Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Unschlagbare Klimapolitik und Abschiede am laufenden Band.
Sie kennen das vielleicht: Das erste Trimester endet und eine „Datz“ folgte auf die andere. Plötzlich ist man Klassenletzter und man weiß nicht wie es ging. Aber wir haben einen Tipp: Es braucht nur den Plan, dass man im nächsten Trimester alles besser macht. Langsam mit einer 40 starten, dann eine 50 und schließlich konstant eine 60 schreiben. Der Plan ist alles, was zählt.
Klingt absurd? Na, na: Das ist die offizielle Klimapolitik Luxemburgs. Wir fahren die schlimmsten CO2-Schleudern, machen drei Mal im Jahr Urlaub in der Karibik und verticken Sprit an halb Westeuropa. Doch jetzt wird alles besser, denn jetzt haben wir einen Plan! Einen Klimaplan!
Und wussten Sie schon, dass die ganze Welt uns wegen unserer Anstrengungen beim Klimaschutz beneidet? Dass die Politik der Regierung so unschlagbar großartig ist, dass es kaum noch besser geht? Nein? Dann lassen sie es sich ein für alle Mal gesagt sein!
Die besten Klimaschützer, die es jemals gab
Etwa von Claude Turmes (Déi Gréng): „Ee vun den ambitionéiersten a bescht duerchduechtste Klimapläng an Europa“, sagte er RTL. Nur seine natürliche Bescheidenheit hat ihn davor bewahrt, den absoluten Superlativ zu benutzten. Es ist natürlich trotzdem der allerbeste Klimaplan. Das deutsche Klimapaket? Ein Konzept für Loser! Macrons Politik? Selbst Schuld, dass die Gelbwesten Paris belagert haben.
Noch nicht überzeugt? Dann lassen Sie sich von von Djuna Bernard (Déi Gréng) überreden: „Wir sind Vorreiter! Die anderen Länder sollten sich eine Scheibe von uns abschneiden“, sagte die beste und jüngste Parteipräsidentin aller Zeiten dem Radio 100,7.
Dass nun auch Dan Kersch (nicht Déi Gréng) sich als Weltmeister der Klimaschützer inszeniert, finden wir dann aber doch etwas übertrieben. Seit er weiß, dass er in wenigen Wochen Vizepremier wird (mit sattem Gehaltsbonus), mag er plötzlich die Grünen. Und es war natürlich nicht Kersch, der im Alleingang den weltbesten Klimaplan während Monaten blockierte.
Kachkéis, Bouneschlupp, Kultur a Banquieren …
Nicht nur die Klimapolitik der Regierung ist absolute Weltklasse. Auch das Budget 2020 ist die pure Vollendung regierungspolitischer Kunst. Warum das so ist, erklärt der Finanzminister himself in einem absoluten Weltklasse-Video. Wobei der von der DP produzierte Clip eigentlich die Grenzen des Weltlichen sprengt. Das ist schon eher Universum-Klasse.
Es beginnt zwar etwas öde, doch wer trotzdem dranbleibt, wird belohnt. Gramegna erhebt sich, schlendert lässig durch die Korridore seines Ministeriums. Dabei philosophiert er über den gratis öffentlichen Transport, diese „fantastische“ Maßnahme, um das Klima zu schonen oder über die Rekordinvestitionen, um (Achtung!) das Land „auf die Zukunft vorzubereiten“.
Nach und nach kommt MC Level Playing Field aber vom Thema ab und lässt sich zum Freestyle verleiten. Was haben Edward Steichen, J.P. Morgan und der Schriftsteller Luigi Pirandello gemeinsam? Warum muss man als „gudde Lëtzebuerger“ sowohl Banker als auch Kultur gerne haben? Die Antworten auf diese und andere existenzielle Fragen, erfahren Sie exklusiv in diesem Video.
In der nächsten Szene steht der Minister urplötzlich „virum Chrëschtbeemchen“ und erläutert sein soziales Gewissen. Dass der Staatshaushalt für alle Menschen da ist und ein riesiges soziales Netz spannt, das ist doch „dat schéinst, wat et vläit um Budget gëtt“. So richtig sozial und spendierfreudig ist man als guter Liberaler aber erst am Jahresende: „E gutt Zeechen fir Chrëschtdag an dat neit Joer.“
Wir haben an diesen bahnbrechenden Weisheiten nichts auszusetzen. Soziale Politik an Weihnachten ist eine dufte Idee. Wir finden aber auch: Nicht das Budget, sondern dieses Video ist „vläit“ das Schönste, das es in Luxemburgs Politik gibt. Wir wünschen uns zu Weihnachten mehr von solchen Videos, liebe DP!
Etiennes ziemlich bester Parteifreund
Nun bald ist es amtlich: Etienne Schneider wird bald nicht mehr der besten Regierung des Universums angehören. Wann genau er sich vom blau-rot-grünen Acker macht, will er aber erst am Montag bekannt geben. Dass das Datum seines Rücktritts Anfang Februar sein soll, dementierte der Bald-Nicht-Mehr-Vizepremier genauso lässig wie, dass er mit seiner Pressekonferenz am Montag auf Druck von Jean Asselborn reagierte.
Der Außenminister hatte seinem Parteifreund nämlich am Donnerstag in einem spontanen RTL-Auftritt dringend geraten, für Klarheit zu sorgen und ein Datum zu nennen. Der 70-jährige Asselborn äußerte gleichzeitig aber Verständnis dafür, dass beim 48-jährigen Schneider „d’Batterien eidel“ sind. Ebenso müsse der amtsmüde Jungspund aufpassen, dass er durch seine Pläne, in die Aufsichtsräte dieser Welt zu gelangen, nicht die sozialistischen Ideale verrät, so ein ungewöhnlich harscher, sich plötzlich für Innenpolitik und seine Partei interessierender Außenminister.
Etienne Schneider konterte am gleichen Abend aber gewohnt trocken, dass er den Rat des „bei weitem ältesten“ Ministers der Regierung natürlich zu schätzen wisse. Er wies jedoch darauf hin, dass die Frage seines Rücktrittsdatums am Donnerstagmittag in einer parteiinternen Sitzung besprochen wurde, an der Asselborn leider nicht teilnahm.
Wir werden diese sozialistische Brüderlichkeit jedenfalls vermissen. Gleichzeitig respektieren wir natürlich Etienne Schneiders Wunsch, die eigenen Batterien wieder aufzuladen. Nicht jeder kann noch im fortgeschrittenen Rentenalter wie ein Duracell-Hase um den Globus jetten und nebenbei den Weltfrieden retten wie unser Außenminister.
„Lex“ verlässt seine vielen Freunde
Dass das mit dem Abschied aus der Politik auch anders geht, zeigt indes Alex Bodry. Ohne mediale Spekulationen, ohne öffentlichen Streit mit Parteifreunden, ja ganz harmonisch vollzog der LSAP-Häuptling vergangene Woche seinen Wechsel aus dem Parlament in den Staatsrat. Anders als Etienne Schneider geht es Bodry offensichtlich auch nicht um das große Geldverdienen, sondern um das große Gesetzeüberprüfen. Das hört sich absolut redlich an, aber irgendwie auch extrem langweilig.

Vor seinem Wechsel verabschiedete sich Bodry dann aber noch von seinen alten Kollegen am Krautmarkt. Dabei wurde offensichtlich, dass der Sozialist von allen Parteien geschätzt wird. Sei es Claude Wiseler, Marc Spautz, Josée Lorsché oder Gast Gibéryen: Alle sagten „dem Lex“ Danke und wünschten ihm alles Gute. Wir finden die überparteiliche Einigkeit etwas verdächtig.
Auch Jean Asselborn wunderte sich bis zum Schluss, wenn auch aus anderen Gründen: Ein Mann, der schon 1982 mit der Politik begann, bereits vor 30 Jahren Minister war – das ist doch noch lange kein Grund, der Jugend Platz zu machen. Also, ein bisschen mehr Durchhaltevermögen bitte, liebe Politiker. Lasst eure weltbeste Regierung doch bitte nicht so einfach im Stich.