Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Exzesse des DP-Staats und die Gutheit der Grünen.

Wussten Sie schon, dass Corinne Cahen eigentlich gar nicht Politikerin ist, sondern ganz tief im Herzen nur „ein Mädchen aus einem Geschäft“? Nein? Dann sei Ihnen die Argumentation der Journal-Leitartiklerin Colette Mart ans Herz gelegt. „Ein Mädchen aus einem Geschäft bleibt in ihrem Herzen immer ein Mädchen aus einem Geschäft“, hieß es diese Woche in der liberalen Hauszeitung. Nichts anderes soll nämlich „die grundsätzliche Erkenntnis im Zusammenhang mit der Angelegenheit um Familienministerin Corinne Cahen“ sein.

Es geht also nicht um einen Interessenkonflikt, sondern lediglich um „ein Mädchen aus einem Geschäft“, das sich unverstanden fühlt. Dass Colette Mart zufällig neben ihrem Job beim „Journal“ auch DP-Mitglied und Schöffin in der Hauptstadt ist, tut übrigens auch überhaupt nichts zur Sache. Dass eine aktive Parteipolitikerin als Journalistin arbeiten und in einem Leitartikel ihre Parteifreundin verteidigen kann, hört sich nur für Outsider des politischen Betriebs im Großherzogtum wie ein schlechter Witz an.

Die Doppelrolle der Politikerin-Journalistin ist freilich auch in keinster Weise Ausdruck eines Interessenkonflikts. Eine Journalistin aus dem Journal bleibt eben in ihrem Herzen immer eine DP-Politikerin. Oder umgekehrt. Zugegeben, wir sind gerade auch etwas verwirrt.

Das hat Cahen nun wirklich nicht verdient

Richtig ist natürlich, dass es nun reicht mit dem bitterbösen Cahen-Bashing. Genug ist genug. Nur weil sich die Ministerin für die Geschäftsleute in der Avenue de la Liberté einsetzte, wo zufällig auch ihr Geschäft ansässig ist, kann man daraus doch keine billige Polemik machen. Es handelt sich eben nur um einen dummen Zufall. Ehrlich. Großes liberales Indianer-Ehrenwort. Alles andere ist durchsichtige Anti-DP-Propaganda, die das „Journal“ bei Bedarf in einem seiner kommenden Leitartikel entlarven wird.

Wenn Sie jetzt denken, dass der real existierende DP-Staat schon ganz schön absurde Züge annehmen kann, dann ist das natürlich auch nur reine Polemik. Wir wollen an dieser Stelle denn auch das tüchtige „Mädchen aus einem Geschäft“ ein für alle Mal in Schutz nehmen. Corinne Cahen hat es nun wirklich nicht nötig, sich von einem kopfüber in blauer Parteifarbe getränkten Leitartikel verteidigen zu lassen. Das kann Premier und Parteifreund Xavier Bettel doch viel besser und wirkungsvoller.

Die Grünen umarmen alle Probleme weg

Die Grünen haben allerdings die Lösung dieses, und überhaupt aller politischen Probleme gefunden. „Kommt a sidd fein mateneen“, heißt das neue Wohlfühlmotto der Partei. Seien Sie ganz lieb zueinander und drücken sie sich alle mal ganz fest, raten Déi Gréng ihren Mitmenschen zum Anlass des „World Kindness Day“ auf Twitter.

Im passenden Video erklärt Neu-Abgeordnete Chantal Gary aber, dass die herzerwärmende Maxime der Grünen nicht nur an diesem Tag, sondern immer gelten müsse. Besonders in der Politik gehe es darum, sich zu respektieren, ja „fair a fein mateneen ze sinn“, auch wenn man nicht die gleichen Ansichten und Interessen vertritt.

Zur Untermauerung der schieren grünen Gutheit nimmt Chantal Gary am Schluss des Videos denn auch ihre Parlamentskollegin Stephanie Empain in den Arm. Nach dem Motto: Nehmt das, CSV, ADR und Co.! Ihr könnt uns nicht auseinander treiben. Wir haben uns einfach lieb.

Genauso lieb etwa wie die Grünen ihren Ex-Weggefährten aus Differdingen dazu drängten, von seinen Ämtern zurückzutreten. Roberto Traversini wurde damals jedenfalls auch sehr fair und fein aus dem Parlament geknuddelt. Was jedoch nur die Insider wissen: Zum Abschied gab es damals noch eine feste, herzliche Umarmung vom liebenswerten Neu-Vize-Premier François Bausch.

Auch bei den aktuellen Diskussionen innerhalb der Koalition zur Verwirklichung des Klimaplans geht es unseren höchst exklusiven Informationen nach ausschließlich „fair a fein“ zu. Keine Konflikte, kein Streit: Frohe Stimmung, gute Laune und ganz viel Umarmen ist in den Sitzungen zwischen DP, LSAP und Déi Gréng angesagt.

Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen

Und während die Grünen sich immer noch in den Armen liegen entdecken andere ganz plötzlich ihren grünen Daumen. Denn die Parteien haben nur noch ein Ziel: Bäume pflanzen, um das Klima zu retten. Erst hat sich im Sommer die CSV unter dem Motto „Kilometer fir de konkrete Klimawandel“ aufs Fahrrad geschwungen und so Spenden gesammelt um Bäume zu pflanzen. Jetzt wollen die Piraten nachziehen. Nein, nicht auf dem Fahrrad. Auch nicht auf dem Boot. Sie wollen das Projekt „Mäin Doheem, eis Beem“ in die Wege leiten.

Dieser ausgeklügelte Reim mag vielleicht an Baumhäuser erinnern, hat damit aber eigentlich nichts zu tun. Geht es nach den Piraten, soll aber jeder Bürger, der ein Haus oder eine Wohnung kauft, vom Staat einen jungen Baum geschenkt bekommen. Und wer zu Hause auf seinem Vier-Quadratmeter-Balkon für Buche, Fichte oder Eiche keinen Platz hat, kann den Baum auch der Gemeinde geben, damit sie einen Wald pflanzen kann.

So geht die Bekämpfung des Klimawandels! Statt die CO2-Emissionen im Straßenverkehr zu senken, sollen jetzt einfach Tausende neue Bäume dem Klimawandel den Garaus machen. Wenn sich doch nur jedes Problem so einfach lösen lassen würde, wie der Klimawandel. Wir empfehlen zur Sicherheit eine Kombination aus Piraten und Grünen: „Fair a fein“ bleiben und einfach mal einen Baum umarmen.