Franck und Claude Biver zwei Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Ebenso ermittelte die Justiz gegen Unbekannt. Im Laufe der Ermittlungen kam es bei „Radio 100,7“ zu einer Hausdurchsuchung.
In einer Stellungnahme begrüßt der Radiosender die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig kritisiert er die einseitige Ermittlung gegen die beiden Journalisten als „unverhältnismäßig“. Man habe nichts Illegales gemacht, sondern sei nur seiner journalistischen Pflicht nachgekommen, so „Radio 100,7“.
„Mit aller Wucht des Rechtsstaates verfolgt“
Obwohl der juristische Teil der Affäre jetzt eingestellt wurde, hinterlässt die Angelegenheit auch für Claude Biver einen bitteren Beigeschmack. „Wir haben nichts Verbotenes getan, wir sind keine Hacker, und doch wurden wir mit aller Wucht des Rechtsstaates verfolgt“, so der Journalist, der gemeinsam mit Chefredakteur Jean-Claude Franck das Datenleck beim Parlament offen gelegt hatte. Zudem schicke der Vorgang eine „klare Botschaft an andere Journalisten“, was geschehen kann, wenn sie ihre Arbeit machen.
Denn nichts anderes habe man getan, beteuert Claude Biver im Gespräch mit REPORTER. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, sagt er. „Wir haben durch Zufall ein Problem entdeckt, das sich als systematische Sicherheitslücke herausgestellt hat. Daraufhin haben wir das Parlament und die ganze Öffentlichkeit darauf hingewiesen.“ Deshalb „würden wir heute wieder genauso handeln“ wie damals, so Biver.
Alle Dokumente, auf die man im Zuge des „Lecks“ Zugriff hatte, sind laut Biver übrigens längst gelöscht worden. Allerdings seien weitere Publikationen aus den „Chamber-Leaks“ nicht ausgeschlossen. Man sei bei der Recherche auf „ein, zwei Themen“ gestoßen, an denen die Journalisten weiter arbeiten wollen.
Der eigentliche Skandal der „Chamber-Leaks“
Ein zentraler Aspekt sei in der ganzen Affäre aber bis heute unterbelichtet, sagt Claude Biver. Und zwar die Verantwortung des Parlaments. Ein Audit sei zwar in Auftrag gegeben worden, um die Sicherheitslücken im eigenen Informatiksystem zu analysieren. Doch das Bewusstsein um die Tragweite des Problems sei bei den Verantwortlichen lange nicht vorhanden gewesen, kritisiert der Journalist. Das zeige sich etwa an der Tatsache, dass erst jetzt, ganze 16 Monate nach Offenlegung des Lecks, zwei IT-Sicherheitsexperten eingestellt werden sollen.
Wie die Verantwortlichen der Verwaltung mit dem Skandal umgingen, sei „eines Parlaments nicht würdig“, sagt Claude Biver. Der eigentliche Skandal sei jedenfalls, dass die Volksvertretung zulassen konnte, dass höchst vertrauliche Dokumente öffentlich zugänglich waren. Jetzt, wo die Untersuchungen der Justiz ins Nichts geführt hätten, müsse sich der Akzent der Debatte verschieben, so Biver. „Die Chamber ist jetzt in der Bringschuld. Sie muss ihre Probleme in den Griff bekommen, und zwar in maximaler Transparenz.“
Der Präsident der Abgeordnetenkammer sowie die Parlamentsverwaltung waren am Donnerstag nicht für eine Reaktion zu erreichen. Präsident Fernand Etgen (DP) wolle jedoch demnächst zur Sache eine Stellungnahme abgeben, heißt es auf Nachfrage von REPORTER.
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