Bisher hielt die Regierung ihre Erhebungen über die erwartbare Belegung der Krankenhäuser mit Covid-19-Patienten unter Verschluss. Das Parlament wurde nun über die wichtigen Daten zur Pandemie unterrichtet. Die Projektionen deuten auf eine leichte Entspannung der Lage hin.
Die Krankenhäuser seien „am absoluten Limit“, aber man erhoffe sich in den kommenden Tagen eine Entspannung der Lage: Mit diesen Worten erklärte Paulette Lenert Ende der vergangenen Woche die Haltung der Regierung, bis auf Weiteres keine neuen Maßnahmen in der Coronavirus-Pandemie zu beschließen.
Bisher war für die Öffentlichkeit schwer auszumachen, auf welche Daten und Einschätzungen sich die Gesundheitsministerin bei ihren hoffnungsvollen Aussagen genau beruft. Die Antwort gab die Ministerin am vergangenen Freitag, als sie im zuständigen parlamentarischen Ausschuss erstmals aktuelle Projektionen über die Belegung der Krankenhausbetten präsentierte. Dabei handelt es sich insbesondere um Simulationen der „Inspection Générale de la Sécurité Sociale“ (IGSS), welche die Ministerin auf Anfrage der CSV-Fraktion herausgab.
Höhepunkt könnte bereits erreicht sein
In dem Dokument, das Reporter.lu vorliegt, beruft sich das Ministerium auf die Statistiken der IGSS, wonach sich die Belegung der Kliniken in den kommenden Wochen stabilisieren könnte. Demnach müssten über die nächsten Wochen maximal 160 Covid-19-Infizierte im Krankenhaus behandelt werden, etwa 40 Patienten würden auf die Intensivstation entfallen. Die Simulationen vom 6. November decken sich nahezu exakt mit den aktuellen Zahlen, die die Regierung für den 8. November publizierte.
Demnach lässt sich aus den Projektionen ablesen, dass der Höhepunkt der Behandlungen von Covid-19-Patienten bereits erreicht sein könnte. Die Datensimulation basiert jedoch auf mehreren Annahmen. Während die Covid-19 Task Force mit einem Höchstwert von 950 Neuinfektionen für die kommende Woche rechnet, schätzt die IGSS ihrerseits, dass sich täglich etwa 650 Menschen infizieren würden. Dieser Wert entspricht in etwa dem Mittelwert der letzten Woche. Zudem bleibt laut der Prognose der Anteil der Infizierten im Alter von über 65-Jahren bei etwa 13,5 Prozent. Dies ist ausschlaggebend, da bis zu 75 Prozent der Covid-Patienten dieser Alterskategorie zuzuordnen sind.
Widersprüchliche Quellen und Messungen
Allerdings sind ausgerechnet diese Annahmen fraglich. „Die Zahlen basieren stets auf den letzten verfügbaren Daten“, erklärt Thomas Dominique, der Direktor der IGSS im Gespräch mit Reporter.lu. Die Projektion wird seit August fortlaufend mit den Statistiken des Vortages aktualisiert und nimmt stets an, dass die Lage im Vergleich zur Vorwoche unverändert bleibe. Demnach geht das Modell von einer konstanten Entwicklung aus, die zwangsläufig zu einer Stabilisierung der Lage führt. Tatsächlich steigt jedoch seit Wochen der Anteil der über 65-Jährigen unter den Infizierten. Das Ministerium hofft, dass durch ein breitflächiges Testen in den Altersheimen ein weiterer Anstieg vermieden werden kann. Bis jetzt zeichnet sich dies jedoch noch nicht in den Daten ab.
Als Randnotiz werden im IGSS-Bericht weitere Messungen und Projektionen der Covid-19 Task Force sowie des „Luxembourg Institute of Technology“ erwähnt. Zudem tauchen in einer Grafik die Simulationen von Marcel Kramer, Direktor des Lycée classique de Diekirch auf. Der studierte Physiker veröffentlicht in den sozialen Medien regelmäßig seine eigenen Erhebungen über den Verlauf der Pandemie.
„Phase 4“ in den Kliniken nicht imminent
Weder das LIST noch die Task Force publizieren allerdings Daten über die Belegung der Betten in den Krankenhäusern. Gleichzeitig scheint dies jedoch der entscheidende Faktor für die Politik zu sein. Der Regierung bleibt also nichts anderes übrig, als sich in diesem fundamentalen Punkt alleine auf die Daten der IGSS zu berufen.
Gegenüber dem Ausschuss erklärte Paulette Lenert zudem, was die weiteren Phasen des Stufenplans für die Kliniken beinhalten. Demnach müsste ab 42 Intensiv- und 164 belegten Krankenhausbetten bereits die vierte Phase eingeleitet werden. Zu dem Zeitpunkt werden ausschließlich „Notfälle und akute Operationen garantiert“, heißt es im Bericht des Gesundheitsministeriums.
Noch vor einer Woche befürchtete Paulette Lenert, dass die nächste Phase „bald“ eingeleitet werden müsse. In den letzten Tagen konnte dies noch knapp vermieden werden, da die Intensivstationen ihre Kapazitäten nicht voll ausschöpfen mussten. Die Projektionen der IGSS schätzen, dass man sich weiterhin auf diesem schmalen Grat zwischen den beiden Phasen bewegen wird.
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