Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Machtmenschen, Familienmenschen und wieder einmal Schneiders Millionen.
Immer dann, wenn Politiker etwas ausschließen, sollte man besonders hellhörig werden. „Sinn net méi an der nächster Regierung“, hieß es am Freitag ungewohnt kategorisch von Nicolas Schmit. Auch wenn es dem LSAP-Politiker wohl eher um den zweiten Teil des Satzes ging – „wëll EU-Kommissär ginn“ – wird der erste Satz mindestens genauso sehr in Erinnerung bleiben. Vor allem weil Schmit bereits gewisse Erfahrung mit der Ankündigung von politischen Rücktritten hat.
Der Grund für sein Vorpreschen in den Medien dürfte aber nicht die schiere, ihm oft nachgesagte Amtsmüdigkeit sein. Eher befürchtet der Noch-Arbeitsminister wohl, dass ihm Parteifreund Etienne Schneider den lang ersehnten, und mehrmals vereitelten, Wechsel in ein internationales Amt streitig machen könnte. Beide streben laut RTL nämlich den im kommenden Jahr frei werdenden Posten des Luxemburger EU-Kommissars an.
Zwei gestandene Minister, die freiwillig gerne nach Brüssel wechseln wollen, wo sonst eher gescheiterte oder unliebsame Politiker ihre Karriere ausklingen lassen – nach dem unerwarteten Ausgang der Wahlen im Oktober kann man sich irgendwie auf nichts mehr verlassen.
Vom nächsten Premier zum Gute-Nacht-Geschichtenerzähler
Einer, der sehr gerne Teil einer neuen Regierung geworden wäre, schaut sich das politische Treiben mittlerweile aus sicherer Entfernung an. Während die ambitionierten Dreierkoalitionäre um die Posten schachern, genießt Claude Wiseler offensichtlich sein Großvater-Dasein. Damit wird der einstige CSV-Spitzenkandidat letztlich seiner im Wahlkampf oft genug betonten Haltung gerecht, wonach er es ja eigentlich gar nicht nötig habe, noch einmal Minister zu werden.
Nach kurzem Innehalten können wir dieser Einstellung eigentlich nur zustimmen. Wer will schon die Politik des Landes gestalten, wenn man auch kostbare „quality time“ mit seiner Familie verbringen kann? Das Premier-Dasein ist eh überschätzt. Egal, was Bettel, Schneider und Co. dazu sagen.
12 Millionen Euro Verlust – na und?
Apropos Schneider: Was sind schon 12 Millionen? Ein ganzer Batzen Geld, meinen Sie? Jetzt übertreiben Sie mal nicht! Etienne Schneider sieht das nämlich ein kleines bisschen anders. „Planetary Resources“ sollte die Vorzeige-Firma im „Space Resources“-Programm des Wirtschaftsministers werden. Also investierte der Staat ins Unternehmen. Doch der Schuss ging jetzt nach hinten los. Die Anteile an der US-Firma wurden nämlich wieder verkauft – mit einem Verlust von eben 12 Millionen Euro.
Das ist natürlich schade um das viele Geld der Steuerzahler. Aber jeder darf doch mal einen Fehler machen, oder? Auch nochmal.
Aber keine Panik. Der Millionenverlust ist nur halb so wild. Zumindest versucht der Wirtschaftsminister das im Interview mit RTL zu vermitteln. Als der Staat in „Planetary Resources“ investierte, habe nun einmal „jeder“ von der Firma geschwärmt. Ja, „jeder“, also auch Sie. Wenn das mal kein stichhaltiges Investitionsargument ist. Schneider gibt zwar zu, dass dieses Projekt nun „schief gegangen“ sei, der ganze Bereich des Space Mining sich dennoch hervorragend entwickele – und immer mehr Länder mit Luxemburg zusammenarbeiten wollen. Na, dann kann ja weiter Geld ins Weltall fließen…
Mosar wischt sich den Asteroidenstaub aus den Augen
Oder doch nicht? Laurent Mosar will die Fehlinvestition auf jeden Fall nicht unkommentiert lassen – und fordert Antworten. Der eifrige Twitterer, im Nebenberuf übrigens CSV-Abgeordneter, nutzte die Gelegenheit um zu zeigen, dass er nicht zu jenem Schlag Politiker gehört, der die Bürger nur während des Wahlkampfs mit neuartigen Kommunikationsmethoden verwöhnt. Denn neben einer altehrwürdigen parlamentarischen Anfrage stellte Mosar sich auch prompt vor seine Handykamera, um den Skandal zu kommentieren.
Im so entstandenen Video beweist der CSV-Politiker, dass er nicht nur ein technologischer Innovator ist, sondern auch ein wagemutiger Stilkünstler. Ganz ohne Vorwarnung und unter dem schlichten Titel „Mein Video zu Fage, Planetary Ressources an dem Etienne Schneider“, mischt er eine gehörige Portion Ironie in seine Ansprache. Dabei sollte eigentlich „jeder“ wissen, dass die Mischung von Politik und Ironie ein schmales Brett ist.
Egal, denkt sich Mosar. Wirtschaftsminister Etienne Schneider habe vor Kurzem „eindrucksvoll unter Beweis gestellt“, dass er sich mit Zahlen auskenne, als er bei der Besteuerung des Joghurtproduzenten Fage um „nicht weniger als 59 Millionen daneben lag“, doziert Mosar mit ernster Miene in die Kamera. Dann setzt er zur Pointe an: Schneider habe nun auch noch bei Planetary Resources 12 Millionen „in den Asteriodenstaub gesetzt“.
Mein Video zu Fage, Planetary Ressources an dem Etienne Schneider. pic.twitter.com/2zIMsOv9ly
— Laurent Mosar (@LaurentMosar) November 5, 2018
Bis in die ewige Hitliste der Luxemburger YouTube-Klassiker ist es für Laurent Mosar aber noch ein weiter Weg. Seine Video-Botschaft brachte es bis Freitag auf knapp 270 „Views“. Ein bisher unbekannter Escher Regisseur namens „Claude Alff“ hatte da schon ein besseres Gespür für die Vorlieben des heimischen Mainstream-Publikums. Seine Adaptation des Klassikers David gegen Goliath unter dem Titel „Cat sees rat….“, brachte es auf Anhieb auf über 450.000 Klicks. Ein wahrer Straßenfeger, dem sogar die Berichterstattung durch Luxemburgs Leitmedien sicher war.