Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: Intrigen in Rom und eine satirische Debatte im Parlament.

Was macht eigentlich ein Tourismusminister? Die Antwort ist naheliegend: Tourismus natürlich! Aber diesmal eröffnete Lex Delles nicht eine Campingtoilette im Müllerthal – Stichwort Kreislaufwirtschaft –, sondern begab sich auf Italienreise. Und damit niemand zweifelt, dass es auch um Arbeit geht, war Xav als Chef und Duzfreund auch dabei. „Touristesch an ekonomesch“ seien die Minister in Italien unterwegs, schreibt „RTL“. Zwinkersmiley.

Die liberalen Buddys besuchten aber auch die zwei wichtigsten Zwergstaaten der Welt – natürlich nach Luxemburg – San Marino und den Heiligen Stuhl. Obwohl, das ist nicht ganz richtig, zur Privataudienz mit dem Papst darf Lexy dann doch nicht mit. Der inoffizielle Grund: der Vatikan ist zu weitläufig, um häufige Raucherpausen einzulegen. Offiziell heißt es, Lex Delles sei einfach nicht wichtig genug. Und Xav hat schließlich nicht nur Europarecht plagiiert, sondern auch Kirchenrecht studiert, wie sein Lieblingssender hervorhebt. Das war zwar die orthodoxe Variante, aber Hauptsache Bibel, wie er sagt.

Tu quoque?

Aber allzu lange sollte Xav seinen politischen Ziehsohn dann auch nicht aus den Augen lassen. Wer weiß, zu was ihn die Aura der Tausendjährigen Stadt verleitet … Als Parteipräsident hält Lex schließlich den Schlüssel zu Xavs weiterer Karriere in der Hand. Also auf dem Papier. Und falls er eigene Ideen hätte.

Zur Ablenkung könnten die Italienreisenden dann auch einen Schlenker in die Toskana machen und Pierre „Ich bin dann mal weg“ Gramegna in seinem Olivenhain besuchen. Der Kopernikus der Luxemburger Finanzpolitik erklärt bei einem guten Glas Brunello bestimmt nochmal dem Xav, was das mit dem „AAA“ auf sich hat. „Es sind nicht nur drei Buchstaben“, so weit ist der Premier mittlerweile auch.

Aber diese Etappe könnte Xavs Karriere ebenfalls gefährden. Nach drei chilligen Tagen wäre er verleitet, es dem Pierre gleichzutun, die Politik an den Nagel zu hängen, morgens um 11 schon Orancello zu schlürfen und den Nachbarn ungefragt die Bella vita luxemburgese zu erklären. „Tu quoque?“, sagt dann Yuriko.

Tourismus hinter Gittern

Touristisch unterwegs war diese Woche neben der Exekutive aber auch die Judikative. Denn bevor das neue Untersuchungsgefängnis in Uerschterhaff am 5. Dezember seine Türen öffnet – oder schließt, je nachdem – testeten Richter und Staatsanwälte höchstselbst, wie sich das Leben hinter Gittern anfühlt. „RTL“ begleitete das knallharte Experiment gewohnt neutral: „Ouni Handy, Internet oder Kontakt zu der Baussewelt. Ënner reelle Konditioune sollte si gewuer ginn, wat et heescht, agespaart ze sinn.“

Das Fazit der Beteiligten fiel dann doch ein bisschen nüchterner aus. Oberstaatsanwältin Martine Solovieff fand für die Übernachtung eine Beschreibung, die wohl jeder Lehrer nach einer Klassenfahrt mit pubertierenden Neuntklässlern nur zu gut kennt: „Eng ganz flott Experienz.“ Die Betten seien zwar ein bisschen hart, stellte indes ein Richter fest, aber sonst sei es eigentlich vollkommen okay.

Das wichtigste Detail hielt sich der Beitrag aber bis zum Schluss: Jede Zelle ist mit einem Fernseher mit 120 Kanälen ausgestattet. Ob darunter auch der mittlerweile latent öffentlich-rechtliche „RTL“ fungiert, ist jedoch unklar. Bei so viel Lob für die neue Haftanstalt, warnt die Retrospect-Redaktion eindrücklich vor zu viel Knastromantik. Nicht dass das neue Gefängnis noch zur rationalen Alternative zu den horrenden Preisen auf dem regulären Wohnungsmarkt wird. „Tiny Rooms“ statt „Tiny Houses“.

Sternstunde der Demokratie

Aber die Pause vom harten Alltag sei Magistraten und Ministern gegönnt. Am Dienstag musste King Xav allerdings noch im Parlament abhängen, um über Klimaschutz zu diskutieren. Gähn. Blöd nur, dass Xav – um von seinem Plagiatsgedöns abzulenken – einen sogenannten Klimabürgerrat einberufen hatte. Das hatte er bei Manu Macron abgeschr… äh, in mühevoller Kleinstarbeit kompiliert.

Also schnell eine Rede halten: „Eine Klimapolitik darf nicht gegen den Bürger gehen, gegen das Wachstum, gegen die Wirtschaft“, sagte der Premier. Anders als beim „Etat de la Nation“ setzte sich der Chef auch gegen seine Berater durch, die ihm auch dieses Mal allen Ernstes ein Manuskript empfahlen, an das er sich zwecks klarer Sprache und Argumentation halten sollte. Aber nicht mit ihm: Wenn es um nette Nischenthemen wie Klimaschutz geht, da spittet der Premier guten alten Xav-Freestyle.

Auch wenn sie bei bestem Willen nicht alle verschalteten, unvollendeten Sätze des Chefs verstehen konnten, griffen die Abgeordneten seine satirische Vorlage dankbar auf und übertrafen ihn gar. Musterschüler Max Hahn nannte den Klimawandel „eine existentielle Bedrohung für die Menschheit“. Es ist so schlimm, dass man eventuell, vielleicht, mitunter, also wenn alle damit einverstanden sind, genauso oft Bus oder Tram fahren sollte, wie man mit seinem SUV durch 30er-Zonen brettert, so das uneingelöste Versprechen der Luxemburger Liberalen.

Auch die CSV spielte Bettels Spiel der Absurditäten mit: Paul Galles forderte Windkraftwerke in den Wäldern, damit Felder nicht mit Betonklötzen verschandelt würden. „Wir können Gras nicht essen“, stellte ihrerseits die Agrarlobbyistin Martine Hansen fest. Das Gras müsse erst durch Tiere „veredelt“ werden. Die schlachten wir dann und saufen ihr Blut. So war es schon immer und so wird es immer sein.

Der ADR-Rabauke Fred Keup fand allerdings, dass die „30 Prozent“ Klimaleugner nicht im Bürgerrat vertreten gewesen seien. Wir sind an dieser Stelle etwas verwirrt: Normalerweise fühlt sich Fred nur angesprochen, wenn 80 Prozent so denken wie er – also mindestens. Wie man beim Verkuppeln sagt: Irgendwann musst du eben deine Standards senken.


Mehr Retrospect