Die Regierung arbeitet weiter an der Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch. Größte Hürde bleibt dabei der internationale juristische Rahmen. Die Lösung könnte ein zeitlich begrenztes und demnach wieder umkehrbares Pilotprojekt sein.

Trotz Pandemie hat die Regierung die Legalisierung von Cannabis noch nicht abgeschrieben. Dies betonte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Donnerstag bei einer Debatte zum Thema im Parlament. Die interministerielle Arbeitsgruppe zur Legalisierung habe seit September 2020 fünf Mal getagt. Zudem würden derzeit sieben spezifischere Arbeitsgruppen an technischen Fragen zur Legalisierung arbeiten. Eine erste Bilanz der Arbeit dieser Gremien stellte die Gesundheitsministerin derweil für Juni in Aussicht.

Die Kritik des CSV-Abgeordneten Claude Wiseler, dass für eine Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch noch zu viele Fragen offen seien, wies Paulette Lenert dabei zurück. „Offene Fragen sind kein Grund aufzugeben“, so die Ministerin.

Besonders der internationale Rechtsrahmen scheint der Regierung bei der Legalisierung jedoch weiterhin Sorgen zu bereiten. Denn eigentlich hat sich Luxemburg sowohl international als auch auf EU-Ebene verpflichtet, im Umgang mit Cannabis auf Repression zu setzen. Dies sieht sowohl die UN-Drogenkonvention als auch der Schengen-Vertrag vor. Ein Punkt, den auch Claude Wiseler in seiner Argumentation gegen die Legalisierung anführte: „Wie sollen wir von anderen Ländern verlangen, sich an internationale Konventionen zu halten, während wir selbst dagegen verstoßen?“

Vorreiter Niederlande

Der Regierung scheint dieser Widerspruch bewusst zu sein. Die Legalisierung sei ein rechtlicher „Drahtseilakt“, räumte Paulette Lenert ein. Auch Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) bezeichnete den internationalen Rechtsrahmen als „sensibelsten Punkt“ bei einer Reform der Cannabis-Gesetzgebung. Deshalb stehe die Regierung in regem Austausch mit den internationalen Partnern und insbesondere den Nachbarstaaten, erklärte die Justizministerin den Abgeordneten.

Grund zur Hoffnung geben dabei die Niederlande. Seit 2018 läuft dort ein Pilotprojekt in zehn Städten. Die lokalen „Coffeeshops“ verkaufen ausschließlich Cannabis aus staatlich kontrolliertem und lizenziertem Anbau. Bisher operierte der Cannabis-Handel in den Niederlanden in einer rechtlichen Grauzone. Der Verkauf und Konsum von Gras wurde toleriert, doch der kommerzielle Anbau war untersagt. Die Lieferungen an die Coffeeshops waren demnach streng genommen illegal. Durch den staatlich kontrollierten Anbau soll dieser Schwarzmarkt unterbunden werden.

Die Niederlande hätten einen Vorsprung von rund zwei Jahren beim staatlich kontrollierten Cannabis-Anbau, betonte Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Luxemburg könne bei der Ausarbeitung der eigenen Regulierung von diesen Erfahrungen profitieren. „In den Niederlanden liegen bereits zahlreiche rechtliche Einschätzungen und ein Gutachten des dortigen Staatsrates vor. Darauf können auch wir aufbauen“, erklärte die Gesundheitsministerin.

Legalisierung auf Zeit

Der Abgeordnete der Piraten, Sven Clement, kritisierte den protektionistischen Charakter der Legalisierung: „Ich verstehe nicht, wieso Bürgern nicht erlaubt wird, selbst Cannabis anzubauen.“ Für Sam Tanson liegt darin jedoch der Kompromiss, den man mit den Nachbarstaaten finden müsse. Nur wenn der Anbau und die Abgabe von Cannabis streng kontrolliert würden, könne man Drogentourismus unterbinden. Deshalb soll der Verkauf auch in jedem Fall nur Personen erlaubt werden, die ihren Wohnsitz in Luxemburg haben.

Laut einem ersten Konzeptpapier, das Reporter.lu vorliegt, plant die Regierung in 14 Verkaufsstellen vor dem Verkauf Identitätskontrollen durchzuführen. Dazu müssen Kunden ihren Personalausweis vorlegen. So soll unter anderem verhindert werden, dass Käufer mehr als 30 Gramm Cannabis im Monat beziehen. Die Verkäufer sollen die Personendaten dann in eine Datenbank übertragen, wo die Informationen pseudonymisiert gespeichert werden.

Wohl auch um die Bedenken der Nachbarstaaten weiter zu entkräften, stellte Justizministerin Sam Tanson eine Legalisierung auf Zeit in Aussicht: „Wenn wir zunächst ein zeitlich begrenztes und reversibles Pilotprojekt ausarbeiten, können wir durchaus eine Einigung mit unseren Nachbarstaaten finden.“

Generell stießen die Bemühungen zur Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch auf Wohlwollen im Parlament. Sowohl die Mehrheitsparteien DP, LSAP und Déi Gréng als auch die Piraten und Déi Lénk sprachen sich für die Legalisierung aus. Die CSV lehnt eine solche Reform kategorisch ab. Auch die ADR sieht noch viel Klärungsbedarf, um einer Legalisierung eventuell zuzustimmen. Eine Motion der Grünen-Abgeordneten Josée Lorschée, die die Regierung in ihren Reformbemühungen unterstützt, erhielt mit 33 Ja-Stimmen und 27 Nein-Stimmen Zustimmung.


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