Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Twitter-Kriege, CSV-Krabbenkorb und der Besuch eines russischen Austauschschülers.
Man wird doch wohl dumme Witze machen dürfen. Das dachte sich dieser Tage nicht nur die mutmaßliche Merkel-Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch Laurent Mosar kämpfte auf Twitter gegen die üblen Exzesse der politischen Korrektheit an. Ähnlich wie die CDU-Vorsitzende sollte aber auch der Abgeordnete der CSV etwas Gegenwind erhalten.
Ähnlich tief blicken ließ der kleine, aber intensive Twitter-Austausch zwischen Mosar und Minister Francois Bausch. Beide Politiker zeigten sich durchaus schlagfertig. Doch Bausch hatte mit seinem „Burn“ natürlich das letzte Wort. Es war gewissermaßen das humoristische Sahnehäubchen auf einer relativ unterhaltsamen Twitter-Diskussion. Wobei der Scherz von einem Minister, wonach ein anderer Politiker es niemals zum Minister bringen wird, auch irgendwie grenzwertig ist. „Tjo“…
Wenn Sie dieses Gezanke schon kindisch fanden, dann haben Sie wohl die neueste Episode im Familiendrama namens CSV verpasst. Sie wissen schon: Die Partei, die sich statt mit Opposition lieber mit sich selbst beschäftigt. In der vorherigen Folge hatte Serge Wilmes dem neuen Chef Frank Engel mal so richtig die Meinung gesagt; also nicht direkt im Vieraugengespräch, sondern über ein Interview bei RTL Radio, wie man das eben so macht. Engel reagierte prompt, und zwar, na klar, bei RTL in den Abendnachrichten.
Mutti Martine muss vermitteln
Jetzt hätte man fast schon gedacht, damit hätte es sich. Doch Frank Engel wollte Serge Wilmes doch tatsächlich vor dem parteiinternen Disziplinargericht den Prozess machen. Also, eigentlich wollte er nicht, aber er hätte, wenn er denn gewollt hätte, so RTL mit Verweis auf Parteikreise.
Was sagt eigentlich Serge Wilmes dazu? „De CSV-Deputéierte Serge Wilmes wëll net weider op d’Aussoe vum neie Parteipresident Frank Engel agoen“, schreibt RTL einen Tag später. Um dann aber doch darauf einzugehen und seine „Position“ noch einmal zu betonen, wonach eine Demokratie unterschiedliche Meinungen aushalten und seine Partei eine Diskussionskultur pflegen müsse. Wir können an dieser Stelle schon kaum erwarten, zu erfahren, was Frank Engel dazu zu sagen hat.
Bis dahin soll allerdings Martine Hansen die Hitzköpfe in ihrer Partei beruhigen, heißt es. Man kann sich bildlich vorstellen, wie die Fraktionschefin ihre Parteifreunde wie eine strenge Mutter ihre zwei kleinen zankenden Söhne aufs Zimmer schickt. Man darf also davon ausgehen, dass jetzt erst mal Ruhe einkehrt im CSV-Krabbenkorb. Mit Mutti Martine wollen es sich nämlich weder der dickköpfige Frank noch der schmollende Serge verscherzen.
Dmitri zu Gast bei Freunden
So ein Kurztrip hat doch etwas Schönes. Ein bisschen Sightseeing, ein bisschen Spazieren gehen, viele neue Bekanntschaften schließen. So oder so ähnlich hat sich die Staatsvisite des russischen Premiers Dmitri Medwedew wohl abgespielt. Die gesamte nationale Polit-Riege scharte sich während zwei Tagen um ihn, besuchte mit ihm das Parlament, machte mit ihm einen Stadtrundgang, besichtigte das Mudam und das City Museum. Die Stimmung war so entspannt, dass es ein bisschen etwas von einer Klassenfahrt mit dem Austauschschüler hatte.
Dass im Land dieses Austauschschülers politische Gegner oder Journalisten (mund)tot gemacht werden? Das war bei so viel eitel Sonnenschein eher Nebensache. Dabei meinte Premier Xavier Bettel, man hätte auch „die schwierigen Themen“ angesprochen. Mit einem Glas Crémant in der Hand geht das sicher einfacher.



Das männliche Verständnis des Tageblatt
Liebe Frauen unter Ihnen. Anlässlich des Weltfrauentags am Freitag reden wir Klartext. Sie haben sich schon immer gefragt, was Ihre Periode kostet? Oder wie viele Tampons und Binden Sie im Jahr tatsächlich verbrauchen? Und ob eine eine 17 Prozent Steuer fair ist? Unser Tipp: Fragen Sie … die Männer!
Wie man im britischen Guardian erfährt, sind sie die qualifizierten Ansprechpartner, wenn es darum geht, auszurechnen wie viel Blut eine Frau im Endeffekt monatlich verliert und wie viele Tampons dafür nötig sind. Ist doch ganz einfach, und bei jeder Frau gleich oder? (Es sind 90 Tampons. Maximal).
Wer sich jetzt damit trösten wollte, dass wir in Luxemburg so eine gut gemeinte Frauenberatung durch Männer nicht nötig haben, den belehrte das „Tageblatt“ diese Woche eines Besseren. Dort kommentierte ein (männlicher) Journalist die Ankündigung des Finanzministers, die „Tampon-Steuer“ würde alsbald auf drei Prozent gesenkt. Grund zur Freude? Ein Erfolg für Luxemburger Feministinnen, die sich seit Jahren dafür einsetzen? Nix da, schreibt Robert Schneider.
„Irgendwie seltsam bis übertrieben“, findet unser Redakteur Robert Schneider in seinem Kommentar die allgemeine Begeisterung über die Herabsetzung der Mehrwertsteuer auf Sanitärprodukte. https://t.co/4aKE5CluIK
— Tageblatt (@tageblatt_lu) March 6, 2019
Nicht nur hat er für die vielen Frauen (die so übertrieben jubeln) ermittelt, wie viel der reduzierte Steuersatz auf Sanitärprodukte im Jahr ausmacht (fünf Euro) – und sich damit unter jene Meistermathematiker gewagt, die Frauen die Kosten ihrer Periode vorrechnen. Er kommt zudem zum Schluss, dass die Frau im 21. Jahrhundert eine solche „moralische Aufwertung“ gar nicht nötig habe:
„Selbstverständlich bleibt unseres Erachtens die Gleichberechtigung der Frauen in allen Bereichen ein prioritäres Ziel einer modernen demokratischen Gesellschaft. Dass eine Maßnahme wie jene, mit der die Mehrwertsteuer auf Sanitärprodukten von der Klassifizierung als Luxusartikel auf jene von lebensnotwendigen Gütern herabgestuft wird und damit künftig einen TVA-Satz von 3 Prozent hat, schon fast einen medialen Jubel auslöst, entzieht sich allerdings unserem zugegeben männlichen Verständnis.“
Doch wie wir erfahren, handelt es sich dabei nicht nur um die persönliche Meinung von Robert Schneider, sondern um die Meinung des gesamten „Tageblatt“. Anders ist die Verwendung der ersten Person Plural „unseres Erachtens“ hier nicht zu erklären. Dass ein Autor gleich seine ganze Redaktion in maskulinistische Kollektivhaftung nimmt, entzieht sich jedenfalls unserem zugegeben kritischen Verständnis.
Gegen das Matriarchat
Wem diese männliche Entgleisung noch nicht reichte, dem erteilte Ex-RTL-Chefredakteur Guy Kaiser eine weitere Lektion in punkto Frausein. Der eloquente Titel seines neuesten Blogeintrags: „D’Chancegläichheet hält beim Urinoir op“. Passend zum Weltfrauentag spricht sich Kaiser gegen die Frauenquote aus. Doch nicht nur das. Er startete einen Aufruf: Die Männer sollen sich gefälligst wehren. Gegen das Matriarchat!
Denn sowieso: Die Ursprünge der weiblichen Emanzipation kennen die meisten Frauen ohnehin gar nicht … Ein Glück, dass es Männer gibt, die die Frauen daran erinnern und ihnen gleich eine Geschichtslektion verpassen. In diesem Sinne: Happy International Women’s Day!