Die Neueröffnung des königlichen Museums für Zentralafrika soll ein Zeichen setzen. Die Glorifizierung von Belgiens Kolonialherrschaft soll ein Ende haben. Doch das neue „AfricaMuseum“ zeigt vor allem eines: Eine breite Debatte zur kolonialen Geschichte steht in Belgien bis heute aus.

„The horror, the horror.“ Es sind die letzten Worte von Joseph Conrads Antihelden Kurtz in der Erzählung „Heart of Darkness“. Diese Worte, zusammen mit den Bildern von Afrikanern, deren Hände von Kolonialherren abgehackt wurden, stehen heute stellvertretend für die Herrschaft von Leopold II. über den Kongo-Freistaat in Zentralafrika. Die Kolonie, die der belgische König von 1884 bis 1908 verwaltete, gilt spätestens seit Conrads Novelle als Herz der Finsternis, in dem selbst die „zivilisierten“ Europäer ihren primitivsten Trieben nachgeben. Die Metapher prägt die demokratische Republik Kongo bis heute. „Kongo“ bleibt ein Synonym für Chaos, Korruption und Gewalt.

Gleichwohl Kurtzs „Horror“ sich auf die belgischen Kolonialherren bezieht, die sich den Anschein gaben die „armen Afrikaner“ zu zivilisieren, während sie das Gebiet plünderten und seine Einwohner ausbeuteten, bleibt diese Konnotation bis heute zurück. Belgien hat lange gebraucht, um seine koloniale Vergangenheit zu thematisieren und tut sich bis heute schwer mit einer Aufarbeitung. Dass das Königreich damals neben dem Kongo zwei weitere Kolonien verwaltete, nämlich Ruanda und Burundi (Ruanda-Urundi), wird dabei oft vergessen.

Obwohl die Geschichte Belgiens so eng mit der seiner ehemaligen Kolonien verflechtet ist, bleiben die Stimmen der afrikanischen Diaspora weitestgehend ungehört.“

Wer durch Brüssel schlendert, sieht lediglich, welch Reichtum das koloniale Unterfangen dem Königreich einbrachte. Die imponierenden Bauten im Belle-Epoque-Stil, der Palais Royal, die breiten Boulevards: Sie alle tragen die Signatur von Leopold II. Zahlreiche Statuen glorifizieren den ehemaligen König, etliche Straßen, Parks und Gebäude tragen seinen Namen. In Flandern werden sie inzwischen durch Plaketten ergänzt, die auch die Schattenseiten von Leopolds Reich thematisieren. In Brüssel sucht man diese vergebens.

Neuer Name, neuer Ansatz?

In Tervuren, eine idyllische Tramfahrt von Brüssel entfernt, steht eine der einprägsamsten Bauten des 19. Jahrhunderts. Es handelt sich um das königliche Museum für Zentralafrika, das Leopold II eigens für die Weltausstellung von 1897 bauen ließ. Das prunkvolle Gebäude erinnert etwas an das Schloss von Versailles. Im angrenzenden Park standen damals ganze Dörfer, in denen die Kolonialisierten wie lebendige Exponate ausgestellt wurden. Die Weltausstellung sollte „Afrika“ nach Belgien bringen und den Besuchern vor Augen führen, wie diese fremden Völker lebten. Das imperialistische Weltbild der ehemaligen Kolonialmacht lebte bis vor fünf Jahren in der Dauerausstellung des Museums weiter – auch wenn lebensechte Figuren die lebendigen Exponate ersetzten.

Nach fünf Jahren Renovationszeit öffnete das umgetaufte „AfricaMuseum“ am 9. Dezember wieder seine Türen. Museumsdirektor Guido Gryseels ließ deswegen eigens die internationale Presse aufmarschieren. Sein Museum sollte nicht mehr als „letztes Kolonialmuseum der Welt“ bezeichnet werden. „Wir haben das Bild der europäischen Überlegenheit zu lange mitgeprägt“, räumt Gryseels ein.