Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Mediales Schneetreiben und andere Skandalmeldungen.
Wir wissen ja nicht, ob Sie es wussten. Aber allem Anschein nach hat es diese Woche in Luxemburg geschneit. Das bedeutete nicht nur Schneeschippen und Scheibenkratzen am frühen Morgen oder Schlittenfahren und Schneeballschlachten mit den Kleinen. Auch die Medien des Landes waren außer sich. „Wenn in Luxemburg Schnee fällt“, wie es das „Luxemburger Wort“ faktisch korrekt ausdrückte, dann haben Dutzende Journalisten im Land ihr Thema der Woche jedenfalls gefunden.
Von „Neuschnee im Anmarsch“ über „Fotos: Luxemburg im schneeweißen Kleid“ oder „Schneefälle und Verkehrschaos“ bis hin zu „Der Winter bleibt noch etwas länger“: Nicht weniger als 18 Artikel veröffentlichte „wort.lu“ in dieser Woche zum Schnee in Luxemburg – internationale Schnee-Stories nicht mitgerechnet. Selbst die mittlerweile aktuellere, aber ebenso atemberaubende Nachricht „Nur geringe Schneefälle in der Nacht“ durfte da natürlich nicht fehlen.
Auch andere Medien wollten dieser hyperaktuellen Schneeberichterstattung natürlich in nichts nachstehen – tägliche Push-Meldungen („Opgepasst!“), spontane Leserumfragen („Können Sie sich mit dem Schnee anfreunden?“) und kritische Kommentare über allzu ängstliche Autofahrer inklusive.
Damit das mit den schneegetriebenen Klickzahlen noch etwas besser klappt, sollten sich die anderen Medien aber ein Beispiel an „L’Essentiel“ nehmen. „Mann nutzt Kind um Auto von Schnee zu befreien“ gewinnt im winterlichen Clickbait-Wettbewerb jedenfalls die Champions League. Wir entschuldigen uns an dieser Stelle, dass wir uns in diesem synchronen medialen Schneetreiben mit anderen Dingen beschäftigt haben.
Die Luft soll rein sein
Apropos Entschuldigung: Wir müssen Luxemburgs Politikerinnen und Politiker auch mal aufrichtig loben. Vom Poltern ihrer deutschen Kollegen über „den linken Kulturkampf gegen das Auto“ (Christian Lindner, FDP) oder die Prognose, „die deutsche Autoindustrie soll enthauptet werden“ (auch Lindner), lassen sie sich nicht beeindrucken. Das Kommentieren des vermeintlichen „Dieselwahns“ bringt höchstens CSV-Twitterer Laurent Mosar in Wallung.
Ganz anders als die deutschen Liberalen sieht DP-Präsidentin Corinne Cahen das Thema: „Mir ist es auch wichtig, dass ich in einem gesunden Umfeld groß werden kann (sic)“, sagte Cahen im RTL-Background. Und sie weiß, wovon sie spricht, denn sie stammt aus der „verpeschtesten Avenue aus dem Land, der Neier Avenue“. Schuld daran waren bestimmt die bösen Hochöfen am Pariser Platz. Im Minett ist die Luft dagegen quasi astrein.
Tessy weiß, wie es geht
Genau wie Corinne Cahen trotzt auch Ex-Prinzessin Tessy de Nassau allen Widrigkeiten des Lebens – wie etwa den eisigen Temperaturen vergangene Woche beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Diese Woche war sie dann in Chicago, um an einem Buch und einer eigenen TV-Show zu arbeiten. „How was your week hardworking people?“, fragt sie charmant bei Instagram.
Man unterschätzt Tessy de Nassau ja gerne unter zynischen Journalisten (die wir ja nicht sind). Aber die Kommunikationsfachfrau und Ex-Soldatin steckt selbst einen frisch gebackenen CSV-Präsidenten in die Tasche. Sie war nur knapp anderthalb Jahre „Direktorin“ bei der privaten Sicherheitsfirma „DS-48“, gegründet von einem gewissen Charles Andrews. Das ist der gleiche Andrews, mit dem ein gewisser Frank Engel mehrere Jahre im Verwaltungsrat der „Global Strategies Group“ saß.
Doch Engel fiel offenbar erst nach 14 Jahren auf, dass ein privates Militärunternehmen Publicity-mäßig nicht so optimal ist. Wobei die Krisenkommunikation des CSV-Chefs diese Woche absolute Weltklasse war, das müssen auch wir zugeben. Er habe sich nichts vorzuwerfen, werde aber dennoch aus dem besagten Verwaltungsrat zurücktreten, und ansonsten ist im Zweifel eh die böse Presse an allem Schuld. Dieses allzu spontan anmutende Verteidigungsmuster erinnert uns an irgendjemanden… Wir kommen grad nur nicht auf den Namen…
Im Weltall funktioniert Sozialismus anders
Auch die LSAP hat einen neuen, forschen Präsidenten. „Scharfe Kapitalismuskritik“ bescheinigte das „Tageblatt“ dem neuen LSAP-Präsidenten Franz Fayot. Wohl, weil er ganz unverfroren forderte, über Erbschafts- und Vermögenssteuern zu diskutieren. Das ist so scharf und retro, dass es schon wieder hipp ist.
Fayot ist quasi die Luxemburger Antwort auf US-Shootingstar Alexandria Ocasio-Cortez (und sieht mindestens so gut aus, haben wir uns sagen lassen). Aber wie das Leben so spielt, landet man als Politiker schnell auf dem Boden der Realität und meistens unsanft. So geschehen als Sozen-Star Fayot im Parlament die Weltraumkapriolen des Ex-Sozen-Stars Etienne Schneider verteidigen musste.
Erster Punkt: Weltraumressourcen abzubauen, ist komplementär zur Ausbeutung der Erde … äh nein. Fehler im Text: Weltraumressourcen abzubauen, ist komplementär zum Erhalt unseres Planeten. Ist ja auch klar, wenn alle Ressourcen auf der Erde nachhaltig genutzt werden, brauchen wir zusätzlich welche von Asteroiden. Na ja, oder so ähnlich.
Zweiter Punkt: „Mir mussen och dofir Suergen dass déi Ressourcen der ganzer Mënschheet zu gutt kommen, an net just e puer happy few. (sic)“ Klar, die in Luxemburg angesiedelten Firmen holen die Edelmetalle auf die Erde und dann stehen sie allen Menschen zur Verfügung – zum Kauf. Und für Luxemburg springen fette Steuereinnahmen heraus. Zwar glauben alle Experten, dass Luxemburg mit seinem Space-Resources-Gesetz ebendieses Prinzip untergräbt, dass das Weltall allen Menschen zugute kommen soll. Aber die sind ja nur neidisch auf die 170 Milliarden Euro, die die Luxembourg Space Agency in einer Werbebroschüre verspricht. Die Studie, die das belegen soll, ist praktischerweise nicht öffentlich.
Vom Traktor auf den Bus umsteigen
Vom Landwirtschaftsminister zum Parlamentspräsidenten, vom Traktor in den Bus. So hat Fernand Etgen (DP) seine politische Laufbahn ganz bildlich in einem Gespräch mit RTL zusammengefasst. Eigentlich wäre er ja gerne Landwirtschaftsminister geblieben. Als ihm der Posten des „Chamberpräsidenten“ aber angeboten wurde, war das dann aber auch irgendwie ganz ok. Bei seiner Entscheidung habe er sich von seinem Parteikollegen Henri Grethen inspirieren lassen, der einmal gesagt haben soll: „Eine solche Gelegenheit ist wie ein Bus, der vorbeifährt. Die Tür geht auf und man hat ein paar Sekunden Zeit, um zu überlegen, ob man einsteigen will oder nicht.“
Also entschied sich Etgen dazu, den „Landwirtschaftstraktor“, wie der RTL-Moderator die Verkehrsmetapher weitergesponnen hat, einfach mal stehen zu lassen und in den „Chamberbus“ einzusteigen. Ob er seine Entscheidung bereut hat? Wissen wir leider nicht. Auf jeden Fall habe er jetzt immer so viel zu tun, dass er sein Büro nicht „vor sechs Uhr abends“ verlassen würde, sagt Etgen. So eine Busfahrt scheint ja ganz schön anstrengend zu sein…