Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Der „Lëtzebuerger Wee“ und andere Lektionen für Krisenmanager.

Also, es gibt ja solche Wochen, in denen überhaupt nichts Bemerkenswertes los ist. Und in denen wir uns an dieser Stelle irgendwelche politische Scherze aus den Fingern saugen müssen. So war es auch diese Woche. Also, bringen wir es hinter uns…

In der wichtigsten Pressekonferenz der Woche war der Elefant im Raum nicht zu übersehen. Nein, es ging nicht um das offensichtliche Versagen Corinne Cahens in der Pandemie. Gemütliche und bunte Dickhäuter verliehen dem anderen liberalen Shootingstar Glanz – dem VIP-Minister Lex Delles.

Die neueste Idee aus der Mondorfer Ein-Mann-Denkfabrik: Eine „Parade“ angemalter Elefanten soll den Einzelhandel retten. Glauben Sie nicht? „En plaçant les sculptures d’éléphants au cœur des centres-villes, celles-ci contribueront à attirer plus de visiteurs et à renforcer l’attrait des commerces locaux“, ist sich Lex sicher. Wirtschaftspolitik kann so einfach sein…

Jeannot Waringo, the sequel

War sonst noch was? Ach ja, diese Woche hat der beste (und einzige) Sonderbeauftragte der Regierung wieder zugeschlagen. Jeannot „007“ Waringo sollte der Opposition endlich einen Bericht vorlegen, um Corinne Cahen loszuwerden. So lauteten zumindest die heimlichen Hoffnungen in der CSV-Denkfabrik im Rathaus von Käerjeng.

Allerdings hat Waringo seine klare Mission anders als damals mit der bösen Grande Duchesse nicht so recht verstanden. Und das, obwohl er extra noch ein Treffen mit einem gewissen Michel Wolter hatte. Der alte „Fuus“ (wie Michi ihn nennt) wollte allerdings nicht so richtig. Also blieb es bei einem Bericht mit viel Wenn und Aber und reichlich Sowohl als auch. Aber wir als große House of Cards-Fans wissen ohnehin: Nach der hinreißenden ersten Staffel geht es in solchen Politkrimis schleunigst bergab…

Das Schöne an einem solchen Bericht ist aber, dass jede*r sowohl zufrieden als auch unzufrieden sein kann. Der andere 007, also @gillebaum007, wie er sich auf Twitter nennt, konnte sich nicht verkneifen, gleich nach der Vorstellung des Berichts einen Tweet loszuwerden. „Rapport Waringo confirméiert de Lëtzebuerger Wee, och an den Altersheemer: Balance tëschent Sécherheet a Fräiheet.“ Schön. Oder wie Michel Wolter es sagen würde: „Quasi al Kritik dei mir den 1. Abrëll gemaach hunn am Rapport Waringo eremkennt an datt se d’Oppositiounsmeenung bekräftegt.“ Das nennt sich dann wohl ein dialektisches Vorgehen.

Und was machte Corinne Cahen während der ganzen Zeit? Ganz genau: Sie tippte auf ihrem Tablet vor sich hin. Ist ja nicht so, als würde gerade ihr Rücktritt gefordert, sonst müsste man ja noch vor den Abgeordneten die eigene Politik verteidigen. Die Sternstunde der Demokratie endete mit einem gegenseitigen Vorwurf, man würde reine „politique politicienne“ betreiben. Eins stand aber spätestens nach der gemeinsamen Pressekonferenz von Corinne Cahen und Paulette Lenert fest: Wenn es irgendein Opfer in dieser Krise gibt, dann ist es Corinne Cahen. Die arme Frau wurde so angefeindet, nur weil ein paar alte Menschen gestorben sind.

Voll unfair. Beklagt Corinne sich mit Signatur des Ministeriums über die Tram-Baustelle vor ihrem Schuhgeschäft, ist das falsch. Schickt sie Corona-Regeln ohne Briefkopf an die Altersheime, ist das auch falsch. Wie soll man und frau da noch durchblicken?

Let’s dance the Boomer-Cringe-Dance

Corinne hat aber auch den miesesten Job. Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg müsste man sein. Lydie kann den ganzen Tag irgendwas einweihen, alles micromanagen und wenn es nötig ist, der lästigen Opposition das Mikro abdrehen. Und in der Stadt sind die sonst so unfairen CSV-Männer auch nur allzu handzahm.

Wie locker-locker-locker der Job von Lydie ist, zeigte sich auch am vergangenen Wochenende. Es stand die Einweihung des teuersten Fußballstadions der nördlichen Hemisphäre an. Das war Iron Lydie sogar einen Tanz mit den beiden nettesten Parlamentspräsidenten, die dieses Land je gesehen hat, wert. Auch wir finden: Nirgends spürt man den Rhythmus so sehr, wie auf einem Berg verschwendeter Steuergelder.

Ein genesener Premier zum Anfassen

Man merke aber: Einweihungen von Großprojekten sind gut, Politiker als Krisenmanager sind natürlich noch besser. Der Klimawandel meinte es gut mit Xav und organisierte für dessen Comeback ein Extremwetter-Event. Nach dem Superspreader-Event – an dem der Premier pflichtbewussst teilnahm – musste auch unbedingt etwas Großes her. Eine Jahrtausend-Flut ist da ungefähr passend. Da fragt doch keiner mehr nach einem nächtlichen Ausflug ins Edel-Etablissement am Bahnhof oder nach der politischen Verantwortung einer ohnehin nicht zuständigen Ministerin.

Praktischerweise konnte Xav mit dem Grund-Fahrstuhl ins Krisengebiet fahren – natürlich mit Gummistiefeln. Es ist seine Paraderolle: Menschen am Rande der Verzweiflung zuhören, drücken, und Mut zusprechen, bis sie ihren Kummer vergessen haben. Niemand kann es besser als der Bürgermeister des Landes. Spread the Love… but not the virus!

Foto: SIP / Jean-Christophe Verhaegen

Taina Bofferding konnte dagegen für einige Stunden vergessen, dass sie irgendwann mal die bösen Spekulanten mit einer Grundsteuer bekämpfen wollte. Also rein theoretisch, versteht sich. Besser gestylt, aber etwas steif stand die Innenministerin neben Xav als dieser die Omis tröstete. Über den Sommer muss sie auf jeden Fall noch in den Pflichtfächern „Krisenmanager-Auftritt“ und „Glaubwürdige Empathie für Fortgeschrittene“ Nachhilfe nehmen. Kabinettskollege Claude Meisch hat in seiner Summerschool bestimmt das passende Angebot.

Erste Lektion: Krisen-Gummistiefel reichen bis über den Knöchel und sind in jeder Farbe gut außer Lack-Schwarz. Taina hatte das auch bereits bei ihrem zweiten und dritten Einsatz beherzigt. Und neben Staatschef Henri sieht sie auch gleich viel dynamischer und nahbarer aus.

Ach ja: 50 Millionen Euro gibt es für die Betroffenen – also ungefähr das, was Blau-Rot-Grün sonst für zwei Kilometer Fahrradweg auf Stelzen ausgibt. Wir finden auch: Das muss reichen.

Der unerbittliche Kampf des Laurent M.

Und während bei den einen die Keller sich langsam mit Wasser füllten, musste Laurent Mosar noch unbedingt etwas ganz Wichtiges loswerden. „Gendersternchen sind einfach nur nervig“, schrieb der „Alderman of the city“ um halb eins in der Katastrophennacht. Das dachten sich die Menschen in Pfaffenthal und Clausen bestimmt auch, als sie dabei waren, ihre Wertsachen in die oberen Stockwerke zu tragen. Da mag die Existenz noch so bedroht sein, die Gendersternchen sind das wahre Übel!

Wie ein Don Quijote gegen die Windmühlen, kämpft Laurent Mosar gegen die Gendernsternchen (und natürlich auch andere grüne Fantasien wie Windkraftwerke). Im Buch von Cervantes galt das im Übrigen als Kampf gegen einen unaufhaltsamen technologischen Wandel. Die Windmühlen haben sich übrigens durchgesetzt. #JustSaying.

Und wie formulierte es Jeannot Waringo: Jetzt gibt es noch Apéro und dann ist Schluss! Tatsächlich verabschiedet sich die Retrospect-Redaktion hiermit in die Sommerpause. Schließlich wollen wir Ihnen (und uns) die Wochen ersparen, wo außer einer Pressemitteilung von Lex Delles wirklich nichts los ist. Frank Engel kann schließlich diesen Sommer nicht.


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