Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Selfies mit dem „Chef“ und ein genialer PR-Coup der „Chamber“.

Das Jahr ist noch frisch – der perfekte Moment für ein Comeback. Nein, wir meinen nicht Sylvie Mischel. Denn Politiker, die mit billigem Populismus und noch billigeren Fotomontagen Luxemburger gegen Flüchtlinge ausspielen, dann zurücktreten, nach einem Monat wieder rehabilitiert werden, als wäre nichts gewesen, sind eigentlich nicht sonderlich lustig.

Nein, wir meinen Jean-Claude Juncker. Der Ex-Premier und Ex-Kommissionspräsident mischte sich beim Neujahrsempfang seiner CSV unter das Parteivolk. Was waren das noch Zeiten, als Juncker bei dieser Gelegenheit als ebenso mächtiger wie gefeierter König auftrat und die Massen begeisterte. Dieses Mal war die Stimmung nicht ganz so toll. Der frisch gebackene Polit-Pensionär schaute jedenfalls meistens so drein, als würde er persönlich das Leid dieser einstigen Volkspartei verkörpern, die droht, zur ewigen Oppositionspartei zu verkommen.

Doch seine christlich-sozialen Parteifreunde bemühten sich redlich, seine Laune aufzubessern. Manche Freunde entpuppten sich jedoch rasch als Fans, die wie bei Madame Tussaud Schlange standen, um ein Selfie mit dem wohl urigsten aller Urgesteine der Luxemburger Politik zu ergattern.

Die meisten waren aber wohl einfach nur froh, den „Chef“, wie er in den CSV-Reihen bis heute liebevoll genannt wird, wiederzusehen. Wir finden: Egal. Hauptsache, das ganze wird in den sozialen Medien für die Ewigkeit festgehalten. Oder wie es Techie-JCJ ausdrücken würde: „This is ready to be tweeted…“

Das Regierungsruder fest im Griff

Nicht ganz so beliebt, dafür immer noch an der Macht, ist Corinne Cahen aka das „Mädchen aus einem Geschäft“: Ihre berüchtigte Mail an den Geschäftsverband, in der sie sich um ihr eigenes Schuh-Business sorgt: Dumm gelaufen, aber fast schon vergessen.

Die Ministerin und DP-Präsidentin bedauert im Interview mit „Radio 100,7“ auch wenig, außer dass niemand über den Inhalt ihrer Kritik diskutiert habe. Warum übt eine Ministerin Druck auf eine Organisation aus, um ihre eigenen finanziellen Interessen zu fördern? Das ist in der Tat spannender als die Fußzeile beziehungsweise die Absender-Adresse einer E-Mail.

Sonst geht es dem Land gut, sagt Cahen. Alles super. Kein Grund zur Panik, und noch weniger zur Selbstkritik. Der Premier führt das Land souverän – meint zumindest seine beste Freundin Corinne. „Xavier Bettel hält das Ruder fest in der Hand“, sagte sie vergangene Woche. Ob zu dem Ruder auch ein Schiff gehört und ob es noch nicht abgesoffen ist – das bleibt hingegen offen.

Frisch Gepresstes aus der Chamber

Denkt man, dass man unbeobachtet ist, macht man ja manchmal die seltsamsten Dinge. Sieht ja eh keiner. Das dachten sich wohl auch die Mitarbeiter des Service Informatique des Parlaments.

Während Push-Meldungen ja sowieso dazu dienen, die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu ziehen, hat das bei den Meldungen der Chamber diese Woche ganz besonders gut funktioniert. Die Mitarbeiter haben gleich mehrere „Pushs“ ganz locker flockig aus der Hüfte geschossen – eigentlich nur zum Test und nicht ahnend dass nicht nur sie selbst, sondern jeder User der Chamber-App sie sehen kann.

„Coucou les gens!“ oder „Au secours!!! Alerte à la news“ ploppte plötzlich auf manchen Smartphone-Bildschirmen auf. In einem offiziellen Presseschreiben wurde dann klar gestellt: Die App wurde nicht gehacked. Die Nachrichten sollten zu Tests genutzt werden und gelangten dabei dummerweise unabsichtlich an die Öffentlichkeit.

Quelle: Yves Hoffmann via Twitter

Doch wir haben absolutes Verständnis für die App-Entwickler der altehrwürdigen Volksvertretung. Das kann sogar den besten Pushern aus dem Backend passieren. Und auch wir wussten bis vor kurzem nicht, dass die „Chamber“ eine App hat. In diesem Sinn war die Panne dann doch schon fast wieder ein genialer PR-Coup. Und das mit den weitaus peinlicheren „Chamber-Leaks“ haben eh schon längst alle wieder vergessen …