Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer freitags blickt die REPORTER-Redaktion auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Subversive Botschaften von First Ladies, Kinder als Spielball der Asylpolitik und verrückte Steuerdeals.

Was will Melania Trump uns sagen? Darüber rätselt die Weltöffentlichkeit seit Donnerstag. Seit die First Lady eine Jacke mit dem Schriftzug „I really don’t care. Do U?“ trug, als sie überraschend ein Lager besuchte, wo Flüchtlingskinder festgehalten werden. Die „New York Times“ ist sich sicher, dass dahinter eine Botschaft steckt, zweifelt aber, ob Melania tatsächlich offen ihren Ehemann kritisiert.

Unsere ganz eigene First Lady tut ihre Meinung viel unmissverständlicher kund. In einem Meinungsbeitrag für das „Luxemburger Wort“ appellierten Großherzogin Maria Teresa und der Generaldirektor des Luxemburger Roten Kreuzes am Freitag für eine Reform der Flüchtlingspolitik. „Tag für Tag ertrinken Menschen im Meer beim Versuch unsere europäischen Küsten zu erreichen. Von Zeit zu Zeit wecken Bilder unser Gewissen auf, aber meist werden diese Menschenleben im Schlaf der Gleichgültigkeit ausgelöscht“, lautet der erste Absatz.

Kinder als Opfer einer repressiven Politik

Es ist eine notwendige Erinnerung, dass Europa seine moralische Überlegenheit in Migrationsfragen längst verloren hat. Ja, Trumps Flüchtlingspolitik ist unmenschlich. Kinder von ihren Eltern zu trennen, nur weil die Familie unerlaubt eine Grenze übertritt, lässt sich nicht rechtfertigen. Und die Öffentlichkeit in den USA ist schockiert – ausnahmsweise über politische Gräben hinweg.

Doch auch in Luxemburg sieht das Gesetz vor, dass Asylsuchende mit ihren Kindern im „Centre de rétention“ eingesperrt werden können – bis zu sieben Tage lang. Und die Großherzogin spart nicht mit indirekter Kritik an der Regierung: Kinder könnten traumatisiert werden, wenn sie an solchen Orten untergebracht werden, heißt es im Beitrag. Außenminister Jean Asselborn (LSAP) verteidigte sich im März mit dem Hinweis, dass die Dauer der Unterbringung von Familien im „Centre de rétention“ auf ein Minimum beschränkt werde, aber unerlässlich sei.

Währenddessen schlittert die öffentliche Debatte in Deutschland in eine flüchtlingsfeindliche Stimmung, die nichts mehr mit der Willkommenskultur von 2015 gemeinsam hat. Die CSU heizt das politische Klima an, um bei der Bayernwahl am 14. Oktober nicht von Rechts überholt zu werden. Ja, das ist auch der Termin der Luxemburger Wahl. Welchen Einfluss wird die zunehmend ressentimentgeladene Politik via deutsches Fernsehen auf den Luxemburger Wahlkampf haben?

Die „Max Force“ und die Brechstangenmethode

„I really don’t care. Do U?“ könnte ein Motto der zunehmend zynischen Asylpolitik auf dem Kontinent sein. Oder für das Luxemburger Schulterzucken gegenüber den üblichen Vorwürfen in der Steuerpolitik. Diese Woche war wieder so eine Woche.

Kennen Sie Max Lienemeyer? Nein? Nun, er ist jener EU-Beamte, der Finanzminister Pierre Gramegna bereits viel Ärger eingehandelt hat. Am Mittwoch warf die EU-Kommission Luxemburg vor, dem französischen Energiekonzern Engie einen Steuervorteil von 120 Millionen Euro gewährt zu haben. Diese Ermittlungen gehen auf das Konto von Lienemeyer, denn er leitet die Abteilung „Steuerplanungspraktiken“ in der Generaldirektion Wettbewerb.

Ob die „Max Force“ – wie die Einheit laut „SZ“ liebevoll genannt wird – dann doch zu sehr „A-Team“ spielte, prüft seit Donnerstag das Gericht der Europäischen Union im Fall Fiat. Es ist das erste Mal, dass ein solcher Fall vor Gericht steht. Es geht um die Frage, ob die EU-Kommission mit der Brechstange vorging, um ihre Steuerpolitik durchzusetzen.

Die Kommission führe sich auf wie eine „supranationale Steuerbehörde“, klagte der Fiat-Anwalt laut „LuxTimes“. „Wir müssen dieses willkürliche Vorgehen stoppen“, sagte der Vertreter Luxemburgs, laut Bloomberg. Die Argumente sowohl Fiats und Luxemburgs als auch jene der Kommission waren bei dieser ersten Anhörung schwach, berichtet das „Lëtzebuerger Land“.

Verzicht auf 400 Millionen Euro

Inzwischen geht es für Luxemburg aber auch um viel Geld: Geht es der Kommission nach, dann soll der Luxemburger Staat insgesamt 400 Millionen Euro an Steuern von Fiat, Amazon und Engie eintreiben. Zum Vergleich: Damit könnte man den rezenten Deal zwischen Staat und CGFP während siebeneinhalb Jahren finanzieren. Doch die Regierung will das Geld nicht. Sie befürchtet, dass andere Konzerne sich aus Luxemburg zurückziehen, falls Luxemburg sich nicht gegen Brüssel wehrt.

Die Kommission nutzte die Staatsbeihilfeverfahren, um die Öffentlichkeit über möglicherweise illegale Steuerpraktiken aufzuklären und so Druck auf Luxemburg, die Niederlande, Belgien und Irland auszuüben. Und offensichtlich ging die Strategie auf: Die EU nahm seitdem mehrere Richtlinien an, die zahlreiche Luxemburger Steuernischen schließen werden. Gerade diese Woche legte die Regierung den Gesetzesentwurf vor, die Anti-Steuervermeidungs-Richtlinie Atad umzusetzen.

Panik um Briefkästen in Steuerparadiesen

Das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit verträgt sich nicht gut mit den Steuerpraktiken von Konzernen und vermögenden Privatpersonen. Das zeigten auch die Folgen der „Panama Papers“, die diese Woche öffentlich wurden. Mit der „woxx“ ist dieses Mal auch zum ersten Mal ein Luxemburger Medium in die Enthüllungen des Journalistenkonsortiums ICIJ eingebunden.

Die Wochenzeitung beschreibt, wie auch Luxemburger Kunden panisch versuchten, sich ihrer Offshorefirmen zu entledigen. Die Mittelsmänner wie etwa die BIL-Filiale Experta versuchten verzweifelt, den Kontakt zur panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) aufrechtzuerhalten. Auch die Verteidigungsstrategie zahlreicher Luxemburger Steuerberater erhält durch das neue Leak ernsthafte Risse. Ihr Argument lautete stets, es gehe ihren Kunden lediglich um Vertraulichkeit und nicht um Steuerhinterziehung.

Doch die Mossfon-Kunden waren so sehr auf Geheimhaltung bedacht, dass die Kanzlei bei über 70 Prozent der Briefkastenfirmen in den Britischen Jungferninseln und in Panama nicht wusste, wer der wahre Eigentümer ist. Damit verstieß Mossfon mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen Anti-Geldwäsche-Regeln. „It’s as crazy as crazy can be“, zitiert das ICIJ einen Experten.