Wer übernimmt die Arztkosten? Und vor allem wann? Seit Monaten wird über eine Einführung des „Tiers payant généralisé“ diskutiert. Die Parteien greifen das Thema zwar im Wahlkampf auf – eine klare Stellung dazu beziehen aber nur die wenigsten.
Eine Petition brachte den Stein ins Rollen. Am 8. Dezember 2017 reichte Jill Sterba die Petition Nummer 922 ein, mit der sie die Einführung des sogenannten „Tiers payant généralisé“ forderte.
Was Sterba erreichen will: Der Patient soll das Geld für die Arztrechnung nicht mehr vorstrecken, sondern die Gesundheitskasse CNS soll die Kosten gleich übernehmen. Der Einzelne zahlt nur noch seinen eigenen Anteil selbst. Der Antrag der Petitionärin kam bei den Bürgern gut an. Mehr als 7.165 Personen hatten ihn innerhalb weniger Tage unterschrieben.
Seitdem wird über den allgemeinen Tiers payant diskutiert, wenn nicht sogar gestritten. CNS, „Patientenvertriedung“, Sozialminister und Zusatzkasse (Caisse médico-complémentaire mutualiste) sind dafür, die Association des Médecins et Médecins Dentistes (AMMD) ist dagegen. Niemand will aber Zugeständnisse machen und konstruktive Gespräche zwischen den Akteuren sucht man vergeblich. „Momentan besteht keinerlei Dialog zwischen uns und der AMMD“, sagt René Pizzaferri, Präsident der Patientevertriedung.
Ich bin der Meinung, dass der Tiers payant généralisé vielen Menschen zugute kommt.“Sozialminister Romain Schneider
Gleiches bestätigt Sozialversicherungsminister Romain Schneider. In der Vorwahlzeit sei das aber normal: „Jetzt werden keine Entscheidungen mehr getroffen. Deshalb ist es logisch, dass wir jetzt auch keine wichtigen Gespräche mehr zu dem Thema führen“, so der Minister.
Für Ärzte ist und bleibt es ein „No Go“
Gesprochen wurde in den vergangenen Monaten nicht mit, sondern vor allem übereinander. Einen Schlagabtausch zwischen der AMMD und Sozialversicherungsminister Romain Schneider gab es ebenso, wie zwischen AMMD und der Patientevertriedung. Romain Schneider sprach sich seinerseits bereits Anfang des Jahres für die Einführung des Drittzahlsystems aus.
Und er hält bis heute daran fest. „Ich bin der Meinung, dass der Tiers payant généralisé vielen Menschen zugute kommt“, sagt der Minister im Gespräch mit REPORTER. Wie man das System ausbauen könnte, müsse man aber mit den Ärzten besprechen. Das könnte allerdings auch in Zukunft schwierig werden, ist die Ärzteschaft doch ganz klar gegen den Systemwechsel.
„Der Tiers payant généralisé ist nicht akzeptabel“ sagt Schmit im Gespräch mit REPORTER. „Wird er von der CNS eingeführt, könnte die Gesundheitskasse Einschränkungungen im Leistungskatalog der Ärzte einführen“, sagt er. „Ärzte könnten nur noch das behandeln, was von der CNS vorgesehen ist – für alles andere muss der Patient dann selbst aufkommen.“
Für die Ärzteschaft wäre das Thema demnach am liebsten vom Tisch. Alle anderen wollen aber nicht locker lassen. Auch die unterschiedlichen Parteien sind im Wahlkampf auf den „Tiers payant“-Zug aufgesprungen und haben das Thema in ihren Programmen aufgenommen. Eine klare Stellung dazu beziehen aber nur die wenigsten.