Was war los in der EU? Und was hat das alles mit Luxemburg zu tun? Charlotte Wirth blickt aus Brüssel auf die politischen und medialen Top-Themen der vergangenen Wochen zurück. Dieses Mal: Erneutes Brexit-Chaos und Luxemburg muss doch nicht für Grenzgänger aufkommen.

Die EU-Bürger sind tief gespalten. Zu diesem Schluss kommt eine rezente Studie der Bertelsmann-Stiftung im Vorfeld der Europawahlen. Demnach machen sich rund die Hälfte der Bevölkerung Sorgen um den Zustand der Gesellschaft. Die andere Hälfte ist optimistisch. Diese Kluft zwischen zuversichtlichen und ängstlichen Bürgern schlage sich auch in der Politik nieder, so die Bertelsmann-Forscher: Die Pessimisten seien deutlich euroskeptischer und fühlen sich bei rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien besser aufgehoben.

Auf der Prioritätenliste für die EU-Agenda ganz oben stehen bei beiden Gruppen gleichermaßen Migrationsbekämpfung, der Schutz der Bürgerrechte und der Kampf gegen den Terrorismus. Den Optimisten sei aber auch der Klimaschutz wichtig, schlussfolgert die Studie.

Mit dem Klimawandel werben schon lange nicht mehr nur die Grünen. Gerade im Zuge der Europawahlen und vor dem Hintergrund der „FridaysForFuture“ haben quasi alle Parteien das Thema für sich entdeckt. Aktuellstes Beispiel ist die EU-Kampagne der DP. So wirbt der Europaabgeordnete und Spitzenkandidat Charles Goerens für die Klimazusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank und erklärt in einem Video, wie Brüssel den Klimawandel bremsen kann. Schließlich sei das „unsere verdammte Pflicht“.

Weitere Brexit-Verlängerung?

Für Zuversicht kann das aktuelle Brexit-Debakel nicht sorgen. Am vergangenen Montag hat das britische Unterhaus nochmals über die verschiedenen Austrittsalternativen zu Theresa Mays Brexit-Abkommen abgestimmt. Die Auswahl bestand aus: eine Zollunion mit der EU, ein Referendum über das Austrittsabkommen, das „Norwegen Plus“-Modell und eine erneute No-Deal-Abstimmung.  Für keine der Optionen gab es eine Mehrheit.


Seitdem steht die Frage nach einer erneuten Verlängerung des Brexit erneut im Raum. Zur Erinnerung: Brüssel wollte nur dann einen weiteren Aufschub dulden, wenn das britische Unterhaus Mays Austrittsvertrag mit der EU unterstützen würde. Dem war jedoch nicht so.

Am Freitag hat Theresa May einen Kurswechsel eingeleitet. Obwohl die britische Premierministerin lange darauf beharrte, eine Teilnahme an den Europawahlen sei ausgeschlossen, hat sie nun genau das vorgeschlagen: Sie hat Ratspräsident Donald Tusk um einen Aufschub bis zum 30. Juni gebeten. Großbritannien würde in der Zwischenzeit alle Vorbereitungen für die EU-Wahlen treffen, heißt es in dem Schreiben. Antreten wolle man allerdings nur, wenn bis zu den Wahlen immer noch keine Einigung über den Austritt gefunden sei. Zurzeit sucht Mays Regierung zusammen mit der Labour-Opposition nach einer Kompromisslösung. Damit steigt auch der Druck auf den Oppositionschef Jeremy Corbyn: 80 Abgeordnete haben ihn in einem Brief dazu aufgefordert, auf ein zweites Referendum zu beharren, wenn die Verhandlungen mit Theresa May weiterhin ins Leere führen.

Tusk wünscht flexible Fristverlängerung

In Brüssel will man weiterhin alles tun, damit es nicht zum ungeregelten Austritt kommt. Ratspräsident Donald Tusk will eine Verlängerung für ganze zwölf Monate in die Wege leiten. Er wünscht sich eine „Flextension“: Einen flexiblen Aufschub, der so lange währt, bis das britische Unterhaus sich auf eine Brexit-Strategie einigt.

Beim Sondergipfel am Mittwoch – also zwei Tage vor dem Stichdatum des 12. Aprils – müssen die EU27 einer Verlängerung einstimmig zustimmen. Kommt es zu keiner Einigung, wird der ungeregelte Brexit am Freitag Realität.

Vorerst kein Arbeitslosengeld für Grenzgänger

Die von Luxemburg viel gefürchtete Koordinierung der europäischen Sozialversicherungssysteme ist wieder vom Tisch. Erst vor zwei Wochen hatten sich Rat, Parlament und Kommission auf klarere Regeln in diesem Dossier geeinigt. Diese hätten zur Folge gehabt, dass Luxemburg das Arbeitslosengeld für Grenzgänger hätte zahlen müssen, wenn diese länger als sechs Monate im Land gearbeitet haben.

Die Regierung hat diesen Beschluss vehement blockiert. Dan Kersch, der den Abgeordneten letzte Woche Rede und Antwort stehen musste, kann wieder aufatmen. Die Reformvorschläge wurden kurz darauf im Ausschuss der ständigen Vertreter der EU abgelehnt: Es konnte keine qualifizierte Mehrheit gefunden werden. Wenig überraschend gehörte Luxemburg auch hier zu jenen, die die Vorschläge konsequent ablehnten.

Die Regelung hätte das Großherzogtum vor enorme administrative und finanzielle Hürden gestellt. Von Kosten in der Höhe von 60 Millionen Euro im Jahr war die Rede.