Eigentlich wollte die Piratenpartei die Umweltministerin persönlich für eine Jagd auf Wildschafe verantwortlich machen. Die entsprechende Facebook-Kampagne führte jedoch zu etlichen Hasskommentaren, von denen sich die Piraten erst mit Verspätung distanzieren.
„Dese Weekend ginn d’Moufflen erschoss. A wien ass Schold? D’Agentin Dieschbourg“, heißt es im Vorspann des Videos auf Facebook. Gepostet wurde der Clip mit dem plakativen Namen „RIP Mouffelen“ von der Piratepartei. Darin machen die Piraten Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) für eine Jagd auf Wildschafe verantwortlich, die am vergangenen Wochenende stattgefunden hat.
Bis dato haben sich 238 Likes und 129 Kommentare darunter gesammelt. 80 Mal wurde das Video geteilt. Kommentare wie „Dei greng sin dat allerlescht“ (sic!) gehören noch zu den harmloseren. Sätze wie „As dat alles war dat Bëtschel kann?? dat wiir besser fort wéi déi Déieren“ (sic!) oder offene Anspielungen zum Mord von Regierungspolitikern („Dieschbourg geheiert erschoss“) ließ die Partei tagelang unkommentiert unter dem Video stehen. Unter eine Morddrohung gegen die Ministerin setzte der Account „Piraten Bezierk Süden“ ein Like.
Falschinformation und Halbwahrheiten
Die Drohungen gegen die Ministerin lässt die Piratepartei nicht nur durchgehen, sie basieren auch auf einer Falschinformation, die von der Partei verbreitet wurde. Denn eine Jagd auf Mufflons wurde bisher nicht von der Ministerin organisiert. „Es hat bisher keine staatliche angeordnete Jagd gegeben“, sagt ein Sprecher des Umweltministeriums auf Nachfrage von REPORTER. Die Jagd, die am Wochenende stattgefunden habe, sei privat gewesen.
Eine staatlich angeordnete Jagd sei in Zukunft jedoch wahrscheinlich, so das Umweltministerium laut „RTL“. Über die Hintergründe hatte unter anderem das „Luxemburger Wort“ bereits im Januar berichtet.
Marc Goergen von der Piratenpartei bleibt dennoch bei der Darstellung seiner Partei auf Facebook: „Carole Dieschbourg hat eine administrative Jagd geplant – das geht aus den Antworten auf meine parlamentarische Anfragen hervor“, sagt der Abgeordnete. Diese Jagd sei kurzfristig vom Besitzer des Waldes abgehalten worden, „weil er unseren Informationen nach nicht mit einer administrativen Jagd einverstanden war.“
Ministerin prangert Entgleisungen an
Angesprochen auf die Reaktionen auf die polemische Kampagne seiner Partei, sagt Marc Goergen: „Wir haben zwar damit gerechnet, dass die Leute wütend sind und darüber diskutieren. Aber nicht, dass es solche Ausmaße annehmen würde.“ Deshalb habe man auch auf dem Facebook-Account der Partei noch einmal auf die Einhaltung von Verhaltensregeln aufmerksam gemacht.
Der Hinweis auf die sogenannte „Netiquette“ kam allerdings erst mit drei Tagen Verspätung. Zudem hatte die Piratenpartei auf Facebook per „Sponsored Post“ für die Kampagne gegen Ministerin Dieschbourg geworben, dessen Adressaten über die Abonnenten der Piraten-Seite hinausgehen.
Carole Dieschbourg äußerte sich ebenso per Facebook-Post zu der Kontroverse. In einem Beitrag verwahrte sie sich gegen eine „Debatte, die auf Grundlage von Falschinformationen geführt wird“ und gegen Aufrufe zur Gewalt. Letztere, die zum Großteil die Umweltministerin persönlich betreffen, habe sie an die Behörden weitergeleitet. Es dürfe nicht sein, dass „Parteien solche Aufrufe unterstützen“, so die Ministerin. „Wir brauchen eine gesunde Diskussionskultur, ohne Drohungen und ohne Entgleisungen.“
Déi Gréng fordern Konsequenzen
Auf die Morddrohungen unter dem Facebook-Post der Piraten angesprochen, sagt Marc Goergen: „Meines Wissens wurden alle aggressiven Posts gelöscht. Wenn doch einer durchgegangen sein sollte, können die Leute das natürlich bei uns melden.“ In der Tat wurden viele der besagten Kommentare mittlerweile gelöscht, einige standen jedoch mehrere Tage lang online.
In einer Pressemitteilung distanzieren sich die Piraten am Mittwoch „von Kommentaren unter Facebook-Posts, die zum Hass gegen die Ministerin aufrufen“. Zu einer Entschuldigung seitens der Piratenpartei oder zur Rücknahme der persönlichen Kampagne gegen die Ministerin kam es bisher nicht.
Parteikollegen der Umweltministerin fordern dagegen Konsequenzen. Die Abgeordnete und Parteivorsitzende der Grünen, Djuna Bernard, schrieb auf Twitter Richtung Piratenpartei und ausdrücklich dem Abgeordneten der Süd-Piraten Marc Goergen: „Mit so einer Partei will ich nichts zu tun haben.“ Sie fordere „Konsequenzen“ und „dass jemand die Verantwortung dafür übernimmt“.