In den Notaufnahmen sind die Wartezeiten lang und das Personal gestresst. Doch warum sind die Unfallstationen überfüllt? Für welche Patienten sind sie die erste Anlaufstelle? Und wie funktionieren sie überhaupt? Die aktuelle Lage im Überblick.

Seit Jahren ist bekannt: Wer in die Notaufnahme kommt, braucht Geduld. Die Wartezeiten betragen dort im Schnitt etwa drei Stunden – es kann aber auch schon mal länger dauern. Denn Luxemburgs Unfallstationen sind gut besucht: Alleine 2016 wurden dort 312.109 Patienten versorgt.

Die Politik hat das Problem erkannt und verspricht jetzt Hilfe. Anhand eines Audits haben Gesundheits- und Sozialversicherungsministerium im Jahr 2017 130 Maßnahmen ausgearbeitet, die das System auf lange Sicht entlasten sollen. Unter anderem soll die Wartezeit von aktuell drei auf maximal 2,5 Stunden reduziert werden. Innerhalb von zehn Minuten soll jeder Patient eine erste Einschätzung seines Krankheitsbildes bekommen.

Wie  lange ein Patient warten muss, hängt aber auch vom Schweregrad seiner Verletzung oder Krankheit ab. Nach einer ersten Einschätzung werden Patienten in den Notaufnahmen nämlich in fünf unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Wer in Kategorie eins fällt, muss schnell behandelt werden; wer in Kategorie fünf fällt, muss sich gedulden.

Wer kommt in die Notaufnahme?

Dass die Notaufnahmen überlastet sind, hat mehrere Ursachen. Zum einen sind sie nicht nur Anlaufstelle für Luxemburger und in Luxemburg lebende Ausländer, sondern auch für Grenzgänger, die hierzulande arbeiten und versichert sind. Letztere machen aber nur einen Bruchteil der Patienten aus (siehe Grafik).

Zum anderen kommen viele Patienten in die Notaufnahmen, die auch bedenkenlos von einem Hausarzt behandelt werden könnten. Denn nicht jeder Notfall ist auch wirklich ein Notfall. Warum also sofort ins Krankenhaus? Der Grund ist oft mangelndes Wissen über das Luxemburger Gesundheitswesen. Zugezogene oder Grenzgänger haben häufig keinen Hausarzt in Luxemburg und wählen stattdessen in einem Krankheitsfall automatisch den Gang in die Notaufnahme.

Demnach profiteren auch viele leicht Erkrankte von der Unfallversorgung. Einer von fünf Patienten in den Notaufnahmen gehört laut Gesundheitsministerium nicht dorthin. „Die Menschen müssen darüber ins Bild gesetzt werden, dass eben nicht immer die Notaufnahmen die erste und vor allem die richtige Anlaufstelle für sie ist“, sagte auch Dr. Guillaume Steichen, Generalsekretär der Association des Medecins et Medecins Dentistes (AMMD) vor einigen Wochen im Gespräch mit REPORTER. Damit die Menschen besser informiert werden, arbeiten das Gesundheits- und das Sozialversicherungsministerium an einer Aufklärungskampagne. Sie soll bald veröffentlicht werden, heißt es aus dem Sozialversicherungsministerium.

Problematisch ist auch, dass es für ältere Menschen keine Alternative zur herkömmlichen Notaufnahme gibt. Dabei bräuchten sie für ihre Bedürfnisse eigentlich eine spezifische Betreuung. „Viele ältere Patienten kommen in die Notaufnahme, weil sie sich schlecht fühlen“, so Dr. Simon, Leiter der Notaufnahme im CHL. Um ihr Krankheitsbild genau festlegen zu können, braucht es oft Zeit. Im CHL sind etwa zwölf Prozent der Patienten über 75 Jahre alt – und die Zahl würde weiter steigen, so Dr. Simon. „Wie die Bevölkerung werden auch die Patienten in den Krankenhäusern immer älter.“ Dafür müsse eine eigens für sie angepasste Struktur her. Eine solche ist auch in den 130 Maßnahmen des Gesundheits- und Sozialversicherungsministeriums vorgesehen. Wann sie kommen soll, steht jedoch noch nicht fest.

Notaufnahme oder Maison Médicale?

In Luxemburg gibt es neben den Notaufnahmen drei Maisons Médicales. Eine in direkter Nähe zum Krankenhaus in Ettelbrück, eine in Luxemburg-Stadt und eine in Esch, nicht weit vom Centre Hospitalier Emile Mayrisch gelegen. Die Maison Médicale soll nicht die Notaufnahme ersetzen, sondern den Patienten einen Bereitschaftsdienst bieten, wenn die Hausarztpraxen geschlossen sind. Sprich, an den Abenden, in der Nacht und an den Wochenenden. Hier können die Patienten hin, die sonst ihren Hausarzt aufsuchen würden. Die Maisons Médicales sind aus dem Grund in Nähe eines Krankenhauses angesiedelt, um Patienten möglichst schnell dorthin zu schicken, falls sie nicht vor Ort behandelt werden können. Weil viele Patienten dieses System aber nicht kennen oder nicht nutzen, gehen sie stattdessen in die Notaufnahmen – und müssen dort wahrscheinlich um einiges länger warten, als in der Maison Médicale.

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