Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Juncker gewohnt arrogant, die richtige „presse amie“ und positive News des Gesundheitsministers.
Juncker is back! Also noch nicht ganz, aber gefühlt. Politik will er nämlich keine mehr in Luxemburg machen, sagte er im Interview mit 100,7 . Oder wie er es ausdrückt: „Wer schon mal Bischof war, geht nicht als Pfarrer zurück.“ Juncker wäre aber nicht Juncker, wenn er das nicht gleich mit einer Drohung verbinden würde: In 15 Jahren – dann wäre er 80 – will er alles Erlebte in seinen Memoiren festhalten. Warum erst so spät? „Dann tut es nicht mehr weh.“ Aber, man weiß ja nie: Vielleicht geht es ja doch schneller mit dem Schreiben (falls jemand ihn so richtig nervt).
Außerdem beschimpfte er gewohnt grantig und lässig Journalisten. Ein Beispiel: Juncker habe immer von einem europäischen Posten geträumt, meinte 100,7-Chefredakteur Jean-Claude Franck. „Das ist Journalisten-Quatsch“, konterte der andere Jean-Claude.
Ach, da fühlt man sich in die Neunziger zurückversetzt. Damals empfing Juncker nach jedem Regierungsrat Journalisten und las ihnen die Leviten, schwärmen die älteren Kollegen noch heute. Wir müssen uns mit dürren Presseschreiben von Bettels Beamten begnügen …
„Presse amie“ like it should be
Da wir gerade in Nostalgie schwelgen: Auch die Tageszeitungen waren diese Woche zurück in den Neunzigern … von wegen postmoderne Beliebigkeit. Der Anlass war der Ausgang der Sozialwahlen. Oder wie „Le Quotidien“ es ausdrückte: „Une victoire moins nette pour l’OGBL“. Angesichts eines Verlustes von drei Sitzen und einem Präsidenten André Roeltgen, der nicht in die Arbeitnehmerkammer gewählt wurde, hätte man von einer klaren Niederlage sprechen können. Aber das mag der Co-Aktionär nicht so.
Das „Tageblatt“ (mit dem gleichen Aktionär) machte die fünf Jahre, die Roeltgen an der Spitze der Gewerkschaft steht, gleich zur „Ära“ und schrieb von „Größe“, dass er die Klatsche der Wähler akzeptiert. Das „Wort“ schlug dagegen in bewährter Manier auf den „Hardliner“ Roeltgen und vergaß nicht zu erwähnen, dass der christlich-soziale LCGB alles richtig gemacht hat.
Warum geht eine solch wohlwollende Berichterstattung nicht bei der CSV, fragt sich Marc Spautz neidisch.
Der Minister für gute News
Auch die LSAP kann noch Politik gestalten, wie vor 25 Jahren (oder tut zumindest so). Etienne Schneider zeigt, wie es im Gesundheitsministerium geht: Er kam, sah – und rettet seitdem den kompletten Sektor. Kein Tag ohne frohe Botschaft des LSAP-Politikers an Patienten und Akteure. Am vergangenen Freitag hieß es, dass junge Allgemeinmediziner während ihrer Facharztausbildung in Zukunft mehr verdienen und am Dienstag ließ er verlauten, dass Frauen Verhütungsmittel wie die Pille länger kostenlos erhalten.
Richtig glänzen konnte er aber am Mittwoch. Während einer guten halben Stunde konnte Schneider bei RTL praktisch ununterbrochen erklären, wie er was machen will, damit am Ende alle zufrieden sein werden. Es war eine Aufzählung der Superlative: Künftig wird es mehr Ein-Bett-Zimmer in Krankenhäusern geben, ohne dass der Patient für eine erste Klasse draufzahlen muss, es sollen mehr Maisons Médicales und Gemeinschaftspraxen kommen, damit die Notaufnahmen entlastet werden und „in sieben Jahren werden wir mit Sicherheit die modernste Krankenhausinfrastruktur in ganz Europa haben“.
Schwierigkeiten innerhalb der Branche? Gibt es nicht. Diskussionen mit der Ärzteschaft AMMD rund um den „Tiers payant“? „Da geht es eigentlich eher um Technicalitites“, so Etienne Schneider. Scheint so, als wolle der Super-Minister jetzt auch im Gesundheitsbereich nach den Sternen greifen.
„Ja, Leckomio“
Im Streit um das Management der Schweinegrippe hat es die Regierung dagegen nicht leicht. Clinch mit der Jägerschaft, Kritik und Druck von allen Seiten … und dann erhitzt auch noch ein Skandalfoto die Gemüter.
Als der Landwirtschaftsminister den Abgeordneten der Agrarkommission am Donnerstag Frage und Antwort stand, gab es dazu ein bisschen Infomaterial. Darin, das berüchtigte Foto. Darauf zu sehen ist ein Wildschwein, dem angesichts eines hohen Zaunes die Augen aus dem Kopf fallen. Unterschrieben mit dem Satz „Ja, Leckomio“. Laut Wörterbuch „ein Ausdruck der Überraschung oder des Erstaunens“ (wörtlich: leck mich).
Ein Schockmoment für die Piraten, die das Foto gleich anprangerten und sowieso erklärte Jagdgegner sind. Dabei sollten sich in dieser Debatte alle mal locker machen. Aber der Schuss ging nach hinten los.
Wéi d‘Verwaltung wierklech zu den Déieren steet, wei se déi gesäit, huet sie gëscht mat engem verstörenden a lächerlechen Bild op enger offizieller Präsentatioun an der Chamber gewissen. Hunn dat och direkt an der Kommissioun kritiseiert. pic.twitter.com/BFUeEfCLzp
— Marc Goergen (@gomarc777) April 5, 2019