An Ideen und Idealismus mangelt es Déi Lénk nicht. Sie leisteten eine solide Oppositionspolitik. Ihr Wahlprogramm enthält alte Kamellen aber auch Punkte, mit denen sie die linke Konkurrenz – besonders die Grünen – herausfordern. Eine Analyse.

„Ech hoffen, mir hunn dat gutt gemaach. Ech mengen et ass plus ou moins gaangen“, lautete die etwas zurückhaltende Bilanz von David Wagner, einem der beiden Abgeordneten von Déi Lénk. Es waren tatsächlich keine einfachen fünf Jahre. Als kleinste Oppositionspartei fanden sie mit CSV und ADR nur selten gemeinsame Anliegen. Und die um Zusammenhalt bemühten Koalitionsfraktionen schmetterten jeden noch so sinnvollen Vorschlag von Déi Lénk ab.

Die Kommunalwahlen im vergangenen Oktober verliefen für die Linkspartei enttäuschend. In der Stadt Luxemburg stagnierten sie bei knapp sieben Prozent. In Esch/Alzette gab es ein leichtes Minus. Dabei erlebten sie 2013 bei den Parlamentswahlen einen Höhenflug – von drei Prozent 2009 auf knapp fünf Prozent und zwei Sitze.

Für die nächsten fünf Jahre wünschen sie sich eine Stärkung, um ihre Oppositionsrolle besser wahrnehmen zu können. Das klingt ganz anders als etwa bei den Grünen. Diese pflegen das Motto, in fünf Jahren in der Regierung mehr erreicht zu haben als in 30 Jahren Opposition.

Vorschläge zur Wohnungsmarktkrise

Doch die Opposition hat in einer Demokratie eine wichtige Rolle. Sie soll und muss die regierenden Parteien an ihre Verantwortung erinnern und im besten Fall Lösungen vorschlagen. Déi Lénk haben diesen Anspruch zumindest erfüllt, was die Wohnungsmarktkrise betrifft. Während andere Parteien etwa bei der Orientierungsdebatte Anfang März lediglich zahlreiche Lösungsansätze streiften, waren Déi Lénk deutlich konkreter. Sie legten gleich zwei Gesetzesvorschläge vor.

Zum einem wollen sie einführen, dass der Vermieter die Maklergebühr der Immobilienagentur zahlt und nicht der Wohnungssuchende. Diese Regelung gilt in allen Nachbarländern und wäre eine Entlastung für Mieter. Zusätzlich wollen Déi Lénk die Höhe der Mietgarantie begrenzen. Die Berufskammer und der Staatsrat begutachteten den Vorschlag, doch die Mehrheitsparteien verhinderten eine weitere Debatte.

Als einzige linke Opposition im Parlament sind Déi Lénk offensichtlich ein Dorn im Fleisch jener Parteien, die sich ebenso als links definieren.“

Der zweite Vorschlag von Déi Lénk enthält eine Mietpreisbremse, die die aktuelle unwirksame Regelung deutlich verschärft. Obwohl LSAP und DP ebenfalls die mangelnde Kontrolle der Höhe der Mieten kritisieren, so wurde doch der Vorschlag von David Wagner und Marc Baum nicht einmal in der zuständigen Parlamentskommission diskutiert. Nun stehen beide Vorschläge im Wahlprogramm von Déi Lénk.

Gegen die „heilige Allianz“ in der Steuerpolitik

Ganz alleine standen Wagner und Baum  in der Frage der Steuerpolitik. Wie ihre Vorgänger Justin Turpel und Serge Urbany zu Beginn der Legislaturperiode hinterfragten sie immer wieder die Politik der überwältigenden Mehrheit gegenüber dem Finanzplatz.  So stimmten etwa 58 der 60 Abgeordneten am 22. Dezember 2016 für eine Stellungnahme, die sich in deutlichen Worten gegen die geplante EU-Steuerharmonisierung ausspricht. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine gleichförmige Besteuerung von Konzernen sei ein Eingriff in ein „fundamentales Element der Souveränität der Mitgliedstaaten“.

Entsprechend fordern Déi Lénk im Wahlprogramm „die traditionelle Haltung Luxemburgs gegen jeglichen Fortschritt bei der Steuerharmonisierung (zu) beenden“. Sie gehen gar einen Schritt weiter, denn sie wollen „eine Exit-Strategie aus besonders schädlichen Steuernischen des Finanzsektors“.

Déi Lénk hätten sich mehrmals in der Legislaturperiode gegen die „heilige Allianz“ zwischen allen anderen Parteien in der Steuerpolitik stellen müssen, sagte Wagner bei der Bilanzpressekonferenz. Getrennt sind LSAP und Déi Gréng allerdings kritischer und setzten sich vom diesem Bündnis ab. Die Grünen sind dann doch für eine EU-Steuerharmonisierung, die LSAP ist für eine Finanztransaktionssteuer. In diesem Punkt sind Déi Lénk als einzige linke Opposition im Parlament offensichtlich ein Dorn im Fleisch jener Parteien, die sich ebenso als links definieren. Auch wenn ihre Kritik unter Wagner und Baum manchmal etwas sachlich fundierter hätte sein können.

Die gefällige Oppositionsrolle

Andrerseits kann eine Partei wie Déi Lénk auch vieles fordern – im Wissen kaum in die Lage zu kommen, es auch wirklich umsetzen zu müssen. Dazu zählen etwa alte Kamellen wie die Abschaffung der Nato oder mindestens der Austritt Luxemburgs aus dem Militärbündnis.

Unter die folgenlosen Forderungen fallen auch die Vorschläge zu Sozialpolitik: Den sozialen Mindestlohn um 16 Prozent erhöhen, eine 32-Stunden-Woche bis 2030 bei vollem Lohnausgleich, ein Wartegehalt für jene, die keine Arbeit finden usw. Die genannten Optionen zur Gegenfinanzierung sind dagegen dürftig. Sie bedienen dann auch eher die Klischees à la „Rüstungsausgaben stoppen!“ Dennoch setzen diese Vorschläge die LSAP unter Druck.

Allerdings üben sich Déi Lénk auch in Realismus. In ihrem Wahlprogramm stellen sie klar, dass sie keinen „brutalen“ Abbau des Finanzplatzes wollen, weil dies „zweifelsohne eine weitreichende ökonomische und soziale Krise heraufbeschwören würde“. Dennoch fällt auf, dass sie – genau wie andere Parteien – kaum konkrete Vorschläge machen, wie Luxemburgs Wirtschaft ohne Finanzaktivitäten aussehen könnte.

„Sozio-ökologische Transition“

Ein großes Leitbild zeichnet sich jedoch im linken Wahlprogramm ab. Der Begriff der „sozio-ökologischen Transition“ taucht gleich 15-mal im Text auf. „Dabei geht es darum, wirtschaftliche Aktivitäten zu entwickeln in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft, öffentliche Verkehrsmittel, Ressourcenschonung, biologische Landwirtschaft, usw.“, erklären Déi Lénk.

Für linke Parteien, die sich europaweit jahrzehntelang schwer taten mit ökologischen Themen, ist diese Ausrichtung durchaus bemerkenswert. Auffällig ist auch, dass Katy Fox, die Begründerin der „Transition“-Bewegung in Luxemburg, auf der Nord-Liste von Déi Lénk kandidiert. Transition setzt sich lokal für eine nachhaltige Umgestaltung der Gesellschaft und gerade der Landwirtschaft ein. Die Bewegung wird von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) oft als Vorbild genannt.

Für linke Parteien, die sich europaweit jahrzehntelang schwer taten mit ökologischen Themen, ist diese Ausrichtung durchaus bemerkenswert.“

Unter dem Titel „Ernährungswende jetzt!“ liefern Déi Lénk einen entsprechend detaillierten Plan, um die Luxemburger Landwirtschaft auf ökologische Kriterien auszurichten. Vieles von den Forderungen entspricht dem, was die Landwirtschaft in einer perfekten Welt wäre.

Doch die Forderungen sind auch teils realistisch. Déi Lénk fordern „den Anteil der Biolandwirtschaft bis 2025 auf mindestens 20 Prozent der Agrarfläche zu erhöhen“. Déi Gréng wollen „langfristig“ 100 Prozent Biolandwirtschaft erreichen. Da allerdings aktuell gerade mal vier Prozent der Felder und Wiesen biologisch bewirtschaftet werden, ist das ein langer Weg. Kurzfristig erreichbare Zwischenetappen nennt das grüne Programm nicht.

Mut oder Übermut?

Bei einem weiteren urgrünem Thema übertrumpfen Déi Lénk die grüne Konkurrenz: dem Tanktourismus. Déi Gréng fordern aus der entsprechenden Studie zum Problem „die Konsequenzen mutig zu ziehen“. Was das genau heißt, wollen sie nicht verraten.

Anders Déi Lénk. Ihre Forderung: „den Ausstieg aus dem Tanktourismus schrittweise in die Wege leiten und den Preis für Diesel-Kraftstoffe für die KonsummentInnen schrittweise und berechenbar erhöhen“.

Diesen politischen Mut hat sonst niemand, gerade weil die Mehrheit der Luxemburger Dieselautos fahren. Und in einem weiteren Punkt lehnen sich Déi Lénk aus dem Fenster. Man respektiere zwar den Ausgang des Referendums von 2015, aber: „Staatsbürger mit Wahlrecht sollten im Prinzip – unter bestimmten Bedingungen – alle sein, die auf dem Territorium Luxemburg leben.“ Das Ausländerwahlrecht bleibt demnach auf der Agenda der linken Partei. Und das obwohl auch die linke Basis nicht völlig überzeugt von der Idee war.

Bleibt allerdings die Frage, ob die vielen Vorschläge auch die linke Wählerschaft erreichen. Für manch einen urbanen „bobo“, für den Déi Gréng zu weichgespült sind, mögen Déi Lénk eine Alternative sein. Ob sie Arbeiter mit Dieselauto erreichen, ist eine andere Frage.